Neue Monografie über den Krefelder Ehrenbürger Adolf Luther – Künstler und Sammler

Krefeld · Eine gewaltige Monografie über den Künstler aus Krefeld ist jetzt erschienen. Sie zeigt die Entwicklung Luthers, gibt Seh- und Deutungshilfen für sein Werk und  sie zeigt Luthers ungewöhnliche Kunstsammlung. „Sie passt in kein Raster“, sagt Professor Markus Himmelmann.

 Magdalena Broska, Prof.Markus Heinzelmann und Eberhard Stock (Adolf Luther Stiftung) präsentieren die Monografie

Magdalena Broska, Prof.Markus Heinzelmann und Eberhard Stock (Adolf Luther Stiftung) präsentieren die Monografie

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

In Spanien hat Adolf Luther seine Entscheidung besiegelt: Er hatte seine Stelle als Richter aufgegeben und war im Frühjahr 1958 mit seinem Jugendfreund Johann Koenigk auf Reisen gegangen. „Er hat während der ganzen Zeit über nichts anderes gesprochen als über das Licht“, hat Koenigk später Magdalena Broska, der Vorsitzenden der Adolf-Luther-Stiftung, erzählt. Deshalb beginnt die soeben erschienene Monografie über den Künstler und Krefelder Ehrenbürger Luther mit Spanien und dem Licht: Fotografien von Ibiza steht das Luther-Zitat voran: „Ich meine das Licht, das mit dem Morgenrot aufsteigt, das den Mittag in strahlendes Weiß taucht und das in den Abend verdämmert. Ich meine das Licht, in dem die Planeten kreisen und das den Kosmos zu einer Weltenuhr leuchtender Materie macht.“

 Aber auch die Mentalität der Spanier habe Luther gefallen, das klare Entweder-Oder-Denken ohne Zwischentöne, ohne Furcht, sagt Magdalena Broska. Sie ist Mitherausgeberin der neuen Monografie. Gemeinsam mit Silke von Berswordt-Wallrabe (Stiftung Situation Kunst) und Markus Heinzelmann (Professor für Museale Praxis an der Ruhr Universität Bochum) hat sie einen bildmächtigen Streifzug durch Leben und Wirken Adolf Luthers (1912-1990) vorgelegt.

Es ist ein Kompendium für Forschende zur Kunst nach 1945, das einen Künstler vorstellt, der eben nicht zur angesagten Zero-Gruppe gehörte. Aber es ist auch ein mehrere Kilo schwerer Prachtband, an dem nur der Titel minimalistisch ist: „Luther Licht Light“. Auf mehr als 400 Seiten entfaltet sich ein Kosmos von Leben und Wirken Luthers, seine eigenen Werke werden gewürdigt, aber auch seine Sammlung, in der er Arbeiten seiner Zeitgenossen zusammentrug.  Aus den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem Lichtkünstler entspinnt sich das Bild einer aufgeschlossenen Persönlichkeit, die ihren eigenen Kunstweg ging, aber durchaus einen Blick für andere Positionen hatte, die klug Kontakte knüpfte, die experimentierte und suchte - und den Weg zum Licht als Einzelkünstler ging.

 „The Focus Room“ ist eine der bekanntesten Installationen von Adolf Luther. Sie ist auch auf dem Cover des neuen Bandes abgebildet.

„The Focus Room“ ist eine der bekanntesten Installationen von Adolf Luther. Sie ist auch auf dem Cover des neuen Bandes abgebildet.

Foto: Galerie 401

„Er war ja als Autodidakt, der sich erst mit Ende 40 für ein Leben als Künstler entschieden hatte, nicht sehr mit den Gepflogenheiten der Kunstwelt vertraut. Auch das war ein Grund, weshalb  die Zero-Gruppe ihn nicht aufgenommen hatte“, sagt Broska. Als Solist ist Luther nach seinem Tod für Jahre in Vergessenheit geraten - anders als die Zero-Bewegung, die sich immer lautstark im Leben hielt. Erst in der jüngsten Zeit erlebt Luther mit seiner Lichtkunst eine internationale Renaissance. Eine junge Generation von Kunstschaffenden wie Alicja Kwade (*1979), Olafur Eliasson (*1964) oder Anish Kapoor (*1954), die ebenfalls einen naturwissenschaftlichen Ansatz in ihre Kunst bringen, zeigt, wie aktuell Luther ist. Und das oft in größeren Diemnsion. Die Spiegel und Gläser, die bei Luther einen Durchmesser von 85 Zentimeter hatten, kommen bei Kapoor auf zwei Meter. „Es war Zeit für eine neuen Monografie“, findet Broska. Denn die erste aus dem Jahr 1978, an der Luther selbst mitgewirkt hat, habe Biografisches streng vom Werk getrennt. Das ist nun anders. „Wir trauen uns Opulenz“, meint Broska.

Der Band folgt Luther auf seinem Weg von der frühen Malerei zu den Objekten, weiter zu den Integrationen, den Architekturintegrationen (Kunst am Bau) bis zum Mondprojekt  und angewandter Kunst. Er zeigt, wie Luther sich von den Einflüssen des französischen Expressionismus befreit und eine radikal neue Weltsicht gewinnt, wie er neue Ausdrucksformen sucht, den Raum ständig erweitert, bis ihn die Frage nach dem unsichtbaren Licht hinter dem Mond antreibt.

Silke von Berswordt-Wallrabe gibt eine Anleitung, Luther zu erfahren, die Spiegel- und Lichtobjekte zu erleben, die Wahrnehmung zu schärfen. Himmelmann folgt dem Blick Luthers auf die Kunst. Er hat im ehemaligen Wohnhaus Luthers an der Viktoriatraße in der Sammlung des Künstlers geforscht und manche Überraschung erlebt. Die Konstruktivisten El Lissitzky und Kapar Malewitsch, vor allem  Joseph Beuys - eigentlich ein Antipode Luthers - hätte man dort nicht vermutet. Broska zieht die Parallele: „Beiden ging es um die Erweiterung des Raums, für Luther war es die Erweiterung in den Kosmos, für Beuys die Erweiterung in die Gesellschaft.“

„Luther hatte Geld durch seine Auftragsarbeiten, er hat Werke aus den repräsentativen  Phasen der Künstler erworben, sagt Himmelmann. Die Lichtkuppel in der Düsseldorfer Tonhalle etwa oder seine Sphärischen Hohlspiegelobjekte (Olympia 72) waren  einträgliche Beispiele. Luther hat für seine Sammlung im Kunsthandel gekauft, nicht wie viele andere Künstler eigene Arbeiten mit Kollegen getauscht. Daher darf das, was heute im Stiftungshaus zu sehen ist, als sein Vermächtnis gelten. 1990 hat er seine Sammlung im Haus Esters gezeigt - als seinen Nachlass. Damals war er schon krank.

Die Kunstmuseen werden Luther in einer Doppelausstellung mit dem argentinischen Kinetik-Künstler Julio Le Park (*1928) würdigen - die Ausstellung wurde auf Mai verschoben. Die Luther Stiftung ist Kooperatiosnpartner. „Wir werden den Schwerpunkt auf die Interaktion legen,  Besucher zu Mitspielern machen“, sagt Magdalena Broska.

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