Azubi-Wettbewerb in Krefeld Tischler-Talente überzeugen im Praxis-Test
Krefeld · Die Azubis durften nach langer Corona-Pause endlich wieder Stücke planen und bauen, die sie ihren Mitschülern und Lehrern präsentieren. Verborgene Talente hatten dabei vor allem die Möbelstücke des Nachwuchses: Versteckte Schubladen und Elemente überzeugten allen voran.
Zwei Jahre lang mussten die Tischler-Lehrlinge in Krefeld auf den traditionsreichen Praxis-Wettbewerb verzichten. Vor allem die Abschlusspräsentation, bei der alle zusammenkommen und die Werkstücke einerseits von den Mit-Azubis, andererseits aber auch von Lehrern bewertet werden, wäre unter den Corona-Beschränkungen nicht möglich gewesen. In diesem Jahr nun ist es wieder so weit. „Am Freitag bekamen die Auszubildenden in der letzten Schulstunde das Thema. Es sorgte für einiges Stirnrunzeln“, erzählt Klassenleiter Stephan Moeres grinsend. Dieses war bewusst offen gehalten und lautete „Auf den zweiten Blick“.
„Das sagt natürlich erst einmal wenig. Wir hatten aber in der Vergangenheit schon ähnliche Mottos wie ,Top Secret‘. Es ist also nicht außergewöhnlich“, fährt der Berufsschullehrer fort. Eine Woche hatten die angehenden Tischler – darunter auch zwei junge Frauen – Zeit für Planung und Umsetzung. „Ich habe schon ein paar Überstunden gemacht. Der Bau selbst hat gut 20 Stunden benötigt. Montag und Dienstag habe ich für die Planung und Zeichnung benötigt“, erzählt Tim Bader, der Sieger des Design-Wettbewerbs. Er konstruierte eine kleine Bar mit versteckter Schublade für Gläser. „Ich hab das für mich gebaut. Es passt super in meine Wohnung“, sagt der 18-Jährige aus Sankt Tönis. Der Sieg freue ihn. „Aber ich denke, andere hatten auch tolle Stücke und hätten es verdient gehabt“, äußert er bescheiden.
Den Sieg für die saubere Fertigung errang Henri Martens. „Ich denke, ich habe das Thema ganz gut getroffen“, sagt er. Sein Werkstück ist ein Beistelltisch mit einer verdeckten Schublade. „Dass die Anderen mir die meisten Stimmen gegeben haben, macht mich schon stolz. Ich denke, ich habe gewonnen, weil ich viele unterschiedliche Verbindungen verbaut habe: Schlitz und Zapfen, Schlitz und Zapfen auf Gärung und Überlappung. Ich habe am zweiten Tag eine Überstunde machen müssen, auch, weil ich eine Seitenwand noch einmal machen musste. Ich hab die Teile verwechselt und die Führungsnut in die falsch Wand gefräst“, erzählt er grinsend. Was er mit dem Tisch machen wird, sei noch nicht klar. „Entweder kommt er in meine Wohnung oder ich schenke ihn meiner Freundin“, erzählt der 18-Jährige. Der Beruf als Tischler sei für ihn die Zukunft. „Ich war auf der Montessori-Schule und da haben wir auch mit Holz gearbeitet. Das hat mir da schon Spaß gemacht. Mein Ziel ist, als Tischler zu arbeiten und den Meister zu machen. Ich mag den Beruf sehr“, betont der Oppumer.
Lona Jähnichen ist eine von zwei jungen Frauen im Lehrjahr. Mit ihrer Schmuckschatulle erreicht sie keine Top-Drei-Platzierung. „Die Schatulle enthält noch eine zweite Ebene und besteht außen aus Holz. Die Einlagen sind aus Corian gefertigt. Das ist ein Kunststoff, der so schwer ist, dass er wie Stein wirkt“, erzählt sie. Als Frau in einem von Männern dominierten Beruf sei es für sie nicht besonders schwierig. „Klar, es gibt mal einen Spruch. Da muss man drüber stehen. Ich komme aus einer Handwerkerfamilie und kenne das. Ich habe auch ein Studium angefangen, aber festgestellt, dass das nichts für mich ist“, sagt die 21-Jährige, die weniger Erfahrung hat als ihre Mitstreiter. „Ich habe erst im Sommer angefangen und nun zum Halbjahr ein Lehrjahr übersprungen. Dafür bin ich wirklich zufrieden“, sagt die junge Frau.
Zufrieden ist auch Robert Rickers mit seinem zweiten Platz in der Kategorie Design. Der 22 Jahre alte Krefelder hat einen Kubus gebaut, der mit schwarz gebeizten Elementen verblendet ist und eine verdeckte Schublade enthält. „Ich bin gerade mit meiner Freundin zusammengezogen und da passt es super rein“, sagt er. Die Verbindung von Holzoptik mit Schwarz gefalle ihm. „Und die Juroren fanden es ja wohl auch ganz okay“, sagt er grinsend. Nach Fachabitur und einem Jahr Jobben sei Tischlerei für ihn der Beruf, in dem er bleiben will. „Ich habe Spaß an der Arbeit mit Holz. Ich möchte nach der Lehre ein, zwei Jahre Berufserfahrung sammeln und dann den Meister machen. Ich bin sicher, ich werde diesem Beruf erhalten bleiben“, erklärt er.
Das Niveau des Jahrgangs sei sehr gut, sagt Lehrer Moeres. „Es wird ja immer gesagt, dass das Niveau in vielen Bereichen rückläufig sei. Das kann ich hier aber nicht bestätigen. Im Vergleich zur Vergangenheit ist das hier sogar ein sehr guter Jahrgang mit hohem Niveau“, analysiert er. Wie alle Handwerksbereiche hat die Tischlerei quantitativ ein Nachwuchsproblem – Qualitativ aber stehe der Bereich gut da.