Kölner Tanz-Ensemble in Krefeld Move in Town - Mira 9 tanzt im Café Ludwig

Krefeld · Unter der künstlerischen Leitung von Julia Riera zeigen vier Tänzer Zustände, in welchen sie über ihre eigenen Grenzen gehen. Schauplatz ist in diesem Jahr der Mies van der Rohe Business Park.

  Ein Spiel aus Neugier, Kontaktaufnahme, Nähe und Distanz, spielt Julia Riera gemeinsam mit ihren Tänzern spannend und temporeich durch.

 Ein Spiel aus Neugier, Kontaktaufnahme, Nähe und Distanz, spielt Julia Riera gemeinsam mit ihren Tänzern spannend und temporeich durch.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Wo verlaufen die Linien zwischen Nähe und Distanz? Und wie bewegen wir uns innerhalb dieses Netzwerkes aus Berührungen, Abgrenzungen und Beziehungen? Diesen Fragen ging die Kölner Choreographin Julia Riera mit ihren Tänzern in ihrem neunten Stück „MIRA 9 - was uns trennt und bindet“ auf die Spur.

Tag ein Tag aus spannen wir die Fäden unseres sozialen Netzwerkes neu, bewegen uns zwischen Wohnung, Arbeit, Spielplatz oder Langlaufstrecke, senden und empfangen, teilen, liken, kommentieren und bleiben verbunden mit den Menschen, die uns wichtig sind. Wie wichtig die Teilhabe am sozialen Leben tatsächlich ist, haben die vergangenen Monate der Krise gezeigt. Und vor diesem Hintergrund muss das aktuelle Stück von Julia Riera Choreographin und künstlerische Leiterin der Compagnie MIRA betrachtet werden, Schauplatz von Move in Town ist in diesem Jahr der Mies van der Rohe Business Park, genauer gesagt das Café Ludwig. Kurz bevor das Licht im Café Ludwig ausgeht, betritt Mijin Kim den Saal. Der Blick der jungen Tänzerin ist zum Publikum gerichtet, sie schaut in Gesichter, die sie nur zu einem Drittel erkennen kann, denn das gesamte Publikum trägt an diesem Abend einen Mundnasenschutz. Dann wird der Blick der Zuschauer durch die riesige Fensterfront ins Freie gelenkt: Bäume und Tänzer Mark Christoph Klee sind in grünes Licht getaucht. Während Klee sich in raumgreifenden Bewegungen den Fenstern nähert, geht Kim auf das Publikum zu – immer den Abstand von vier Meter wahrend. Von außen kommen weitere Tänzer langsam nach innen – besonders eindrucksvoll schlängelt sich Tänzerin Geraldine Rosteius durch ein halb geöffnetes Fenster, wackelig und leise ist ihr Stand, fast roboterhaft ihre Bewegungen. Erst im gemeinsamen Tanz mit Kirill Berezovski werden ihre Schritte größer, ihr Fundament stabiler, bis sie sich ganz von ihrem gegenüber löst.

Dieses Spiel aus Neugier, Kontaktaufnahme, Nähe und Distanz, spielt Julia Riera gemeinsam mit ihren Tänzern höchst spannend und temporeich durch. Auf fließende und gleitende Abläufe, folgen lineare und schnelle Schritte, wiederkehrendes Element bilden die Arme: schnell strecken die Tänzer ihre Arme zu den Seiten aus, so als wollten sie dem anderen dadurch noch ein Stückchen näher sein oder als würden sie die einzelnen Fäden ihres Beziehungsnetzes weiter spinnen. Die eigens für das Stück kreierte Musik von Philip Mancarella drückt dieses sensible Zusammenspiel aus Nähe und Distanz in vielschichtigen Klangbildern aus, darunter finden sich elektronische Beats ebenso, wie harmonischere Klavierpassagen – und ganz leise mischt sich der Jingle eines Telekommunikationsriesen darunter.

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