Open-Air-Konzert im Krefelder Jazzkeller Jazz-Trio bietet Gehörbildung mit Vehemenz

Krefeld · Das belgisch-französische Trio Hermia-Darrifour-Ceccaldi zog das Publikum bei seinem Open-Air-Konzert in der Innenstadt mit rockig anmutenden Stücken vor dem Jazzkeller an der Lohstraße in seinen Bann.

Manuel Hermia (Saxofon), Sylvain Darrifour (Schlagzeug) und Valentin Ceccaldi (Cello) begeistern die Krefelder.

Manuel Hermia (Saxofon), Sylvain Darrifour (Schlagzeug) und Valentin Ceccaldi (Cello) begeistern die Krefelder.

Foto: Lothar Strücken

„Ich bin glücklich, dass es endlich geklappt hat. Sylvain und ich haben über zweieinhalb Jahre korrespondiert, um den Termin hin zu bekommen“ freute sich Rolf Sackers, programmverantwortlich beim Jazzklub Krefeld, über den Auftritt des belgisch-französischen Trios Hermia-Darrifour-Ceccaldi. Dies ist umso erfreulicher, da Bands aus der frankophonen Jazzszene hierzulande selten zu hören sind. Auf jeden Fall ist diese typische, etwas anarchische Kreativität, welche viele Bands aus der reich blühenden Szene unserer Nachbarländer verkörpern, überaus entdeckenswert.

Solche Klänge dürften noch nie die Lohnstraße in Krefeld beschallt haben! Manuel Hermia (Saxofon), Sylvain Darrifour (Schlagzeug) und Valentin Ceccaldi (Cello) treten mit dem Anspruch an, musikalisch keinen Stein auf dem anderen zu lassen. Zumindest, wenn man konventionelle Maßstäbe von Musik zu Grunde legt. Aber das Publikum im Jazzklub Krefeld möchte dies ja gerade nicht. Der Hunger nach neuen Musikerfahrungen erklärte dann auch den guten Zulauf zu diesem Freiluft-Konzert – allem Fußball zum Trotz. Diese drei Musiker lassen es direkt vom Beginn an mit einer Vehemenz krachen, dass es eher wie Heavy Metal und weniger wie Jazz anmutet.

Cellist Ceccaldi traktiert sein Instrument wie eine überdimensionale Rockgitarre. Das hat er mit seinem Bruder Theo Ceccaldi gemein, der in einer anderen Band ein genauso kompromissloses Berserkertum auf der Violine pflegt. Das Cello kann nun mal sehr mächtige Riffs hervorbringen, wenn man sich nur traut, dies auf so einem alterwürdigen Instrument zu machen. Saxofonist Hermia lässt sich davon anstacheln, dass es ihn ohne Umschweife in expressivste Umlaufbahnen quer durch alle Klangregister und Tonlagen katapultiert. Derweil dürfte die Snaredrum des Schlagzeugers Sylvain Darrifourcq am Ende wohl vorm Feuerfangen gewesen sein –  so frenetisch, unerbittlich und raffiniert trommelt er seine irrwitzigen Metren und Breakbeat-Kaskaden.

Mehr noch: Darrifourcq „dirigiert“ durch seine Aktionen die ganze Klangdramaturgie. Oft sind das verspielte Geräuschfiguren mittels aller möglichen, auf die Felle draufgeworfenen Objekte. Solche  kleinen Strukturen lassen schon im nächsten Moment die Kollektivimprovisation explodieren lassen. Aber: Mit vordergründiger Freejazz-Kraftmeierei haben die Stücke dieses Trios nichts zu tun. Zu intelligent sind die komponierten Strukturen, zu weitläufig ist die Architektur, in der sich immer neue, überraschende Tore aufstoßen.

Das Ganze wirkt so physisch, direkt und körperlich, dass es das Ambiente eines Rockfestivals oder eines engen Clubs brauchte, mit dicht gedrängt stehenden Menschen voller Bewegungsdrang und Lust auf gemeinsame Ausschweifung. Aber auch in entspanntem Ambiente mit kühlen Getränken an Tischen sitzend tauchen die Zuhörer dankbar und verständig ein. Mal wieder geht die Rechnung auf, wenn eine ambitionierte Programmplanung eben nicht den Weg des geringsten Widerstandes geht. Über viele Jahre hat der Jazzklub hier schon für nachhaltige „Gehörbildung“ beim Publikum gesorgt.

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