Textilmuseum Krefeld Museum erforscht Bürgerkleider von 1600

Krefeld · Ein seltener Fund von 400 Jahre alter Kleidung, die Seide der Von der Leyens und präkolumbianische Textilien stehen auf der Jahresagenda des Textilmuseums. Und manche Stoffe werden erstmalig von einer Künstlerin handgemalt.

 Sie haben viel vor im Textilmuseum: (v.l.) Volontärin Silke Büchel, Leiterin Annette Schieck und Stellvertreterin Isa Fleischmann-Heck

Sie haben viel vor im Textilmuseum: (v.l.) Volontärin Silke Büchel, Leiterin Annette Schieck und Stellvertreterin Isa Fleischmann-Heck

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Weiße Wände, kühle Stehtische im Textilmuseum beim Pressegespräch – das ist nur äußerlich. Denn „im Inneren brodelt es“, sagt Annette Schieck, Leiterin des Deutschen Textilmuseums (DTM). Zusammen mit ihrer Stellvertreterin Isa Fleischmann-Heck stellt sie die aktuellen Aktivitäten und das Programm für das kommende 2022 vor. Ausstellungen, Forschungsprojekte, Museumspädagogik, Vorträge und Publikationen stehen auf dem Zettel.

Gerade werden die Objekte aus den Ausstellungsräumen behutsam wieder an ihren Platz gebracht: Die Mitarbeiterinnen der Restaurierung versorgen die chinesischen Drachen, auf dass sie wieder friedlich in ihren Schubladen im Depot schlummern. In den Werkstätten sieht es ganz anders aus. Dort blickt man schon auf das kommende Jahr. Denn 2023 feiert die Stadt ihr Jubiläum - und auch dafür müssen die Ausstellungsobjekte fein gemacht werden, also restauriert.

Die Restaurierung liefert im Rahmen des Forschungsprojekts „Parvenü“ Objekte für das Stadtjubiläum. Schwerpunkt ist die Seidenherstellung aus dem Hause von der Leyen im 18. Jahrhundert.  Das Verbundprojekt zeigt 2023 zeitgleich Porzellan im Düsseldorfer Hetjens-Museum und Stadtgeschichtliches im Krefelder Museum Burg Linn. Seiden der Von der Leyens mit genauer wissenschaftlicher Analyse werden dabei der Beitrag des DTM sein.

Die Werkstatt befasst sich auch mit dem legendären externen „Bremer Textilfund“, bei dem die Funde aus einer Schneiderwerkstatt um 1600 restauriert werden. „Die Textilien wurden ungefähr 2015 gefunden“, sagt Isa Fleischmann-Heck. Die Feuchtigkeit in einem Graben machte den Erhalt möglich: „Die Funde repräsentieren  mit getragener, geflickter und weggeworfener Kleidung ein bürgerliches Spektrum, das man sonst nicht hat“, sagt Annette Schieck. Von zirka 7000 Funden werden hier zwischen 1000 und 1500 betrachtet: „Wir hoffen, daraus ein Forschungsprojekt entwickeln zu können“, sagt Schieck.

Forschungsergebnisse sind auch Inhalt der „Großen Ausstellung“ im Sommer. „Präkolumbische Textilien“ werden im August 2022 in der Reihe „Ans Licht“ gezeigt, kuratiert von Katalin Nagy, Berlin. Das ist die drittletzte Station im Förderprogramm der Sparkassen Kulturstiftung Krefeld. Mit 50.000 Euro wurden je fünf Abschnitte unterstützt; jetzt zeitlich verschoben durch die Corona-Pandemie.

„Das ist die große Ausstellung in diesem Jahr“, sagt Schieck, die zusammen mit Isa Fleischmann-Heck und der ersten Volontärin am Hause, Silke Blücher, die Geschichte der Textilien aus der Zeit der Gewebeschule erforscht. „Diese Fragmente haben zum Ende des 19. Jahrhunderts als Vorbilder gedient und hatten großen Einfluss auf das zeitgenössische Design“, sagt Schieck.

 Einen weiteren spannenden Aspekt wird es durch die Einbindung einer New Yorker Künstlerin geben. Mit ihrer Malerei bildet die US-Amerikanerin Gail Rotschild eine ungewöhnliche Ergänzung zur Ausstellung. Sie malt ein großformatiges Bild zu einem Poncho aus der museumseigenen Sammlung und steuert auch weitere Bilder zu Struktur und Farbigkeit alter Gewebe bei. Museumsleiterin Schieck hat Gail Rotschild, die auch mit dem Berliner Bode-Museum zusammenarbeitet, bei einem internationalen Forscher-Treffen in Antwerpen kennengelernt (Textiles of the Nile Valley) und mit ihr über die peruanischen Textilien gesprochen. „Koptische und peruanische Textilien ähneln sich ihn Bindung und Farbigkeit“, sagt Schieck, „beide haben Künstler schon immer angeregt.“

Schon im Februar zeigt das DTM eine Ausstellung, die eigentlich für das Frühjahr 2021 gedacht gewesen war. „The Rustle of Touch – Ein Hauch“ präsentiert künstlerische Fotografien historischer Unterwäsche aus dem Schloss Twickel (NL). Künstlerin Ellen Korth hat Zugang zu den Schätzen und hat die Originale in zauberhafte Fotografien verwandelt. Zusammen mit einigen Originalobjekten und zudem Ausstellungsstücken aus dem Bestand des DTM werden sie ab Februar gezeigt. Museumsleiterin Schieck: „‚The Rustle of Touch – Ein Hauch‘ ist faszinierend und spannungsreich, diese Installation spricht alle Sinne an.“ Das gleichnamige Buch (120 Euro) dazu wurde bereits im Oktober vorigen Jahres vorgestellt.

 „The Rustle of Touch – Ein Hauch“, Sonntag, 13. Februar bis 19. Juni, eine offizielle Eröffnung in der Museumsscheune ist geplant.
 „Präkolumbische Textilien“, ab Sonntag, 21. August, bis Ende Januar 2023, auch hier ist die Eröffnung in der Museumsscheune geplant.

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