Kunst in Krefeld Beethoven – ein Ballett in Gemälden

Krefeld · Die Künstlerin Mauga Houba-Hausherr hat das Ballett „Beethoven!“ besucht – mit dem Skizzenblock: Bilder eines Theaterabends.

Fotos: Beethoven-Ballett in Gemälden
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Beethoven-Ballett in Gemälden

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Foto: Matthias Stutte

Am Anfang steht immer die Neunte: Wenn Mauga Houba-Hausherr ins Atelier geht, dreht sie Beethovens berühmte Sinfonie auf. Laut. Unbedingt laut. Mit der „Ode an die Freude“ kommt die Kraft für die Farbe. Seit anderthalb Jahren beschäftigt die Krefelderin sich intensiv mit dem Musiker. Ein Beethoven steht immer auf der Staffelei oder zum Trocknen daneben. Die Künstlerin hat im vergangenen Jahr am großen Auftakt zum Jubiläum teilgenommen. Die Bonner Initiative „Beethoven bei uns“ hat bei 825 Veranstaltungen mit Künstlern in ganz Deutschland den Teppich ausgerollt zum 250.Geburtstag des Komponisten, der in diesem Jahr allerorten gefeiert wird. Die Malerin hat in Düsseldorf ausgestellt, hat Künstler und Musiker in ihr Krefelder Atelier eingeladen und Beethoven gefeiert. 2020 hat für sie mit dem Neujahrskonzert der Niederrheinischen Sinfoniker und Beethovens Sinfonie Nr. 9 begonnen, und sie hat die Premiere des Ballettabends „Beethoven!“ von Robert North im Theater besucht – natürlich mit Skizzenblock.

Im Atelier am Grönkesdyk  sind aus den flotten Strichen, die im dunklen Zuschauerraum auf Papier geflogen sind, Zeichnungen entstanden, Aquarelle – Bilder, in denen die Atmosphäre eines betörend schönen Theatererlebnisses mit der eigenen künstlerischen Deutung zum Ausdruck kommt.

Musikalisch, nein, das sei sie nicht, sagt Mauga Houba-Hausherr. Mit fünf hat die gebürtige Polin in Kattowitz Klavierunterricht gehabt. Und sich  standhaft verweigert. „Üben mochte ich nicht: ständiges Wiederholen. Da wollte ich nicht mehr hin.“ Noten allerdings faszinieren sie: „Die haben etwas Malerisches.“ Und Beethoven hat etwas Magisches. Intensiv hat sie recherchiert, sich in Biografien vertieft, Bildnisse studiert, um sein Gesicht zu ergründen, und dazu seine Musik gehört. „Der Mensch ist für mich spannend. Wenn ich versuche sein Abbild zu malen, dann muss ich mit ihm kommunizieren und seinen Charakter erforschen.“

Bei historischen Personen stellen Überlieferungen, vorgegebene Deutungen und Vorstellungen der eigenen Wahrnehmung Fallen. Die Künstlerin erinnert sich an die Szene, in der Beethoven, der im Ballett von Tänzer (Alessandro Borghesani), Musiker (André Parfenov) und Schauspieler (Michael Grosse) dargestellt wird, einsam auf der Treppe thront, das Kinn in die Hand gestützt: „Großartig: Das Genie ist oben, aber allein. Und ich habe gedacht: Ja, diese Haltung ist typisch.“ Dann hat sie das Internet durchforstet, wo dieses Denkmal steht. Sie wurde für Beethoven nicht fündig. Es gibt Abraham Lincoln in ähnlicher Pose.

Die weiße Leinwand stellte die Künstlerin vor die Frage: „Wie stellt man Musik dar? Reichen zwei Noten? Wie erreiche ich, dass derjenige, der auf das Bild schaut, Musik zu hören glaubt?“ Sie fand die Lösung im Gegensatz von Statik und Bewegung. Mal ist Beethoven in erstarrter Pose Dirigent eines Orchesters, in dem Linien und Farben flirren und Bewegung assoziieren, mal ist der Kopf mit grimmigem Blick ein in sich geschlossenes Universum, umgeben von Musikern und (Farb-)Tönen, die sich drumherum tummeln. Noten hat sie nur als „Hauch eines Hauches“ hinzugefügt. Es ist eine Interpretation der Taubheit des Komponisten und des Genies, dessen Kopf all das entspringt, was draußen zu Klang wird, zu opulenter Fülle, die jeden einnimmt. „Ich habe mich gefragt, warum er vor allem heute, nach 250 Jahren, immer mit diesen herabhängenden Mundwinkeln dargestellt wird, so verbissen. Aber das zeigt die Haltung des Rebellen: Ich bin  wie ich bin. Ich bin einzig. Das ist seine Persönlichkeit. Er ist bereit Stärke zu zeigen, auch oder gerade wenn er ausgegrenzt wird.“ Der Mann, der im wörtlichen Sinne die Welt nicht verstand und von der Welt mit seiner Querdenker-Haltung nicht verstanden wurde: In Bildern und Ballett ist er zu finden.

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