Neujahrskonzert in Krefeld Publikum erwartet den Radetzkymarsch

Krefeld · Das Neujahrskonzert der Niederrheinischen Sinfoniker lebt von Traditionen. Aber es gab auch neue und Wieder-Entdeckungen. Zum Beispiel den Sportpalastwalzer.

 Walzer, Polkas und Wiener Seligkeit spielten die Niederrheinischen Sinfoniker - und zum Schluss einen zackigen Radetzkymarsch.

Walzer, Polkas und Wiener Seligkeit spielten die Niederrheinischen Sinfoniker - und zum Schluss einen zackigen Radetzkymarsch.

Foto: Fabian Kamp

Mit herzlichen Wünschen zum gerade begonnenen Jahr begrüßte Generalintendant Michael Grosse die Besucher des Neujahrskonzertes im Theater Krefeld und erläuterte unter großem Applaus, was in der Welt leider immer noch zu oft fehle – Vernunft, Toleranz und Frieden. Getreu ihrem Bestreben, sich mit  Verfolgten und unter Krieg Leidenden zu solidarisieren, hatten das Theater und Generalmusikdirektor Mihkel Kütson das ukrainische „Trio Contemp“ zur Mitwirkung eingeladen.

Bereits 2015 waren Tetiana Kozytska, Natalia Geri und Vitaliy Kozytskiy beim Neujahrskonzert der Niederrheiner zu Gast. Damals waren sie die folkloristisch-bunte, umjubelte Rarität: Doch nun hatten ihre  - ebenso gefeierten - Auftritte beklemmende Aktualität.

Die beiden Damen spielen die Kobza, eine ukrainische Laute: Tetiana die kleine, den Sopranbereich abdeckende „Kobza prima“, Natalia ist mit ihrer  ausladenderen „Kobza bass“ für das klangliche Fundament zuständig. Vitaliy Kozytskiy steht mit dem „Bayan“, einem dem Akkordeon ähnlichen Instrument, in Bezug auf klangliche Raffinesse, Musikalität und virtuose Handhabung seinen Mitstreiterinnen in nichts nach. Die drei sind ein verschworenes musikantisches Team, das zeitgenössische, an Volksmusik orientierte ukrainische Musik fesselnd darzustellen vermag. Ob in Verbindung mit dem präzise und engagiert musizierenden Orchester oder als Trio – immer überzeugten die Gäste dank ihrer spannungsgeladenen, sorgfältig austarierten Interpretation in Werken ihrer ukrainischen Landsleute     Anatoly Dubina, Andriy Shust und Vladimir Zubitsky. Dessen „Rossiniana“ - mit unüberhörbaren Anklängen an Opernmelodien des italienischen Komponisten - gefiel besonders. Eines ihrer Trios hatten die Gäste kurzfristig um einen Part erweitert, um Tanja Tomiska, der Ukrainerin aus den Reihen der Sinfoniker, Gelegenheit zu einem glänzend gelungenen Violinsolo zu geben.

Nach der Pause wurde es walzerselig im gut besuchten Theatersaal. Moderator Grosse gab kurzweilige Einblicke in das Leben von Josef Strauß, dem jüngeren Bruder des Walzerkönigs Johann Strauß. Obwohl der eigentlich Bauingenieur an der Technischen Universität Wien war und überdies damit renommieren konnte, Erfinder zweier Straßenkehrmaschinen zu sein, widmete Josef sich zunehmend der Musik, zumal er seinen zeitweilig unter Erschöpfung leidenden berühmten Bruder als Dirigent vertreten musste.

Dass die Kompositionen von Josef Strauß heute völlig zu Unrecht fast vergessen sind, erkannte das beifallsfreudige Auditorium vor allem an „Perlen der Liebe“ - einem melodienseligen und geschickt orchestrierten Hochzeitsgeschenk des Komponisten an seine Frau. Vor den von Kütson und dem Orchester mit Schwung und Enthusiasmus servierten schnellen Polkas „Winterlust“, „Vélocipède“ und „Jockey“, erinnerte Intendant Grosse daran, dass doch die wichtigen Neujahrsvorsätze, endlich wieder mehr Sport zu treiben, nicht aus dem Blick geraten sollten. 

Ein Opus von Siegfried Translateur (1875-1944), der „Sportpalast-Walzer“, der später zum Soundtrack des Sechs-Tage-Rennens in Berlin wurde, animierte die Zuhörer ebenso wie der hingebungsvoll und einschmeichelnd dargebotene Walzer  „Die Schlittschuhläufer“ von Émile Waldteufel (1837-1915). Dieser einst sehr beliebte Komponist, der aus dem Elsass stammte, aber überwiegend in Paris - neben seiner kompositorischen Tätigkeit – als Pianist und Dirigent wirkte, ist leider inzwischen ebenfalls weitgehend vergessen.

Am Schluss des Konzertes kam dann doch noch der Walzerkönig Johann Strauß zu Wort. Gespielt wurde sein Walzer op. 364 „Wo die Zitronen blüh‘n.“ 

Es ist schon Tradition, dass beim Neujahrskonzert nach dem letzten Programmpunkt niemand den Saal verlässt, sondern die beliebten Zugaben – an dritter Stelle stand endlich der heiß ersehnte „Radetzky-Marsch“ - vom Publikum einfach erwartet werden. Das Orchester und sein Dirigent freuten sich sichtlich über das schon gewohnte Prozedere und machten das willkommene Spiel lächelnd mit.

„Auf bald wieder in diesem Theater“ – das war der Wunsch der Mitwirkenden an ihr Publikum.

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