Krefelds längste Protestaktion Intendant Michael Grosse ist Gast der 500. Montagslesung

Krefeld · Der Protest gegen die Schließung der Stadtteilbücherei in Uerdingen läuft seit Jahren. Es ist ein Widerstand mit Lesen - ein friedfertiges Modell.

Michael Grosse hat Sandor Marais Buch ausgesucht.

Michael Grosse hat Sandor Marais Buch ausgesucht.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

500 - das ist schon eine Nummer. Erst recht für eine Reihe, die bei Wind und Wetter draußen stattfindet und sich um Literatur dreht. Zum 500. Mal ruft die Initiative für die Eröffnung eines Quartierszentrums/Bürgertreffs zur Montagslesung auf. Und Vorleser, Autor und Buch sind entsprechend jubläumsgewichtig: Michael Grosse, Generalintendant des Theaters Krefeld und Mönchengladbach, liest am 23. Januar von 18.30 bis 19 Uhr aus „Bekenntnisse eines Bürgers“ von Sandor Marai vor dem Gebäude der ehemaligen Bücherei in Uerdingen, Am Marktplatz 5.

Die Montagslesungen sind keine Literaturreihe, sondern eine Versammlung, eine Initiative, um im Stadtteil wieder eine öffentliche Medienausleihe zu installieren - ein friedfertiger Protest mit Lesungen. Aber - selbst wenn es dem Initiatorenteam darum nicht geht - sie hat  auch literarische Attraktivität.

Sandor Marai hat das deutsche Lesepublikum erst spät (wieder)entdeckt, als 1998 sein Roman „Die Glut“ neu aufgelegt wurde, das Buch war ein internationaler Erfolg. Der Autor hat ihn nicht mehr erlebt. Er war 1989 in seiner kalifornischen Wahlheimat San Diego gestorben. Die Welt hatte ihn da längst vergessen. Marai, geboren 1900 in Kaschau (heute Slowakei), gehörte in den 30er Jahren zu den gefeierten Autoren in ganz Europa, geriet aber nach seiner Emigration in Vergessenheit.

In „Bekenntnisse eines Bürgers“ geht es um Kindheit, Jugend und Studienjahre eines Europäers. Mit warmem Humor erzählt Marai seine Kindheit im Städtchen Kaschau und führt als scharfer Beobachter den Untergang des österreichischen Kaiserreichs und die wilden Zwanzigerjahre vor.

Michael Grosse lässt Texte lebendig werden - das weiß ein immer größer werdender Fankreis, der die Solo-Abende mit dem Theatermann liebt, wenn er Heine, Thomas Mann oder Balladen in seinen Soloabenden rezitiert.  Aber die Versammlungen leben von der bunten Mischung: Hier können sich alle beteiligen und ein Lieblingsbuch vorschlagen  - für die nächsten Montage.

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