Vergessener Künstler Krefelder suchte Abstand von den Nazis: Heinrich Kamps auf Hiddensee

Krefeld · Heinrich Kamps ist als Künstler eher vergessen: Als Akademiker und Lehrender hat der Krefelder eine imposante Karriere gemacht. Dabei spielt die Ostsee-Insel Hiddensee eine wichtige Rolle. Dort gewann er Abstand von den Nationalsozialisten, die ihm zuvor schon übel mitgespielt hatten.

 Eine Perspektive, die vielen Malern in der Künstlerkolonie auf Hiddensee als Motiv inspirierte. Auch Heinrich Kamps liebte die Ostsee-Insel.

Eine Perspektive, die vielen Malern in der Künstlerkolonie auf Hiddensee als Motiv inspirierte. Auch Heinrich Kamps liebte die Ostsee-Insel.

Foto: Norbert Stirken

Für den Krefelder Akademiker und Maler Heinrich Kamps waren die Jahren in der Künstlerkolonie Hiddensee eine Zeit der inneren Emigration. Leib und Leben war von den Nationalsozialisten nicht bedroht, als er in den Jahren 1937 bis 1940 die karge Ostseeinsel als Zufluchtsort nutzte. Freiheitliches Denken und Schaffen war ihm unter dem Druck von SA und Führer-Kult nicht möglich. Dabei hatte seine Karriere so früh und so vielversprechend begonnen.

1896 in Krefeld geboren, berief ihn die Kunstakademie in Düsseldorf schon im jungen Alter von 30 Jahren als Professor in die Einrichtung. Nur vier Jahre später zog es ihn in die Hauptstadt Berlin. Dort avancierte er zum Direktor der Kunstschule in Schöneberg. Das war damals die einzige Kunstschule in ganz Preußen, die Kunsterzieher ausbilden durfte. Er war in seiner Funktion Mitglied der Kommission für die Aufnahme von Studenten und für die Abschlussprüfungen.

Schon 1933 störte die SA den Lehrbetrieb durch einen „tollkühnen Überfall“. Sie unterbrach eine Prüfung und nahm Kamps und die Kollegen Curt Lahs und Gerorg Tappert fest. Das Trio soll kurzerhand die Flucht ergriffen haben. Die Nationale Studentenschaft rief einige Wochen später zum Boykott einer Feier auf, die von Kamps geleitet wurde.

 Heinrich Kamps’ Aquarell „Friedhof auf Hiddensee“.

Heinrich Kamps’ Aquarell „Friedhof auf Hiddensee“.

Foto: Verlag Atelier im Bauerhaus

Nach einer Untersuchung der Vorfälle durch den Kultusminister wurden Kamps und einige Kollegen mehr entlassen. Noch war die akademische Laufbahn des Krefelders aber nicht zu Ende. Das Ministerium übertrug ihm eine Professorenstelle für Glasmalerei und Mosaik an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg. 1937 endete auch diese Episode. Weil Kamps sich standhaft wehrte, in die NSDAP einzutreten, wurde ihm gekündigt. Damit nahm die Drangsalierung erst ihren Anfang. Im selben Jahr beschlagnahmten die Nazis eines seiner Gemälde als entartete Kunst. Das Bild „Rote Blumentöpfe“ ist bis heute verschollen. Kamps musste mit kleiner Rente über die Runden kommen. Mit Kunst am Bau, die ihm sein Bruder und Architekt vermittelte, hielt er sich über Wasser.

 Heinrich Kamps (rechts) im Kreis mit Ewald Mataré (mitte).

Heinrich Kamps (rechts) im Kreis mit Ewald Mataré (mitte).

Foto: Verlag Atelier im Bauerhaus

Für seinen Seelenfrieden verschlug es ihn für die kommenden drei Jahre immer wieder nach Hiddensee. Die Ruhe, die Abgeschiedenheit, die einfachen und ehrlichen Menschen, die Natur mit Strand und Wasser waren Balsam für den Menschen Kamps. Seine in der Zeit entstandenen Bilder sind von rhythmischen Strukturen gekennzeichnet. Die Künstlerkolonie Hiddensee wurde zum Refugium, sein Atelier in Berlin 1943 ein Opfer der Bomben. Viele Arbeiten verbrannten.

 „Die Schmiede auf Hiddensee“ malte Heinrich Kamps als Aquarell. Die Arbeit ist im Besitz der Galerie Remmert und Barth, Düsseldorf.

„Die Schmiede auf Hiddensee“ malte Heinrich Kamps als Aquarell. Die Arbeit ist im Besitz der Galerie Remmert und Barth, Düsseldorf.

Foto: Verlag Atelier im Bauerhaus
 Heinrich Kamps’ Zeichnung „Auf der Woge“.

Heinrich Kamps’ Zeichnung „Auf der Woge“.

Foto: Verlag Atelier im Bauerhaus

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Kamps an den Niederrhein zurück. Im Frühjahr 1946 erreichte ihn der Ruf  zurück an die  Düsseldorfer Kunstakademie, deren Direktor er später werden sollte. 1949 übernahm er die Leitung. Einer seiner Meisterschüler war der in Osterath lebende  Rolf Crummenauer, der später selbst Professor war.  Crummenauer  sorgte in Krefeld für das Relief am Papst-Johannes-Haus. Es verschwand  mit dem Abriss und dem Neubau der heutigen Volksbank. Kamps starb 1954 nach einer Krankheit überraschend in Düsseldorf.

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