Analyse Meyer ist „der Möglichmacher“ – eine Exegese

Krefeld · KR wie Krefeld Ein Stück fürs politische Lehrbuch: SPD-Oberbürgermeister Frank Meyer hat seine Wahlkampagne eröffnet. In einem Video kündigt er eine Serie von Dialogveranstaltungen an; zugleich versucht er, Tonalität, zentrale Begriffe und Maßstäbe vorzugeben.

 Mit diesem Video präsentiert sich Frank Meyer als „Möglichmacher“; er wirbt nicht dem SPD-Logo, sondern mit seinem Dialog-Symbol, das ein M in der Mitte zeigt und zwei stilisierte Sprechblasen. Er will der erste Kommunikator sein, wenn es um Krefeld geht.  Das Video findet sich bei Facebook unter  #meyermoeglichmacher

Mit diesem Video präsentiert sich Frank Meyer als „Möglichmacher“; er wirbt nicht dem SPD-Logo, sondern mit seinem Dialog-Symbol, das ein M in der Mitte zeigt und zwei stilisierte Sprechblasen. Er will der erste Kommunikator sein, wenn es um Krefeld geht. Das Video findet sich bei Facebook unter #meyermoeglichmacher

Foto: Meyer

Es ist ein Stück wie aus dem Lehrbuch für angewandte Rhetorik: Frank Meyer hat den Wahlkampf eröffnet und sich selbst die Überschrift „Möglichmacher“ gegeben. Zum Auftakt hat er ein Video veröffentlicht, in dem er die Tonalität seines Wahlkampfs anstimmt, zentrale Kernbegriffe streut, dazu für die kommenden Monate Dialogveranstaltungen ankündigt und seine Zuhörer am Ende mit einem umfassenden „Ich zähl‘ auf euch“ umarmt. Auf dem zwei Minuten, 36 Sekunden langen Weg dorthin hat er über Wörtchen wie „wir“, „Weg“ und „Zukunft“ vieles vereinnahmt, manches von sich weggeschoben und Maßstäbe installiert, die vom Fluss der Dinge („möglich machen“) mehr erzählen als vom Sein im Hier und Jetzt. Was wird, wird schön; was nicht so schön ist, ist auf dem Weg zum Besseren. Das ist auch ein rhetorischer Weg zur Selbst-Immunisierung gegen Kritik am Bestehenden.

Am Anfang des Videos steht die Nominierung Meyers durch die SPD zum Oberbürgermeisterkandidaten. Meyer referiert das knapp, vermerkt, dass er hochmotiviert, sei und begründet das mit Erfolgen seiner ersten Amtszeit. Damit leitet er über von seinen politischen Ambitionen zu Krefeld. Kernsätze:

„Ich glaube, dass wir in den vergangenen Jahren richtig gute Arbeit in Krefeld geleistet haben.“ Aus „ich“ wird „wir“, ein rhetorisch wichtiges Signalwort.

„Wir haben viel Geld in die Schulen und die Kitas investiert; wir haben den Haushalt in Ordnung gebracht.“ Wer ist Wir? Für die genannten Punkte mindestens die Haushaltskoalition aus SPD, CDU und Grünen (anfangs jedenfalls). Das familiäre Wir verschleiert unauffällig die Rolle der Anderen im Rat, vor allem der CDU, sowie all die namenlosen Politiker in Bund und Land, die Krefeld über diverse Programme all die Investitionen ermöglicht haben. Was sich verfestigen soll, ist das Wir-Gefühl im Dreischritt Meyer – wir – Krefeld.

„Wir haben die Verwaltung reformiert“: Reformiert wurde die Struktur des Ausländeramtes, einige Geschäftsbereiche wurden neu zugeschnitten, der Kommunalbetrieb wurde gegründet. Das ist durchaus nicht wenig. Der Reformbegriff bleibt bewusst vage, wohl auch deshalb, weil sich der Kommunalbetrieb noch finden muss und es durchaus Kritik am Verwaltungshandeln gibt.

„Wir haben auch schon viel Geld in die Straßen investiert, auch wenn man es nicht nicht überall sieht.“ Meyers Achillesferse. Hier setzen Facebook-Beschimpfungen über Schlaglochpisten ein. Daher die zurückgenommene Erfolgsbilanz. Dieses „man sieht es nicht überall“ verschleiert zudem, dass es an manchen Stellen schlicht nichts zu sehen gibt, weil dort nichts passiert ist. Ein echt rheinisch gehaltenes Eingeständnis von Mängeln.

„Wir haben an vielen Stellen für mehr und besseres menschliches Miteinander gesorgt, egal ob zu Kultur und Religion, im Umgang untereinander und auch im Umgang hier im Rathaus mit der Politik“: Meyers Mantra: das Miteinander. Nachprüfbar ist das nicht; ob Krefeld vor Meyer eine menschliche Wüste war, darf bezweifelt werden, und die bessere Zusammenarbeit zwischen Rat und Verwaltung ist weniger auf Meyers Charme denn auf Fakten zurückzuführen. Die SPD braucht die CDU für Beschlüsse, mit denen ja auch Meyer gut aussieht, und plötzlich gibt es keinen Dauerbeschuss des Oberbürgermeisters mehr, mit dem Gregor Kathstede über Jahre konfrontiert war.

„Man kann schon sagen, dass Krefeld auf einem besseren Weg ist“: Meyers zweites Mantra: Krefeld als Prozess: Der Maßstab ist nicht das Sein, sondern das Werden.

„Ich hab richtig Lust auf diese Gespräche“: Gespräche über Krefelds Zukunft nämlich. Dialog nicht als Ringen, sondern als Kommunikation mit Kuschelfaktor. Meyer kündigt jetzt seine Dialogreihe an und schaltet zum allumfassenden Du über – der emotionale Höhepunkt:

„Also lasst uns drüber diskutieren, wie wir Krefeld weiterentwickeln und was unsere gemeinsame Zukunft in der Stadt sein könnte, und wenn wir das zusammen tun, ist mir vor dieser Zukunft auch nicht bange. Ich freu’ mich darauf, also zähl ich auf euch.“ Mehr Miteinander geht nicht. Das Projekt Wiederwahl ist zum Projekt Zukunft von Krefeld geworden. Mit Meyer, versteht sich.

Abgesehen von den Witzbolden von der „Partei“, die nur ernst werden, wenn sie andere beschimpfen, hat noch keine Partei in Krefeld ihren Oberbürgermeister-Kandidaten vorgestellt, auch nicht die Gruppierung „Comeback Crefeld“. Meyer ist bislang im Vorteil: Er hat den Amtsbonus, und er gibt die Intonation vor: Wir – Zukunft – Prozess - Krefeld. Die Herausforderung für die Mitbewerber wird es sein, Schwächen im Ist-Zustand Krefelds gegen Meyers Wohlfühldialogprozess „Krefeld im Werden“ in Stellung zu bringen. Das Rennen ist eröffnet.

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