Analyse Mit Stil - Auftakt des OB-Wahlkampfs

Krefeld · Es war ein bemerkenswerter Auftakt des Oberbürgermeisterwahlkampfs: Die drei Kandidaten von CDU, SPD und Grünen begegneten sich respektvoll. Das war zwar für die politische Kultur in dieser Stadt ein echter Gewinn - aber bringt es Krefeld weiter?

 Nette Idee: Jürgen Herzog, Chef der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Bürgervereine verteilte vor den Redebeiträgen der drei Kandidaten Frank Meyer (l.), Thorsten Hansen (Mitte) und Peter Vermeulen (r.) Zettel mit Nummern von eins bis drei, nachdem er die verschlossenen Zettel zuvor vermischt hatte. So wurde so die Redereihenfolge festgelegt. Als erster sprach Thorsten Hansen, als letzter Peter Vermeulen.

Nette Idee: Jürgen Herzog, Chef der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Bürgervereine verteilte vor den Redebeiträgen der drei Kandidaten Frank Meyer (l.), Thorsten Hansen (Mitte) und Peter Vermeulen (r.) Zettel mit Nummern von eins bis drei, nachdem er die verschlossenen Zettel zuvor vermischt hatte. So wurde so die Redereihenfolge festgelegt. Als erster sprach Thorsten Hansen, als letzter Peter Vermeulen.

Foto: Thomas Lammertz

Bis das erste Wahlplakat eines Oberbürgermeisterkandidaten in Krefeld hängt, werden noch Monate vergehen - erst im September 2015 wird gewählt. Die Arbeitsgemeinschaft Krefelder Bürgervereine (AKB) hatte den frühen Termin für ihre Diskussionsrunde am Freitagabend ausgesucht, um zweierlei zu erreichen: Erstens sollten die Kandidaten von ihren Krefelder Bürgern hören, was sie bewegt.

Und zweitens wollte AKB-Chef Jürgen Herzog den Bürgern auch einen ersten Eindruck von den Kandidaten verschaffen. Das ist gelungen. Es präsentierten sich drei Männer, die jeder für sich ernstgenommen werden müssen, die sich auf Augenhöhe begegneten, sich respektvoll das Wort überließen. Drei Nobelmänner also, aber auch drei Kandidaten, die möglichst wenig Politik machen wollten. Zu sehr waren sie darauf bedacht, in kein Fettnäpfchen zu treten. Für manchen Wähler wird die Entscheidung nicht leichter geworden sein.

Per Los wurde die Reihenfolge der Redner festgelegt. Grünen-Kandidat Thorsten Hansen durfte beginnen - eine günstige Ausgangslage, die er durchaus für sich nutzte. Er warb im bürgerlichen Lager um Stimmen: "Sie werden sich fragen: ,Kann der Hansen das?' Ja, er kann!" Der gelernte Betriebswirt, in einem internationalen IT-Unternehmen tätig, betonte weniger sein grünes Profil, als vielmehr seine Nähe zur Wirtschaft: "Ich will oberster Wirtschaftsförderer sein." Hansen war es auch, der die konkreteste Aussage des Abends formulierte: Die Arbeitslosigkeit in Krefeld, derzeit bei 11,5 Prozent stagnierend, werde er um drei Prozentpunkte reduzieren wollen. Er überzeugte tatsächlich mit einer souveränen Präsentation, in die er auch seine persönliche Beziehung zu Krefeld einflocht.

Dass Hansen letztlich nicht groß hat punkten können, er im Rennen um den OB-Posten nicht die Hauptrolle spielen wird, liegt an seinen Gegenkandidaten - SPD und CDU haben beide keine Rumpelmänner ins Rennen geschickt, keine Hardliner, sondern solche, die in ihren Argumenten stets den Mainstream im Auge haben. SPD-Kandidat Frank Meyer zeigte sich als zweiter Redner gut strukturiert, klar in seinen Positionen. Er erreichte seine Anhänger, öfter gab es Applaus.

Hängen bleibt besonders eine gute Formulierung: "Ich will nicht erster Bürger der Stadt sein, sondern erster Stellvertreter der Bürger." Auffällig viel Applaus erhielt er für den Satz, dass in Krefeld nun eine "Renaissance der Stadtteile" beginnen müsse, nachdem lange in der City investiert wurde. Die SPD scheint hier einen Nerv getroffen zu haben. Naturgemäß wenig konkret wurde Frank Meyer aber, was inhaltliche Positionierungen angeht. Die Botschaft an die Wähler: Meyer will ein "Stadtvater" sein.

Den schwierigen Part des dritten Redners übernahm Peter Vermeulen (CDU). Sichtbar war er bemüht, sich als ein Kandidat zu präsentieren, der Sorgen und Nöte der Bürger ernst nimmt. So verzichtete Vermeulen fast gänzlich auf eine kurze Präsentation seiner Person (eine vertane Chance), sondern berichtete sogleich von einem Elfrather Bürger, der Angst habe, dass der Bus bald nicht mehr in die City fährt. In der Folge referierte er, welche Entwicklungen die City durchmacht, wo er Potenziale sieht. Das war für manchen Besucher etwas langatmig, saßen doch fast ausschließlich solche Gäste im Publikum, die Krefelds Entwicklung als Politiker, Verwaltungsleute oder Bürgervereinsmitglieder seit Jahren mitgestalten. Aufhorchen ließ Vermeulen, als er Erhöhungen von Grund- und Gewerbesteuer in Gänze ablehnte - sie würden dem Standort Krefeld schaden, argumentierte er. Zuletzt hatte er gegenüber unserer Zeitung betont, dass er die CDU bei den Haushaltsberatungen inhaltlich begleitet habe. Wird die CDU auf dieses Wort hören? Einmal gab es gar Buh-Rufe im Publikum. Vermeulen sagte, dass die gesunkene Zahl der Einbrüche daran liegen könne, dass durch Landespolitik weniger Polizisten auf der Straße sein könnten, die solche Fälle notieren und bearbeiten können.

Der Eindruck, der von diesem Abend blieb: Vermeulen traute sich noch nicht, die ihm von der CDU im Wahlkampf zugedachte Rolle als erfahrener Verwaltungsmann, als Gegenstück zu Oberbürgermeister Kathstede, einzunehmen. Vermeulens Stärke ist das persönliche Gespräch, die große Bühne ist es noch nicht. Der CDU-Mann brachte seine PS an diesem Abend noch nicht auf die Straße. Aber es sind ja noch einige Runden zu fahren.

(RP)
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