Krefeld historisch Fotoreise entlang des Limes

Krefeld · Krefeld erwartet in zwei Jahren den Eintrag in die Liste des Unesco-Welterbes mit dem Niederrheinischen Limes. Zur passenden Zeit hat der Krefelder Fotograf und Becher-Schüler Volker Döhne einen Limes-Bildband veröffentlicht.

 Haus Meer in meerbusch: Hier marschierten vor 2000 Jahre die Römer, wenn sie von Gelduba in die Hauptstadt des Römischen Reiches Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln) unterwegs waren.

Haus Meer in meerbusch: Hier marschierten vor 2000 Jahre die Römer, wenn sie von Gelduba in die Hauptstadt des Römischen Reiches Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln) unterwegs waren.

Foto: Volker Döhne

2019, 2020, 2021 – Weltkulturerbe. Ende des kommenden Jahres wird die internationale Kommission darüber entscheiden, ob Krefeld mit seinem Limes zum Unesco-Weltkulturerbe gehören wird. Der Grenzwall, den die Römer im ersten Jahrhundert nach Christus zum Schutz gegen feindliche Germanen errichtet haben, ist mit seiner Gesamtlänge von 550 Kilometern das längste Bodendenkmal der Welt nach der Chinesischen Mauer. Einige Teile gehören bereits zum Welterbe. Der niedergermanische Abschnitt, der vom rheinland-pfälzischen Vinxtbach bis an die niederländische Nordseeküste, Katwijk an Zee, verläuft, führt durch Krefeld: Das römische Kastell Gelduba ist wegen seiner guten Erhaltung und Erforschung Kernstück der Strecke, die auf der Unesco-Bewerberliste steht.

Es ist ein ausgesprochen günstiger Zeitpunkt, den historischen Weg dokumentarisch und künstlerisch aufzuzeigen. Volker Döhne hat einen in mehrerer Hinsicht historischen Beitrag dazu geliefert mit seinem Fotoband „Limes“. 385 Kilometer lang ist der Niederrheinische Limes, 140 Kilometer davon hat Döhne mit der Kamera erkundet: von Bonn bis Xanten. 1993 und 1994 hat der Krefelder sich immer sonntags in der Frühe aufgemacht, um den Spuren der Antike zu folgen. Mehr als 600 Schwarz-Weiß-Fotografien hat er analog gemacht.

Wie scharf sein Blick ist, wie streng seine auf Sachlichkeit konzentrierte Ästhetik, das wissen Fotografie-Interessierte nicht erst, seit Döhne die derzeit laufenden Restaurierungsarbeiten der Häuser Esters und Lange dokumentiert und auf Plakatwänden präsentiert hat. Die Krefelder Kunstmuseen, zu deren Team Döhne bis Ende des vergangenen Jahres gehört hat (unter anderem als Gestalter der Plakate und Kataloge), zeigen zurzeit im Kaiser-Wilhelm-Museum eine Retrospektive seiner Fotoarbeiten. Döhne ist Vertreter der Düsseldorfer Foto-Schule und gehörte zur ersten Klasse von Bernd und Hilla Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie – gemeinsam mit Andreas Gursky, Candida Höfer, Thomas Ruff und Thomas Struth. Seine Schwarz-Weiß-Fotografien haben eine eigene Ästhetik. Und sie spüren der antiken Welt nach in einer Neuzeit, die heute bereits 25 Jahre zurück liegt.

Döhnes Limes-Tour beginnt am Bronzekopf von Konrad Adenauer vor dem Bundeskanzleramt der damals Noch-Hauptstadt Bonn und führt nach Xanten. Rund 400 für das Buch ausgewählte Fotografien dokumentieren Städte, Industrieanlagen und das Land in der damaligen Zeit.

Vieles hat sich in einem Vierteljahrhundert verändert, manch freies Gelände ist inzwischen bebaut und zur Wohnsiedlung geworden. Doch der Grund und Boden, auf dem heute Häuser stehen, Autos und Lastwagen fahren, ist immer noch der, auf dem vor fast 2000 Jahren die Römer entlangzogen.

Nach der verlorenen Varusschlacht (9 n. Chr.) haben die Römer die Außengrenze ihres Reiches am Rhein gesichert. Diesseits des Flusses haben sie ihre Städte und Kastelle am Niedergermanischen Limes errichtet und ausgebaut, jenseits siedelten die von den Römern als „Germanen“ benannten Stämme. Damals entstanden auch die ersten Fernstraßen, die bis zu 25 Meter breit waren mit Gräben und mit Wegen für Fußgänger. Es war eines der frühestens Grenzsysteme der Römer, und das am längsten erhaltene, das bis 450 n. Christus belegt ist. Die mit Steinen befestigte Trassen wurden im Mittelalter als Hauptverkehrswege genutzt. Heute entspricht die Bundesstraße 9 in größeren Abschnitten dem Verlauf der damaligen Römerstraße, in anderen Bereichen nur noch ein Feldweg.

Den Grenzverlauf zu rekonstruieren, war für die Wissenschaftler keine einfache Aufgabe. Denn das Rheinbett hat seine Lage über die Jahrtausende mehrfach verändert. Große Gebiete, vor allem im Großraum Bonn, sind überbaut worden. Gerade deshalb ist Krefeld mit dem reichlich belegbaren Gelduba, dem Militärlager, ein Herzstück des Limes.

Auch hier hat Döhne Station gemacht. Er zeigt auf seinen Fotos vor allem noch Brach- und landwirtschaftliche Fläche mit angrenzender Industrie und den Resten des Dorfes Gellep. Das Krefelder Kastell bestand vom ersten bis fünften Jahrhundert nach Christus fast ununterbrochen an derselben Stelle.

Die Aufnahmen aus den 90er Jahren wirken zeitlos. Wie bei seinen anderen Serien ist die Abwesenheit von Menschen Programm. Auf den wenigen Aufnahmen, auf denen sie abgelichtet sind, sind sie nur Beiwerk. Nur die Autos lassen auf eine konkret fassbare Zeit schließen. Raffiniert ist die Gestaltung des Bildbandes. Während auf den rechten Seiten ein Großformat der historisch relevanten Strecke ist, zeigt die linke Seite kleinere Fotografien wie Details, die das Auge unterwegs erblickt.

Der Bildband „Limes – Grenzgänge eines Fotografen von Bonn bis Xanten“ (192 Seiten) ist im Kölner Greven Verlag erschienen. Er beinhaltet auch Textbeiträge von Steffen Siegel und Marcus Trier. 28 Euro. ISBN 978-3-7743-0699-8.

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