Krefeld Krefelds ältester Friseur-Salon

Krefeld · Willi Eichholz steht auch mit 78 Jahren noch täglich am Friseurstuhl seines Salons am Nordwall. Die Ausstattung stammt noch original aus den 50er Jahren. Gegründet wurde der Salon vor 120 Jahren von Eichholz' Großvater Wilhelm.

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Die Krie-ewelsche Begrüßung "Darestiet" quittiert Willi Eichholz, der seinem Kunden gerade die Haare schneidet, ohne sich umzudrehen und in aller Selbstverständlichkeit mit demselben Wort. Krefelder Platt ist in dem Salon am Nordwall etwas völlig Normales. Außergewöhnlich ist dagegen die Ausstattung, die inzwischen museale Qualität besitzt: Mit Betreten des Salons befindet man sich optisch mitten in den 50er Jahren. Noch älter als die Ausstattung ist die Geschichte des Salons: Er ist der Älteste in Krefeld und wurde vor genau 120 Jahren von Willi Eichholz' Großvater Wilhelm gegründet. Bevor er um 1900 das Haus am Nordwall kaufte, hatt er seinen kleinen Salon an der Hubertusstraße

"Die Friseurstühle gehen mit einem einzigen Tritt auf das Fußpedal in die Höhe. Das war was ganz Neues, als wir sie Mitte der 50er Jahre angeschafft haben. Bei dem älteren Kinderstuhl muss man noch mehrfach treten, um ihn hochzupumpen", weist der 78-jährige Friseurmeister auf das Exemplar mit absolutem Seltenheitswert.

Auch die immer noch makellosen, schweren Porzellan-Waschbecken vor den Stühlen stammen wie auch die verglaste hölzerne Theke und die Vitrine aus den 50ern. "Einige Kunden haben uns schon gebeten, das Mobiliar inklusive Waschbecken bloß nicht wegzuschmeißen, wenn wir mal Schluss machen", sagt Ingrid Eichholz, die nur noch auf Anfrage den angeschlossenen Damensalon öffnet. "Zwei alte Lampen hat ein Antiquitätenhändler schon vor ein paar Jahren gekauft, ergänzt Willi Eichholz, der noch zwei, drei Jahre weitermachen will - "solange ich noch eine ruhige Hand habe und mir mein Rücken keinen Strich durch die Rechnung macht".

1952 hatte Willi Eichholz die Lehre bei seinem Vater Karl begonnen, der zwei Jahre später starb. Als Geselle übernahm er dann 1955 den Salon von seiner Mutter, bis er 1964 die Meisterschule in Regensburg absolvierte und ein Jahr später wieder zurück im elterlichen Betrieb war. 1961 hatte Willi Eichholz seine Ingrid geheiratet, die - obwohl gelernte Krawattennäherin - sofort in den Friseursalon einbezogen und entsprechend angelernt wurde. So arbeite das Ehepaar mit mehreren Angestellten sowohl im Herren- als auch im Damensalon zusammen, bis vor sechs Jahren die letzte Friseurin aufhörte. Seitdem ist nur noch der Herrensalon geöffnet - außer montags natürlich.

Durch die Nähe zum Gericht gehörten natürlich viele Rechtsanwälte zu Willi Eichholz' Kunden. "Es wurde viel Platt gesprochen, und die Themen drehten sich immer um Sport und Politik. Früher haben wir auch viel über schöne Frauen gesprochen, heute stehen Wehwehchen und Krankheiten im Vordergrund", sagt Willi Eichholz mit einem Schmunzeln. Zu den bekannten Stammkunden gehörten Krefelder Sportler wie Radrennfahrer Hennes Junkermann oder die alten Eishockey-Cracks Herbert Schibukat, Uli Jansen, Werner Kadow und Fred Nieder - "damals alle noch Amateure, die ihrem gelernten Beruf nachgingen, so wie Bäcker Juppi Dohr oder Karl Bierschel, der hier nebenan seine Metzgerei hatte", blickt Eichholz zurück. Auch der Schriftsteller Otto Brües, Oberförster Hein Gallhoff und Stadtdirektor Theo Fabel ließen sich hier regelmäßig die Haare schneiden.

Wenn es um Sport - insbesondere Eishockey - ging, hatte Ingrid Eichholz stets ein Wörtchen mitzureden, denn sie war immer KEV-, ihr Mann Preussen-Fan. "Das brachte herzhafte Streiterein mit sich, die sogar dazu führten, dass wir im Eisstadion mit unseren jeweiligen Freunden in getrennten Blocks saßen", erzählt die resolute 77-Jährige., die sich auch sozial engagiert hat: Gemeinsam mit Hans Hupperten an der Drehorgel sang sie bei gesellschaftlichen Ereignissen in Krefeld Balladen, um für einen guten Zweck Geld zu sammeln.

Ihr nicht weniger muskalischer Mann hielt es mit dm Akkordeon, das der immer schlagfertige Friseurmister im privaten Kreis oder im ehemaligen Stammlokal "Herzog Wilhelm" zu runden Geburtstagen oder zu Karneval spielte.

Im Salon hängen einige Bilder, die an die alten Zeiten erinnern; im übrigen aber auch ein erst fünf Jahre junges Erinnerungsfoto an Filmaufnahmen, die ein Kunde und ein Bekannter vom Bayer-Filmclub über den musealen Salon gedreht haben - und dafür sogar mit Preisen ausgezeichnet wurden.

(RP)
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