Krefelder Theater Sensationelle Choreografien aus 20 Jahren

Krefeld · Mit zwölf sehr verschiedenen Choreografien aus 20 Jahren begeisterten Robert North und seine Compagnie das Publikum im Krefelder Theater: Die Ballettgala „Rückblick – Ausblick“ wurde mit standing ovations gefeiert.

 Die Tänzerinnen und Tänzer begeisterten beim „Rückblick und Ausblick“ im Theater das Publikum.

Die Tänzerinnen und Tänzer begeisterten beim „Rückblick und Ausblick“ im Theater das Publikum.

Foto: Matthias Stutte

Robert North ist seit 2010 der Ballettdirektor des Stadttheaters und präsentiert nun in einem großen Fächer die Bandbreite seiner Kreativität. Das beginnt mit den „Brandenburgischen Konzerten“ von Johann Sebastian Bach, hier einfach „Bach“ benannt, entstanden 2003. Ein klassisches Ballett mit Heiterkeit, Leichtigkeit und höfischer Eleganz: In wechselnden Konstellationen bewegen die Tänzer sich über die Bühne und ziehen den Zuschauer in barocke Lebenswelten. Wobei die Bühne und die hellen Kostüme von Luisa Spinatelli – die Männer tanzen mit bloßem Oberkörper – etwas frühlingshaft Leichtes haben. Schon vor knapp 20 Jahren ein großer Erfolg, jetzt wieder.

Vier Rechtecke aus Licht sind die Bühne für „Abstand“ zu Musik von 2Cellos. Die Choreografie von 2020 hat etwas Dynamisches, Jungenhaftes, Freches; ein Männerspaß zu Folk, der in einer irischen Kneipe angesiedelt sein könnte. Bei „Fade Out“ von demselben Duo tanzen drei Frauen sehnsüchtig in drei Lichtkreisen, während im Hintergrund das Tageslicht langsam entschwindet.

Beide Szenen in der Ausstattungsbetreuung von Udo Hesse: Die Tänzer unterscheiden sich in den Farben ihrer Shirts, die Tänzerinnen in den Farben ihrer fließenden Gewänder und bilden dann in ihren Bewegungsabläufen zuerst Gegensätze und fließen schließlich zusammen. Auch hier: Viel Applaus.

Wieder anders der Ausschnitt aus „Fado“, ausgestattet von Luisa Spinatelli. Die Musik zu der Choreografie um eine Frau zwischen zwei Männern (2011) hat die Band Madredeus 1990 veröffentlicht. Sie enthält viele Elemente traditioneller portugiesischer Musik und des Fado und spiegelt das melancholische Lebensgefühl Saudade. Für die Geschichte gibt es wieder großen Beifall.

Drei Jahre zuvor hat Robert North „Tschaikowskys Träume“ aus dem Schwanensee choreografiert. Vor einer menschenleeren Landschaft tanzen vier Männer mit volkstümlich russischer Anmutung. Nach der Pause entführt der Abend seine Zuschauer mit dem Blues „Boom Boom“ von John Lee Hooker nach Amerika. Zwei Stücke hat Robert North zu Kompositionen von André Parfenov choreografiert: „Nachtvariationen“ (2018) und „Chagall Fantasie“ (2015). Ein fliegendes Liebespaar – sie in leuchtendem Pink – lässt vor dem inneren Auge die Bilder von Chagall erstehen.

Einen Ausblick auf die kommende Spielzeit 2022/23 und damit das Jubiläumsjahr der Stadt Krefeld geben die „Seidenweber“. Mit der typischen Mütze fegen und springen sie über die Bühne, als sei ihr Gewerbe ein Leichtes. Der Rekurs auf die fleißigen Handwerker erinnert an die blühende textile Vergangenheit. Auch diese Musik hat André Parfenov komponiert. Die Premiere ist unter dem Titel „Bandoneon-Projekt“ geplant. Darauf darf man sich freuen.

Mit dem Boogie Woogie Man aus „Boom Boom“ und „Arkadien“ (2011) zu Musik von Strawinsky ging es weiter. Die fünf weiß gekleideten Tänzerinnen ernteten für ihre schwebenden, leichten Figuren begeistertes Trampeln.

Den fulminanten Schluss gibt das Ensemble mit „Rumba“ – eine fabelhafte Übersetzung des Flamenco in den Bühnentanz mit fließenden Gewändern von Andrew Storer. Die Choreografie kam 1984 zuerst auf die Bühne in Birmingham; Robert North hat sie 2016 für das Theater neu gefasst.

In jedem Bild zeigen die Tänzerinnen und Tänzer ihr fabelhaftes Können, individuell, im Pas de deux, im Quartett oder Quintett oder als wirbelnde Gruppe von zwölf, die alles beherrscht. Klassischen und modernen Tanz, folkloristische Interpretationen, Boogie-Woogie und eben auch Flamenco. Ein großartiger Abend!

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