Krefeld Macke - der Tragische

Krefeld · Sein Leben bietet Stoff für eine Tragödie: Helmuth Macke. Sein Werk wurde im Krieg fast völlig zerstört. Heute vor 80 Jahren starb der Krefelder Expressionist. Er ertrank beim Bootsausflug im Bodensee.

 Helmuth Macke in einem Selbstbildnis von 1911 (Ausschnitt). Das Gemälde gehört zur Sammlung der Krefelder Kunstmuseen.

Helmuth Macke in einem Selbstbildnis von 1911 (Ausschnitt). Das Gemälde gehört zur Sammlung der Krefelder Kunstmuseen.

Foto: Stadt Krefeld

Wer Macke sagt und Expressionismus meint, der redet fast selbstverständlich von August Macke. Nicht nur der berühmte Vetter warf einen langen Schatten, aus dem der Krefelder Künstler Helmuth Macke niemals heraustrat. Zeit seines Lebens nicht - und nach seinem Tod geriet er in der breiten Öffentlichkeit fast gänzlich in Vergessenheit, obwohl er mit seinen Bildern einen großen Beitrag zum deutschen Expressionismus leistete. Helmuth Macke, der 1891 in Krefeld geboren wurde, war neben Heinrich Campendonk und Heinrich Nauen der jüngste Maler der Krefelder Expressionisten. Doch sein Leben und sein Tod bieten Stoff für Tragödien. Als er heute vor 80 Jahren im Bodensee ertrank, war ein Großteil seines künstlerischen Werks bereits verloren, von den Nationalsozialisten konfisziert oder bei dem großen Bombenangriff auf Krefeld 1943 verbrannt. Mehr als 60 Ölbilder und 200 Aquarelle sind in jener Nacht vermutlich zerstört worden.

Es war der 8. September 1936. Der damals 45-jährige Helmuth Macke unternahm mit einem Bekannten einen Bootsausflug auf dem Bodensee. Ein Sturm überraschte sie - das Boot kenterte. Es ist überliefert, dass ein erstes Schiff an den im Wasser treibenden Männern vorbei gefahren ist, weil man ihre Hilferufe nicht bemerkt hatte. Als schließlich ein zweites Boot kam, war es für Macke zu spät, er war völlig entkräftet und ertrank.

Anlässlich seines 80. Todestags werfen nun fünf Ausstellungshäuser in Deutschland unter dem Titel "Helmuth Macke im Dialog mit seinen expressionistischen Künstlerfreunden" einen neuen Blick auf sein Schaffen: Die erste Ausstellung wird am 17. September in der Städtischen Wessenberg-Galerie Konstanz eröffnet. Weitere Stationen sind unter anderem das Kunstmuseum Ahlen und das August-Macke-Haus in Bonn. Die Kunstmuseen Krefeld unterstützen diese Ausstellungstournee mit rund 80 Leihgaben, vor allem aus dem reichen Bestand an Zeichnungen und Aquarellen Helmuth Mackes, den die Kunstmuseen Ende der 1950er-Jahre aus dem Nachlass des Künstlers erwerben konnten, teilt die Stadt mit. Alle Blätter seien neu aufgelegt und passepartouriert sowie einige Gemälde restauriert worden.

Die Kunstmuseen haben den "unbekannteren" Macke geschätzt und erworben. Als die Nazis die Sammlung des KWM auf sogenannte "entartete Kunst" durchsuchten, beschlagnahmten sie 98 Werke, darunter einige von Macke.

Helmuth Macke kam am 29. Juni 1891 in Krefeld zur Welt. Die Familie wohnte in verschiedenen Häusern an der Luisenstraße, ab 1911 im Haus Nummer 86. Macke besuchte das Realgymnasium (heute Gymnasium am Moltkeplatz), das er jedoch 1906 ohne Abschluss verließ, um an die Kunstgewerbeschule zu wechseln. Sein Lehrer war Jan Thorn Prikker. Hier lernte Macke Heinrich Campendonk kennen, der in derselben Klasse war. Seine ersten Bilder malte Macke in einem Haus in Hinterorbroich, das die Krefelder "Der Düwel" nannten. Dort traf er Heinrich Nauen, der zu seinem wichtigen Freund wurde. Campendonk, Thorn Prikker und auch Vetter August Macke waren häufig zu Gast im "Düwel". Hier entstanden Kontakte zu den Künstlergruppen "Blauer Reiter" in München und "Brücke" in Berlin.

Macke siedelte um nach Bayern und traf Franz Marc, dem er eng verbunden blieb. Auch eine Künstlerfreundschaft mit Erich Heckel in Berlin war wichtig für Macke - wenngleich er künstlerisch immer auch eigene Wege suchte.

Erster tiefer Einschnitt in seinem Leben war der Erste Weltkrieg. Als Kriegsmaler kam der Krefelder nach Verdun und Mazedonien. Der Tod seines Freundes Franz Marc und seines Cousins August Macke warf den jungen Krefelder aus der Bahn. Gebrochen und schwer Malaria-krank kehrte er nach Krefeld zurück - nun ein Einzelgänger, dessen Bilder düster und bedrohlich wurden. 1929 erhielt er den Rom-Preis der Villa Massimo und traf Karl Schmidt-Rottluff, Georg Schrimpf und Heinrich Ehmsen. Nach einem Schweiz-Aufenthalt kehrte er 1931 nochmals nach Krefeld zurück und wohnte zeitweise im Haus von Heinrich Campendonk. Doch die Ruhelosigkeit wurde er nicht los. 1933 ließ er sich am Bodensee nieder. Er lebte in der Alten Mühle in Hemmenhofen bis zu jenem Schicksalstag vor 80 Jahren.

(RP)
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