Krefeld "Lebensluft": Neues Konzept in Beatmungstherapie

Krefeld · Mehr Lebensqualität für Langzeitbeatmungspatienten: Helios und AOK eröffnen das Modellprojekt "Lebensluft".

 Stellten den neuen Trakt gestern vor (v.l.): Hans -Werner Stratmann, Alexander Holubars, Matthias Mohrmann und Dr. Manuel Streuter.

Stellten den neuen Trakt gestern vor (v.l.): Hans -Werner Stratmann, Alexander Holubars, Matthias Mohrmann und Dr. Manuel Streuter.

Foto: samla

Steigende Lebenserwartung und bessere Intensivmedizin führen in Deutschland dazu, dass immer mehr Patienten langzeitbeatmet werden. Um auf diesen Trend vorbereitet zu sein, eröffnen das Helios Klinikum und die AOK nun das bundesweit einzigartige Modellprojekt "Lebensluft".

"Das Alter und die körperliche Verfassung sind nicht ausschlaggebend dafür, wann ein Mensch langzeitbeatmet werden muss", erklärt Dr. Manuel Streuter, Chefarzt im Lungenzentrum des Helios-Klinikums. Ursachen können das Alter, ein langer Aufenthalt in der Intensivstation oder die Volkskrankheit des chronischen Raucherhustens sein. Erhalten Patienten über einen gewissen Zeitraum künstliche Beatmung, gewöhnt sich der Körper an die vereinfachte Luftzufuhr. Die Muskeln werden schwächer, das Lungenvolumen verringert sich und die Atemkraft nimmt ab.

Die Behandlung, die folgt, ist umfangreich. Zunächst geht es in eine sogenannte Weaning-Unit (Entwöhnungseinheiten). In diesen spezialisierten Einrichtungen wird der Körper auf das eigenständige Atmen vorbereitet. Meist kümmert sich dabei ein Team aus Fachärzten, Ergo-, Physio- sowie Beatmungstherapeuten um die Kranken. Die vollständige Entwöhnung funktioniert allerdings nur in etwa 50 Prozent der Fälle. Ist der stationäre Aufenthalt vorbei, sieht die herkömmliche Weiterbehandlung vor, dass die Patienten in Beatmungswohngemeinschaften und Pflegeeinrichtungen unterkommen. "Hier leistet die Pflege hervorragende Arbeit, doch die Weiterführung der Entwöhnung durch spezialisierte Beatmungstherapeuten kann hier nicht mit gleicher Intensität erfolgen", so Streuter. Das will das Krefelder Projekt ändern.

Insgesamt gibt es in Deutschland rund 15.000 bis 20.000 Patienten, die in 40 bis 50 Entwöhnungsstationen und im mobilen Dienst behandelt werden. In Krefeld sind es in diesem Jahr 120 Personen, die die Hilfe einer Entwöhnungseinheit benötigten. Etwa 40 von ihnen sind Langzeitbeatmungspatienten. Das Projekt "Lebensluft" setzt als Versorgungsbrücke zwischen dem stationären und dem ambulanten Dienst an. In dieser Übergangszeit von maximal sechs Monaten soll es den Patienten gelingen, sich von den Beatmungsgeräten lösen zu können. In dem modernisierten Trakt der alten Frauenklinik setzt "Lebensluft" auf professionelle medizinische Ausstattung, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch ein interdisziplinäres Pflegeteam sowie das gewisse Hotel-Feeling mit Internet und Kochmöglichkeiten.

Von den zehn Zimmern auf dem Flur sind bereits drei belegt. Streuter ist sich sicher, dass rund ein Drittel der Patienten, die im Rahmen dieses Modellprojekts betreut werden, die Chance auf ein Leben ohne künstliche Beatmung hat.

Hans-Werner Stratmann, AOK-Regionaldirektor im Rhein-Kreis Neuss/Krefeld, erklärt das Ziel des Projekts: "Schön wäre es, wenn wir von Krefeld aus nach ganz Deutschland wirken, dass die Einrichtung als neues Angebot etabliert werden kann und die Lebensqualität der Patienten verbessert."

(RP)
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