Krefeld Naturschützer fordern Stopp für den Neubau Europas größter Mühle

Naturschützer legen eine elfseitige Mängelliste vor und fordern die Stadt Krefeld auf, den Bau von Europas größter Mühle im Hafen nicht zu gestatten. Der Antrag weise viele Lücken auf.

 Am Castellweg im Rheinhafen soll Europas größte Mühle entstehen. Das Unternehmen Goodmills siedelt von Köln nach Krefeld um.

Am Castellweg im Rheinhafen soll Europas größte Mühle entstehen. Das Unternehmen Goodmills siedelt von Köln nach Krefeld um.

Foto: Gabarinza

Die Liste der Mängel im Genehmigungsantrag für den Bau von Europas größter Mühle im Rheinhafen ist nach Auffassung von Naturschützern lang. Auf elf Seiten listet das Landesbüro der Naturschutzverbände Nordrhein-Westfalen im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Punkt für Punkt Versäumnisse und Schwachstellen auf. Darüber hinaus positionieren sich die Umwelt- und Naturschützer im wirtschaftspolitischen Kontext. Das Fazit der Ausführungen ist durchschlagend: Die Stadt soll die Genehmigung für den Bau und den Betrieb am Castellweg in Gellep-Stratum verweigern.

Die Aurora-Mühle will von Köln nach Krefeld ziehen und dort ihren Betrieb in einer hochmodernen Anlage fortsetzen. Laut BUND plant die Kampffmeyer Mühlen GmbH an 312 Arbeitstagen im Jahr 361.920 Tonnen zu produzieren. Rund ein Viertel davon sind Futtermittel. Roggen und Weizen müsse von weit her mit den entsprechenden Belastungen der Umwelt transportiert werden. Eine ausreichende Infrastruktur (Autohof) für die Warte- und Ruhezeiten der Lkw-Fahrer sei im gesamten Hafengebiet nicht vorhanden.

Mit dem Bau der Großmühle gerieten kleinere Mühlen in den Häfen Duisburg und Neuss unter Druck. So seien in der Zeit von 2013 bis 2017 bundesweit 41 Mühlen bei gleichzeitiger Erhöhung der Gesamtkapazität geschlossen worden. Das führe ähnlich wie in der Milchwirtschaft zu einer Monopolisierung und der damit verbundenen zunehmenden Abhängigkeit der Landwirte von den „Niedrigpreise diktierenden“ Großunternehmen.

Die Stadt Krefeld und ihre Menschen hätten von der Ansiedlung der Aurora-Mühle nichts. Der hohe Grad der Automatisation führe dazu, dass nur wenige Arbeitsplätze zum Betrieb nötig seine. Statt wie in Köln rund 50 plane der Betreiber in Krefeld mit 38 Kräften. Die sollen offenbar durch die Belegschaft aus der Domstadt besetzt werden. „Ein Neugewinn an Arbeitsplätzen für Krefeld ist nicht ersichtlich“, bilanziert Regine Becker vom Landesbüro in gemeinsamer Trägerschaft des BUND, des Naturschutzbundes (Nabu) und der Landesgemeinschaft Natur- und Umwelt (LNU).

Sie richtet sich in der Stellungnahme unter anderem gegen den Flächenverbrauch, der „erhebliche Gefahren für die Wassergewinnung und die Nahrungsmittelerzeugung“ erzeuge. Damit verbunden sei ein hohes Verkehrsaufkommen, Lärm und Luftverschmutzung. Die dem Antrag zugrunde liegenden Untersuchungen seien vollkommen unzureichend. Das treffe nicht nur auf die verkehrliche Standortuntersuchung zu, die im Jahr 2030 von einem Lkw-Aufkommen von 225 Lastwagen pro Tag in jede Richtung ausgehe.

Städtische Planungen - Stichwort Kreisverkehr Floßstraße - hinkten hinterher, die Datenlage sei defizitär, weil sie aus einer Zeit herrühre, als mehrere Neuansiedlungen im Hafen noch nicht erfolgt waren. Es fehlten in der Gesamtbetrachtung die Fahrten der Mitarbeiter im Hafen in Mittagspausen und für Besorgungen sowie die Blockaden, die für die Kraftfahrzeuge durch Haltezeiten wegen langer Güterzüge der Hafenbahn entstehen. Für eine ehrliche Prognose müsse zunächst eine kontinuierliche Verkehrszählung über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten erfolgen.

Ähnlich lückenhaft ist nach Auffassung der Naturschützer die Betrachtung der Lärmemissionen, die nach Erfahrungen in Köln bei mindestens 100 Dezibel liege. In den Berechnungen seien zum Beispiel eine Dampferzeuger- und eine Pelletieranlage nicht eingeflossen. Wesentlicher sind fehlende Analysen zum Infraschall, die unter anderem durch Erschütterungen und Vibrationen entstehen und zu gesundheitlichen Problemen der Menschen in der benachbarten Wohngegend führen können.

Gleichsam dick mit Rotstift kritisieren die Naturschützer die fehlenden Einlassungen der Antragsteller zum Gefährdungspotenzial der Großmühle. Regine Becker weist auf den so genannten Störbetrieb Compo hin, der nur 100 bis 200 Meter entfernt eine Salpetersäureanlage und ein Tanklager betreibe. Eine Staubexplosion in der Mühle könnte dramatische Folgen haben.

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