Audienda Krefeld Wie ein Chor trotz Corona sein Jubiläum rettet
Krefeld · Der Audienda Chor wird 30 Jahre alt: Fürs anspruchsvolle Festkonzert gab es viele Proben - manchmal auch allein im Wohnzimmer. Aber Corona bot auch Chancen.
Die Einsamkeit des Tormannes beim Elfmeter ist literarisch gewürdigt worden. Die Einsamkeit des Sängers im eigenen Wohnzimmer kennen aber inzwischen auch viele. Der Audienda Chor zum Beispiel. Denn Lockdown hin, Abstandsregeln her - in diesem Jahr feiert das Ensemble sein 30-jähriges Bestehen. Und für das große Jubiläumskonzert am Sonntag, 14. November, wollte niemand qualitative Abstriche machen. Das Programm ist - wie meist bei Krefelds Tradtionschor - anspruchsvoll: Drei Erstaufführungen zeitgenössischer Werke - je eines aus jedem Jahrzehnt des Chorbestehens - mussten einstudiert werden. Darunter eine Auftragskomposition.
Ja, es habe sich ein bisschen seltsam angefühlt, sich in der eigenen Wohnung vor den PC zu stellen und laut zu singen. Zuerst jedenfalls. „Aber es ging dann doch erstaunlich gut“, erzählt Marianne Erlinghagen, Vorsitzende des Audienda Chores. Im Frühjahr, als Chortreffen nicht möglich waren, musste man erfinderisch sein. Chorleiter Pavel Brochin hat sein Ensemble also an die heimischen Bildschirme gebeten und ist mit jeder Stimme den Part einzeln durchgegangen. „Wir haben die anderen nicht gehört, nur die eigene Stimme. Das hat aber auch die Konzentration gestärkt“, sagt Monika Driskes, stellvertretende Vorsitzende des Chors.
Als die ersten Lockerungen kamen und viele Mitglieder geimpft waren, hat man sich unter freiem Himmel getroffen: Auf dem St. Töniser Obsthof von Rudolf Steves konnten alle mit ausreichendem Abstand endlich wieder zusammen singen. „Wir waren sehr gut vorbereitet. Wir wollten die Erwartungen unseres Chorleiters nicht enttäuschen“, sagt Monika Driskes. Aber nicht nur Pavel Brochins Urteil habe sie angetrieben. Man ist auch sehr stolz, dass die international renommierte Musikerin Ekaterina Melnikova nach Krefeld kommt und den Chor bei der deutschen Erstaufführung der von ihr komponierten Messe XXI an der Orgel begleiten wird. „Das ist schon etwas besonderes“, so Erlinghagen.
Besonders sind auch die Begleitumstände für Christoph Ritters „Fragmente“. Audienda schenkt sich zum 30. Geburtstag diese Auftragskomposition. Nach den berühmten Klageliedern des Jeremias hat der Wuppertaler den vierteiligen Satz geschrieben - zu Texten der Allgäuer Schriftstellerin und Kinderbuchautorin Antonie Schneider. Die Digitalisierung der Corona-Zeit kam den Choristen zugute. „Wir konnten über einen Link quasi live miterleben, welchen Fortschritt die Komposition machte“, berichtet die Vorsitzende. Der erste und vierte Satz ist jeweils für Chor geschrieben, die mittleren für Bariton solo. Matthias Zangerle wird den Part singen, das durchgängige Saxofon-Solo spielt Jörn Kleinbrahm.
Von Pavel Brochin werden zwei Motetten aus seiner russisch-orthodoxen Vesper a capella erstmals erklingen. Drei Premieren, drei Jahrzehnte - auf die Chorgeschichte blicken die Audienda-Sänger gern zurück. 1991 haben die ersten mutig bei Celso Antunes angefragt, ob er einen Chor leiten wolle, der sich erst noch gründen müsse. Sopran, Alt und Bass seien singfähig. „Aber wir haben nur einen Tenor, der aber sehr sicher ist“, hieß es damals. Antunes kam. Und die Erfolgsgeschichte des Ensembles begann.
Auf anspruchsvolle Werke konzentrierte sich Audienda von Anfang an. Zeitgenössisches nahm immer großen Raum ein. Seit 2002 leitet Pavel Brochin den Chor und hat das hohe Niveau ausgebaut. Höhepunkte in der Chorvita? „Viele“, sagen die Vorsitzenden. Und einigen sich auf die einwöchige Moskaufahrt zum 25-Jährigen.