Krefeld Neue Geschichten ums Baguette

Krefeld · Madame Coquette und Monsieur Galant kommen neu heraus: Pierre Sommet legt die deutsch-französische Sprach- und Kulturgeschichte als erweiterten Band auf - mit viel Wissenswertem rund um Baguette, l'Amour und Ersatzkaffee. Ein Lesebuch, das Frankreich-Sehnsucht weckt.

 Das Buch erscheint mit Illustrationen von Cornelius Rinne.

Das Buch erscheint mit Illustrationen von Cornelius Rinne.

Foto: Scan

Victor Hugo ist Mitte 30, berühmt, reich und in seiner Ehe unglücklich. Madame hat ihn nach fünf Schwangerschaften aus dem ehelichen Schlafzimmer verbannt. Als Hugo im Theater die Schauspielerin Juliette Drouet sieht, trifft ihn der Blitz. "Coup de foudre" nennt der Franzose den Einschlag der Liebe auf den ersten Blick. Es ist der Beginn einer "amour fou", einer maßlosen Liebe, deren Intensität alle Normen sprengt. 20.000 Liebesbriefe soll "Juju" an ihren "Toto" geschrieben haben, er hat sich mit ungezählten Versen bedankt - und für manche Liaison mit anderen Damen entschuldigt. Denn der große Dichter und Streiter für die Demokratie war kein Kostverächter. "Chaud lapin" nennen die Franzosen ihn. Zugegeben, "heißes Kaninchen" klingt freundlicher als "geiler Bock", das deutsche Synonym. "Andere Länder, andere Tiere, gleiche Triebe", sagt Pierre Sommet, der mit der berühmten französischen Liebesgeschichte einen Streifzug durch eine Nation und ihre Sprache startet.

"Wie das Croissant nach Paris kam und die Bulette nach Berlin" ist der dritte Band des in Frankreich geborenen Krefelders. Mit "Madame Baguette und Monsieur Filou" (2010) und "Madame Coquette und Monsieur Galant" (2014) hat der langjährige Dozent an der Volkshochschule ein weiteres deutsch-französisches Wortgeschichtenbuch vorgelegt, das er als erweiterte und aktualisierte Gesamtausgabe versteht. In amüsanten Anekdoten, wissenswerten Ausführungen und mit viel Augenzwinkern öffnet Sommet nicht nur den französischen Kulturkreis. Es lässt sich in Rückschlüssen auch vieles über das Verhältnis von Deutschland und Frankreich erfahren, das sprachlich und historisch viele Wurzeln hat.

 Pierre Sommet hat als charmanter deutsch-französischer Kulturbotschafter Madame Coquette und Monsieur Galant erfunden. Sie haben viele Fans in Krefeld.

Pierre Sommet hat als charmanter deutsch-französischer Kulturbotschafter Madame Coquette und Monsieur Galant erfunden. Sie haben viele Fans in Krefeld.

Foto: Lammertz Thomas

Sommet schlägt den Bogen von Napoleon zu Fußballstar Zidane, zeigt auf, dass Camembert nicht nur ein Weichkäse ist, der 1791 von einer Bäuerin namens Marie Fontaine Harel erfunden wurde, und ein Baguette 250 Gramm wiegt. Er feiert die französische Lebensart (unter anderem in einem Kapitel zum Bistro) und belegt, dass der Ersatzkaffee Muckefuck seinen Namen von der trüben Brühe - rheinisch: "Mocke" - hat, auch wenn ihm persönlich die französische Wurzel "mocca faux" (falscher Mokka) lieber gewesen wäre. Immerhin stützen sich die Franzosen bei ihrer Übersetzung von Muckefuck auf die Deutschen: "un ersatz de café".

In leichtem Ton führt Sommet auf 368 Seiten durch die großen Epochen, Moden und Orte, würdigt politische Ereignisse und Persönlichkeiten ebenso wie Gepflogenheiten in Pariser Salons und geizt nicht mit Lektüretipps für die, die mehr zu einem Thema wissen wollen. Das Buch ist Landeskunde und unterhaltsame Lektüre - vor, im und nach dem Urlaub. Oder auch antsatt.

(RP)
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