Krefeld Malerei mit seidenen Fäden

Krefeld · Im Textilmuseum zeigt Brunhild Mauss ge-stickte Bilder. Ihre Blumenlandschaften und wiesen wirken wie gemalte Bilder.

 Brunhild Mauss mit ihren Preziosen. So klein sind die feinfädigen Wiesen und Blumenlandschaften.

Brunhild Mauss mit ihren Preziosen. So klein sind die feinfädigen Wiesen und Blumenlandschaften.

Foto: a.m.

Wenn Brunhild Mauss ein Kunstwerk beginnt, greift sie nicht zu Pinsel und Farbe, sondern zu Nadel und Faden. Ihre Kunst ist die Stickerei. Zurzeit sind die impressionistischen Werke der in Tönisvorst lebenden Künstlerin im Textilmuseum in Linn zu sehen. In der Ausstellung "Stick-Bilder" stellt sie neben vier weiteren Künstlerinnen 24 ihrer Bilder aus. Wer ohne weiteres Wissen an den Bildern in Postkartenformat vorbeiläuft, würde denken, sie seien gemalt. So präzise, so realitätsgetreu.

Mauss' Bilder heben sich von den anderen der Ausstellung ab. Die Werke der (jüngeren) Kolleginnen zeigen moderne Motive, die teils viel Raum für Interpretationen lassen. Bei Mauss hingegen gibt es nichts zu interpretieren: Die Bilder zeigen, was sie mit eigenen Augen in der Natur gesehen hat. Das sind überwiegend Blumenwiesen - mal aus der Ferne, mal von Nahem, ganz im Detail. "Manchmal falle ich fast vom Fahrrad, weil ich ein Motiv entdecke, das ich unbedingt fotografieren muss", erzählt Mauss. Die Fotos sind die Vorlagen ihrer Stickarbeiten. Sie stickt mit einfädigem Stick-twist, denn anders wäre ihr die Detailgenauigkeit nicht möglich.

Jeden Abend widmet sich die gebürtige Berlinerin und gelernte Dolmetscherin ihrer Leidenschaft. Ihr Atelier ist das heimische Wohnzimmer. Auf einem Teewagen befindet sich ihre Lupenlampe. Die benutzt sie, um sich bei der kleinteiligen Arbeit nicht die Augen zu verderben. Sehr beschaulich klingt es, wenn sie erzählt, wie sie ihrem Mann beim allabendlichen Fernsehprogramm Gesellschaft leistet und sich dabei ihrer Kunst widmet. Auf diese Weise erschafft sie im Jahr etwa zwei Bilder. Pro Bild braucht sie 80 bis 120 Stunden. Fast 100 Bilder hat sie seit ihren Anfängen 1987 bereits gestickt. Manche Bilder verschenkt sie an Freunde oder verkauft sie. Ein paar wenige zieren ihr Zuhause und einige sind - wie derzeit in Linn - in Ausstellungen zu sehen.

 Sieht aus wie gemalt: Die blühende Wiese hat Brunhild Mauss mit feinem Sticktwist auf das Leinen gebracht. 80 bis 120 Stunden arbeitet sie an so einem Kunstwerk.

Sieht aus wie gemalt: Die blühende Wiese hat Brunhild Mauss mit feinem Sticktwist auf das Leinen gebracht. 80 bis 120 Stunden arbeitet sie an so einem Kunstwerk.

Foto: TL

Ihre ersten Bilder hat Brunhild Mauss auf Rückenteilen der alten Hemden ihres Mannes gestickt. Inspiriert wurde sie durch Weihnachtskarten der "action medeor" mit gestickten Bildern der Künstlerin Helga Lorenzen. "Das kann ich auch", dachte sie sich und begann auf eigene Faust, "aus dem Bauch heraus" mit dem Sticken. Heute sind ihre eigenen Motive auf Karten des Hilfswerkes zu sehen.

Die Frage, ob sie ein Lieblingsbild habe, verneint Mauss. Sie widme jedem ihrer Bilder so viel Zeit, dass sie mit jedem gleich verwoben sei. "Wir sind sehr stolz darauf, die Bilder von Frau Mauss hier zeigen zu dürfen", sagt Annette Schieck, Leiterin des Textilmuseums. "Wir haben die Werke extra ohne Glas gerahmt, damit die Besucher einen besseren Eindruck von der besonderen Struktur der Bilder bekommen."

Die Ausstellung widmet sich ausschließlich Bildern mit Stickereien. Die weiteren Künstlerinnen (Katharina Wilke, Victoria Martini, Monika Thile und Gisoo Kim) nutzen ganz unterschiedliche Methoden, mit dem Garn umzugehen und bestechen teilweise insbesondere durch die verwendeten Untergründe wie Organza, Textildrucke oder Papier. So modern ihre Motive auch neben den impressionistischen Botanikmotiven wirken: Mauss hat durchaus fortschrittliche Ideen für ihre Werke. Ihr nächstes Ziel: Sie möchte ausprobieren, mit einem Spinnfaden zu sticken. Dem naturalistischen Gedanken ihrer Kunst bliebe sie damit auf alle Fälle treu.

(RP)
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