Krefeld Magischer Abend über die Liebe

Krefeld · Die Schauspielerin Leslie Malton und ihr Ehemann Felix von Manteuffel rührten das Publikum mit Paar-Geschichten von Moravia.

 Leslie Malton im Jüdischen Zentrum: Sie traf den richtigen Ton, um die latente Doppelbödigkeit der Moravia-Texte auszuloten.

Leslie Malton im Jüdischen Zentrum: Sie traf den richtigen Ton, um die latente Doppelbödigkeit der Moravia-Texte auszuloten.

Foto: Thomas Lammertz

Die Erzählungen des italienischen Schriftstellers Alberto Moravia schaffen es in kürzester Zeit, vivid vor Augen stehende Seelenlandschaften zu skizzieren, die derart lebendig durch die so plastisch gezeichneten Figuren hindurchscheinen, dass man sich unversehens selbst in der Geschichte wähnt. Dieser immer wieder auch unterhaltsam durch einen Hauch surrealer Skurrilität, zugleich aber auch durch melancholisch getünchte Nachdenklichkeit gewürzte Sog, gewinnt noch mehr, wenn die Geschichten durch Meister ihres Faches vorgetragen werden - wie das Schauspielerehepaar Leslie Malton und Felix von Manteuffel.

Die in Deutschland lebende US-amerikanische Schauspielerin ist einem breiteren Publikum durch zahlreiche Fernsehfilme und Serien wohl bekannt - darunter "Der große Bellheim". Doch war sie auch Mitglied des Wiener Burgtheaters. Ihr Mann - baltischer Herkunft - ist gleichfalls mehrfach im Fernsehen in Erscheinung getreten und als Theaterschauspieler am Schauspiel Frankfurt engagiert. In der Reihe "Habima" im jüdischen Gemeindezentrum widmeten sich nun beide in einer zauberhaften Lesung den explizit um Liebe und Beziehungen, um Frauen und ihre Männer kreisenden Erzählungen des 1990 verstorbenen Autors Moravia.

Malton und von Manteuffel lasen abwechselnd einen bunten Strauß an Geschichten aus dem Erzählband "Ach, die Frauen - Die schönsten Erzählungen. Ausgewählt von Klaus Wagenbach". Zwischendurch, falls es die Geschichte anbot, schlüpften sie auch in verteilte Rollen und werteten das Erzählte halbszenisch auf. Mühelos, mit großer schauspielerischer Kraft trafen sie die jeweils angebrachte Tonlage, die oft latente Doppelbödigkeit. Wobei die mitreißend kraftvolle Sprache Moravias auch ganz ohne Szene seine Magie entfalten kann.

Die Geschichten schildern so manche Verwirrung, so manches Missverständnis, Liebe, die nicht erwidert, gewonnen oder auch verloren wird; Männer, die sich nach Frauen sehnen, erkennen, was sie verloren haben; Frauen, die unglücklich sind, weil sie nicht wahrgenommen werden; Paare, die so unterschiedlich sind, dass sie sich zerreiben und vieles mehr. Da ist auch immer wieder italienisches Flair unter dessen Deckmantel sich so manches tragisch-komische Schicksal seinen Weg in die Geschichten bahnt.

Und Alberto Moravia ist immer auch tiefgründig philosophisch, dabei auf besondere Art trotzdem leichtfüßig, selbst bei der erdrückendsten Szenerie. Wirklich lustig ist das nicht, möchte man auch gerne lachen, um schnell zu merken, dass einem das Lachen dann doch im Halse steckenbleibt. Die Pointen der Geschichten lassen den Zuhörer nicht selten staunend sitzen und noch lange nachfühlen, nachdenken, die Gedanken schweifen. Nicht zuletzt auch durch das perfekt abgestimmte Timing der beiden Rezitatoren. Ein rundum gelungener Abend.

Am Ende nutzten viele Zuschauer die Gelegenheit, Leslie Maltons Buch "Brief an meine Schwester", über das Rett-Syndrom, an dem ihre Schwester leidet, zu erwerben. Diese Einnahmen sind zugunsten der Forschung über diese noch wenig bekannte Erkrankung.

(RP)
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