Staatsschutz ermittelt wegen Hakenkreuzen Nazi-Schmierereien in Krefeld schmerzen die Jüdische Gemeinde

Krefeld · Erst Haus Schönhausen, jetzt die Kaiserstraße. Nazi-Schmierereien in Krefeld häufen sich. Die Jüdische Gemeinde wünscht sich mehr Sensibilität gegenüber solchen Taten.

 Michael Gilad, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Krefeld.

Michael Gilad, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Krefeld.

Foto: Königs, Bastian (bkö)

Innerhalb von einer Woche sind in Krefeld drei rechtsradikale Umtriebe aktenkundig geworden: Am vergangenen Wochenende hat die NPD selbsternannte „Patrouillen“ durch Krefeld geschickt; in zwei Fällen gab es Schmierereien mit Nazi-Parolen und -Symbolen, zuletzt gestern. Ob es Zusammenhänge zwischen den Ereignissen gibt, ist unklar. Die Polizei nimmt die Schmierereien nicht auf die leichte Schulter. „Das ist kein Kavaliersdelikt“, sagte eine Sprecherin am Freitag. Der Staatsschutz sei eingeschaltet.

Die Polizei ist auf Zeugenaussagen angewiesen und appelliert, sie sofort zu informieren, wenn jemand Schmierer beobachtet.

Der erste Fall von Schmiererei ereignete sich an historisch bedeutsamer Stelle: Die Gedenktafel von Haus Schönhausen, die zusammen mit Stolpersteinen an die ehemaligen jüdischen Besitzer des Hauses erinnert, wurden mit Nazi-Symbolen beschmiert, und zwar zwischen Sonntag und Montag. Von 1919 bis 1936 lebte die jüdische Familie Gompertz in dem Haus. Nach dem Novemberpogrom von 1938 flohen die drei Kinder nach Australien und Shanghai. Die Eltern Max und llse blieben und wurden 1942 im Vernichtungslager Treblinka ermordet.

Der Unternehmer Gerald Wagener, der für einige Zeit Besitzer des Hauses war, es saniert und dort die Sportlotterie untergebracht hat, hat eine Belohnung in Höhe von 1000  Euro für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, ausgelobt. Er zeigte sich empört über die „Idioten“, die so etwas machen. Im Zuge der Sanierung des Hauses hatte Wagener Kontakt zu einem Nachfahren der Familie. Er hat  zu Ehren dieser Familie einen Saal im Haus „Ilse und Max Gompertz Saal“ benannt und vier Stolpersteine gestiftet, die vor dem Haus verlegt wurden.

Den zweiten Fall von Schmierereien meldete die Polizei gestern. Unbekannte haben an der Kaiserstraße Hakenkreuze und rechtsradikale Schriftzüge an eine Baustellenbake und einen Zigarettenautomat geschmiert. Eine Zeugin hatte die Schmierereien entdeckt. Sie müssen zwischen Dienstag, 14. August, und Donnerstag, 16. August, angebracht worden sein. Wie die Polizei erläuterte, kann man noch nicht von einer Häufung sprechen; auch lassen sich keine Zusammenhänge mit der NPD-Aktion vom vergangenen Wochenende belegen. Die letzte Welle an Schmierereien ereignete sich in Krefeld zwischen Mitte Februar und Mitte März, als im Bereich Deutscher Ring, Ross-, Tannen- und Corneliusstraße sowie Alter Deutscher Ringe rund 40 Schmierereien gezählt wurden. Bei Ermittlungen ist die Polizei auf Zeugen angewiesen; oft erfolge die Meldung solcher Taten nicht zeitnah genug für Ermittlungserfolge.

Michael Gilad, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Krefeld, wünscht sich mehr Sensibilität bei solchen Taten. „Es gibt Gleichgültigkeit gegenüber diesem Phänomen“, sagte er, „das stimmt mich traurig.“ Er hat auch den Eindruck, dass es oft lange dauert, bis Hauseigentümer Schmierereien beseitigen. Er selbst habe über einen längeren Zeitraum SS-Symbole an einem Haus in der Stadt gesehen und sich über das Desinteresse daran gewundert. Ihn schmerzt diese Nachlässigkeit, auch deshalb, weil sie die Täter ermutigt: „Diese Leute trauen sich mehr und mehr“, sagt er. Die Polizei sucht Zeugen unter Tel. 02151 6340 oder per E-Mail an hinweise.krefeld@polizei.nrw.de.

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