Literarischer Sommer in Krefeld Die heikle Mutter-Sohn-Beziehung im Jahr 2023

Krefeld · Laura Lichtblaus Debütroman „Schwarzpulver“ spielt in nicht ferner Zukuft, aber hat viel mit der Gegenwart zu tun. Eine Lesung auf dem Hof.

 Cover des Romans

Cover des Romans

Foto: C.H. Beck Verlag/C.H.Beck Verlag

„Lieber draußen als drinnen“, war die Devise bei der zweiten Veranstaltung des Literarischen Sommers in Krefeld. Im Innenhof der Fabrik Heeder hatten sich die Bücherfans auf locker verteilte Klappstühle gesetzt. Am traditionellen roten Tisch las Laura Lichtblau aus ihrem Erstling „Schwarzpulver“ und  Marlene Jäger vom Niederrheinischen Literaturhaus moderierte.

Ein Hauch von Nieselregen irritierte nach der ersten Lesung ein bisschen. Nach drinnen umziehen wollten nur wenige. Die immer präsente Kulturpolitikerin im Ruhestand, Gerda Schnell, holte flugs bunte leichte Regencapes. Man blieb draußen.

Das war auch eine Erleichterung für Laura Lichtblau, die aufgrund der steigenden Infektionszahlen dankbar für den großzügigen Abstand war. Über unsere Gegenwart, so Thomas Hoeps vom Literaturhaus zu Beginn, könne man aus diesem Roman sehr viel erfahren.

Laura Lichtblau, 1985 in München geboren, hat am Leipziger Kulturinstitut studiert und mit „Schwarzpulver“ ihr Debüt vorgelegt. Drei Personen agieren in einer gar nicht so weit entfernten Zukunftswelt: „Ich habe den Roman 2018 geschrieben“, sagt Lichtblau, „er spielt ungefähr 2023.“ Charly ist ein junger Mann, seine Mutter ist Charlotte und dann gibt es noch Burschi, die junge Frau aus der Provinz. 

In der ersten Lesestelle ist der Zuhörer Zeuge eines Treffens von Charly und seiner Mutter in einem asiatischen Restaurant. Sie versuchen, mit einander zu sprechen, sind aber beide in ihrer eigenen Gedanken- und Wortwelt unterwegs. Witzig, wenn Charly, Generation Praktikum, die Dinge wie im Rap kommentiert: „Das geht mir auf den Glückskeks“ oder „Ich rausche in den nächsten Film.“ Der eigene Film ist ichbezogen, der Film seiner Mutter hat mit Krankheit und dem Wunsch nach Heilung zu tun, mit Esoterik und Mistelspritzen, mit einem Präzionsgewehr. Und mit dem Vater, den der fast erwachsene Sohn nicht kennenlernen durfte.

Schon hier werde der Konflikt zwischen Sohn und Mutter deutlich, sagte Marlene Jäger. Ihr ist auch der je andere Ton der Personen aufgefallen. „Wenn ich erstmal weiß, wie eine Figur ist, weiß ich, wie sie spricht“, sagt die Autorin.  Im zweiten Leseteil  geht es um Charlotte, die Teil einer Bürgerwehr ist und ihr Präzisionsgewehr putzt. Frauenfeindlichkeit und Borniertheit ihrer männlichen Kollegen prägen die Situation.

Ein dritter Leseteil ist ein Rückblick von Burschi in ihre Kindheit, in der sie sich mit ihrer von der Männlich-Weiblich-Norm abweichenden Sexualität auseinandersetzt. Das Buch atmet Abwehr eines gesellschaftlichen Gefüges gegen alles Diverse.

Ein Motiv in allen drei ausgewählten Stellen war das Essen – was der Autorin so gar nicht aufgefallen war. Das Publikum bedankte sich mit freundlichem Applaus.

Das Buch: . Laura Lichtblau: Schwarzpulver, Verlag C.H. Beck, München 2020, 202 Seiten,  Preis 18,95 Euro.

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