Krefeld Markt-Klassiker vor Alter Kirche und Burg Linn

Krefeld · Der Besondere und der Linner Weihnachtsmarkt lockten auch im 27. und 30. Jahr ihres Bestehens tausende Besucher an.Von seinem Standort im Eingangsbereich der Alten Kirche aus blickte Graf Herrmann von Neuenar-Moers ernst über das bunte Treiben zwischen den 70 Ständen gemeinnütziger Institutionen auf dem Besonderen Weihnachtsmarkt.

Impressionen vom Weihnachtsmarkt an der Linner Burg
9 Bilder

Impressionen vom Weihnachtsmarkt an der Linner Burg

9 Bilder

Der Humanist und frühere Herr über Krefeld und Cracau hätte angesichts des guten Besuchs des stimmungsvollen alternativen Weihnachtsmarktes etwas erfreute dreinblicken können, der sich auf dem Platz an der Alten Kirche bis zur Rückseite des Schwanenmarktes nun zum 27. Mal ausgebreitet hatte.

Seit zehn Jahren ist die Sparda-Bank als Sponsor des Bühnenprogramms dabei und prämiert die drei interessantesten Stände mit je 500 Euro. Bankchefin Andrea Hambloch hatte lange nach einer Nikolausmütze als adventliches Mindestaccessoire gesucht. Als ihr eine Kollegin endlich etwas Passendes heraufreichte, war es zu spät: Zusammen mit Bürgermeister Frank Meyer hatte sie bereits die Gewinner ausgezeichnet. Den ersten Preis erhielt die "Psychosoziale Hilfe Krefeld", die an ihrem Stand Dekoprodukte aus Ton und Holz, Kinderspielzeug und Schmuck feilbot. Dieser Verein hilft bei seelischen Krisen und unterstützt Menschen mit psychischen Behinderungen bei der Bewältigung des Alltags.

Der zweite Preisträger war der Verein "Anstoss". Er wird von einem Team aus professionellen Gartenbautechnikern, Sozialarbeitern und Ehrenamtlern geführt, dem die Landwirtschaftskammer Rheinland mittlerweile die Ausbildungserlaubnis verliehen hat. Der als Beschäftigungsinitiative gegründete Meisterbetrieb führt schwer vermittelbare Jugendliche an den Arbeitsmarkt heran. Vorstandsmitglied Maria Pehe gibt den früheren Förderschülern Unterstützung bei der Bewältigung der Berufsschule. Daneben gibt es noch eine Fahrradwerkstatt, die es ihren Kunden ermöglicht, eine Reparatur am Fahrrad selbst durchzuführen.

An "young caritas Krefeld" wurde der dritte Preis vergeben. "Wir wurden für eine coole Idee ausgezeichnet", erklärte Projektleiterin Patricia Jurado selbstbewusst. Ein Hersteller von Wachstuchen hatte seine Reste kostenlos an den Nähtreff der Caritasjugend gegeben. Aus altem Jeansstoff und den Wachstuchresten entstehen in den Näh-Workshops flotte Taschen und Beutel, die dann für soziale Zwecke verkauft werden.

Rolf Frangen vom Jugendradio der Kulturfabrik war froh, seine Dauerconference unterbrechen zu können. Gerade war der Applaus für die Darbietung eines Sprach- und Gehörgeschädigtenchors der Ulrich-Lange-Stiftung verklungen. Später würde noch der 45-köpfige Gospelchor "Living Voices" die Bühne erklimmen. Frangen: "Mit diesem Markt nähern wir uns der Weihnachtsbotschaft ein gutes Stück an. Aber die Inklusion geht noch einen schwierigen Weg durch die Gesellschaft."

Am selben Tag, an dem der Besondere Weihnachtsmarkt wieder tausende Besucher anlockte, feierte der Linner Weihnachtsmarkt sein 30-jähriges Bestehen. Als die Dämmerung anbrach und die Linner Burg in einem rötlichen Licht erstrahlte, drohte der Markt ein Opfer seiner seines guten Rufes zu werden: Der Strom der Besucher wollte nicht mehr abreißen. Die 80 Stände auf dem Andreasmarkt, in der Vorburg und auf der Albert-Steeger-Straße zeigten eine attraktive Vielfalt handwerklicher Artikel. Der veranstaltende Linner Schützenverein hatte darauf geachtet, dass Linner Vereine und Schützengruppen dem Markt in der heimeligen Atmosphäre des mittelalterlichen Burgstädtchens mit ihren Ständen und Holzbuden für genügend Lokalkolorit sorgten. So verkaufte der Altenclub "Em Cavenn" selbsterstellte Kochbücher über die Linner Küche. "Wir haben alle Gerichte selbst ausprobiert. Am Ende hatten wir nur drei Kilo zugenommnen", scherzten die beiden Damen hinter der Verkaufstheke über die Ängste vor Omas kalorienreiche Kost hinweg.

Bei Anbruch der Dunkelheit war die Schmiede der Oppumer Familie Glaser am Ausgang der Vorburg dicht umlagert. Fasziniert beobachteten die Kinder das Einhämmern auf das glühende Schmiedeeisen.

Gelassen zog Nikolaus Georg Schicks durch das Gedränge, begleitet von drei Enkelinnen als dunkel gewandete Knechte: Nina trug einen Korb mit Äpfeln und Mandarinen, die der Nikolaus nur für ein gekonnt vorgetragenes Gedicht oder Lied an Kinder verteilte: "Wie der Opa das macht, finde ich gut." Wer beim Aufsagen steckenblieb, dem verordnete der Nikolaus eine Runde zum erneuten Üben über den Rundweg der Vorburg.

Immer dabei sind die Oppumer Musikfreunde der Familie Bauer mit ihren stimmungsvoll geblasenen Weihnachtsliedern. Das Gegenteil verkörperten die sieben Musiker von "Ex Gear Gedaon". Die Band um Trompeter Henk Huys aus Krefelds Partnerstadt Venlo ist aus Linn nicht mehr wegzudenken. "De Linner zijn zo gezellig als wij (Die Linner sind genauso gesellig wie wir.)", meinte Huys.

Wie immer hatte der Zonta-Club seine Stände in der Museumsscheune aufgebaut. Mittelpunkt war diesmal ein geräumiger Piaggio-Ape, der eine fahrbare Espresso-Station birgt. Es fehlte wohl der Schuss Brandy, denn gegen die Glühweinstände draußen hatte es der kleine Schwarze drinnen schwer.

Auch in diesem Jahr bewies der Linner Weihnachtsmarkt mit seiner Familienfreundlichkeit und dem Zurückdrängen des immer häufiger kritisierten Übermaßes an Imbissständen, dass er seinen Ruf als attraktiver Weihnachtsmarkt zu Recht hat.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort