Ausstellung bei Kunst und Krefeld Hiltrud Lewes Kunst – Wie ein Hauch

Krefeld · Die Krefelder Künstlerin spürt dem kurzen wahren Moment nach, der Zwischenwelt zwischen den Dingen. Der Verein Kunst und Krefeld zeigt ihre „Werkschau #“. Es ist eine Expeditionsreise in Lewes Welt.

 Die Alte Post ist ein idealer Raum für die Großformate, aber auch die helle, lichte Kunst von Hiltrud Lewe. Am Sonntag wird die Werkschau eröffnet.

Die Alte Post ist ein idealer Raum für die Großformate, aber auch die helle, lichte Kunst von Hiltrud Lewe. Am Sonntag wird die Werkschau eröffnet.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Mitten im Raum hängt eine zarte Pflanze. Feine schwarze Tuschelinien auf hauchdünner Papierbahn erwecken den Eindruck, sie würde schweben. Der gesamte Raum der Alten Post wirkt hell, luftig und verströmt eine Ruhe und Schwerelosigkeit wie selten. So als hätte er gewartet auf diese Arbeiten von Hiltrud Lewe. Die große Wand gegenüber der Fensterfront ist geradezu gemacht für Lewes Großformate. Ab Sonntag, 24. Juli, stellt die Krefelderin beim Verein Kunst und Krefeld im Buschhüterhaus an der Steinstraße aus.

„Werkschau #“ ist der Titel, die Ausstellung ist ein Herzenswunsch der Künstlerin. Es ist eine Einladung in ihren Kosmos, ihre Gedankenwelt, die sie mit künstlerischen Mitteln hat Gestalt annehmen lassen. „Alles, was Sie hier sehen, ist Utopie. Es ist die Utopie der Kunst“, sagt sie. Damit meint sie nicht die Erfindung von  künstlichen Welten, sondern das Finden von jenen kleinen Momenten, die wie ein Hauch auftauchen und sich sofort wieder verflüchtigen. Nicht das Vergängliche, sondern das Nicht-Festhaltbare.

 Die Pusteblume hat Hiltrud Lewe auf den 13. Juli ’22 datiert. Die Zartheit nehmen die feinen Papierarbeiten daneben auf.

Die Pusteblume hat Hiltrud Lewe auf den 13. Juli ’22 datiert. Die Zartheit nehmen die feinen Papierarbeiten daneben auf.

Foto: Petra Diederichs

Die Pusteblume  an der schmalen wand des Raums - erst vor wenigen Tagen entstanden - ist ein poetisches Beispiel  für Lewes Momentaufnahme: Gerade noch ist sie da, ein ahnbar Windzug hat aber schon erste Spuren des Verschwindens gezogen. Es ist kein Zufall, dass daneben Papierarbeiten hängen, die wie vertrocknete Blütenkelche wirken. Das ist natürlich Assoziation - die Utopie, die der Betrachter sich erlauben darf. Denn Hiltrud Lewe will niemanden festlegen. Wer weiß schon, was jemand im Bruchteil eines Augenblicks erkennt? Die Künstlerin spricht von Zwischenwelt, von Dingen, die zwischen verschiedenen Welten  wahrgenommen werden können.

Und doch ist diese Werkschau zutiefst persönlich. Sie trägt die Handschrift der 61-Jährigen, die zunächst eine Lehre als Tischlerin und dann ihr Diplom als Innenarchitektin gemacht hat. Danach hat  sie Malerei an der Mercator Universität studiert und bildende Kunst an der Europäischen Akademie in Alfter.

Eine Vitrine birgt das Herz der Ausstellung: Skizzenbücher aus vielen Jahren. „Das ist etwas ganz Intimes, es sind meine privaten Notizbücher“, erzählt Hiltrud Lewe. Unterwegs hält sie Wahrnehmungen und Eindrücke  in Heften unterschiedlicher Formate fest. Ihr Anspruch als bildende Künstlerin ist es, die Erinnerung in Malerei zu manifestieren, die Malerei auf  Skulptur zu erweitern. Die Natur ist ihr Grundthema, das Achtenswerte und Allmächtige der Natur ist ihr Anliegen. Das beginnt bei der kultivierten Natur der Botanischen Gärten und zeigt sich in wilden, dschungelartigen Wucherungen oder wenn Mikrokleines makrogroß herangezoomt wird, eine Blattader, ein Blütenstempel...

Neben ein Großformat in Grautönen hat Lewe eines in verhaltenem Grün gehängt. Beide sind optische Expeditionen in die Botanik, aber sie zeigen auch eine Entwicklung, die Lust, sich immer wieder Neuland zu erarbeiten. „Meine konkreten Linien sind immer bedacht, dazu kommt das zufällig Entstandene, das aber auch wieder gelenkt wird“, sagt sie. Sie will es sich nicht leicht machen. Deshalb hat sie, die zwei Jahre lang Goethes Farbenlehre studiert hat, die Eindeutigkeit der Töne hinter sich gelassen, reduziert, bis nur noch jene Nuancen blieben, die durch die Verdünnung schwarzer Tusche entstehen, und nicht übermalte Leinwand die Aussage von Weiß übernahm. In den jüngsten Werken ist die Farbe zurückgekehrt, vorsichtig. Wie ein Hauch. Auch die anthroposophische Lehre ist eingeflossen, ein Rosaton, der das Seelisch-Geistige repräsentiert.

Ein bisschen Zeit lassen sollte man sich bei der Entdeckungsreise von Hiltrud Lewes Kunst.  Am besten nimmt man Platz auf einem Bodenkissen und klickt sich mit einer Diaschau durch Installationen, die Lewe im In- und Ausland gemacht hat, wie sie sich auf Räume, ihre Funktion und ihre Geschichte eingelassen hat, Kufa-Galerie, Bonnefantenmuseum, Floriade Venlo, Kramer Museum oder andere. „Das sind immer Arbeiten in situ , sie werden mit viel Arbeit für einen Ort geplant. Dann werden sie wieder abgebaut und sind verschwunden“, sagt Lewe.  Wie ein Hauch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort