Jubiläum für Krefelder Verein 30 Jahre Hilfe und Bücher für Nicaragua

Krefeld · Der „Krefelder Nicaragua Verein O.P.E.N.“ engagiert sich seit 1992 in dem Land, das von Armut und Bürgerkrieg geprägt ist. Nur wenige Organisationen dürfen dort helfen. Die Krefelder haben eine Bibliothek etabliert - mit rund 15.000 Büchern.

 Bernd Rütten mit seiner Tochter Lavinia Ruetten und Gabriel Guerrero, der im Sommer mit seinem Studium anfängt.

Bernd Rütten mit seiner Tochter Lavinia Ruetten und Gabriel Guerrero, der im Sommer mit seinem Studium anfängt.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Seit 30 Jahren engagiert sich der „Krefelder Nicaragua Verein O.P.E.N“ in einem Land, das für Urlauber der Himmel, für seine Bevölkerung oft genug jedoch die Hölle ist. Denn Armut und Kriminalität gehören im mittelamerikanischen Nicaragua zum alltäglichen Leben dazu. Als der Verein 1992 damit begann, sich dort zu engagieren, kam die Bevölkerung aus einem Regime, das vor allem in den USA als kommunistisch galt und deswegen von paramilitärischen Gruppen attackiert wurde, die die Unterstützung und Finanzierung der Amerikaner genossen.

In Krefeld saßen damals ein paar Freunde beieinander und dachten sich, nachdem es ihren eigenen Kindern so gut ging, „wir wollen mal was für andere Kinder machen“, erzählt Bernd Rütten, Vereinsvorsitzender beim „Krefelder Nicaragua Verein“. Michael Prietz, der 2. Vorsitzende, erklärt: „Genau zu diesem Zeitpunkt erreichte uns ein Schreiben des damaligen Erziehungsministers Nicaraguas, in dem er um Unterstützung der Alphabetisierungskampagne in seinem Land bat.“ Zu dieser Zeit konnten nur etwa 20 Prozent der Menschen in Nicaragua lesen und schreiben. Heutzutage sind die Zahlen auf dem gleichen Stand wie in den Vereinigten Staaten, bei etwa 90 Prozent. Aber wie hat der Krefelder Verein dabei geholfen?

„Bücher sind in Nicaragua nichts alltägliches“, erklärt Rütten. „Sie sind selten, kostbar und für die meisten Nicaraguanerinnen und Nicaraguaner unerschwinglich.“ Der Verein habe durch zahlreiche Veranstaltungen in Schulen, Kirchen und Kultureinrichtungen in Krefeld Aufmerksamkeit für das Thema generiert, sodass durch Spenden und plantechnische Ideen die Deutsch-Nicaraguanische Bibliothek in der Hauptstadt Managua unterstützt werden konnte und auch immer noch unterstützt wird. „Man kann sich die Bibliothek aber nicht so vorstellen wie hier. Es ist einfach eine große Halle mit Bücherregalen“, erzählt Rütten. Mit insgesamt rund 15.000 Büchern ist die Deutsch-Nicaraguanische Bibliothek die größte Präsenzbibliothek des kleinen mittelamerikanischen Landes. Mehr als 1300 junge und alte Lesebegeisterte besuchen monatlich den Kinderlesesaal und den Hauptlesesaal, berichten die Verantwortlichen.

 Mit ihm hatte alles angefangen: Juan José, damals sieben Jahre alt. Stolz präsentiert er ein Mathematikbuch, das er kurz zuvor mit einem Bleistift geschenkt bekommen hatte. Den teilte er mit seiner Schwester.

Mit ihm hatte alles angefangen: Juan José, damals sieben Jahre alt. Stolz präsentiert er ein Mathematikbuch, das er kurz zuvor mit einem Bleistift geschenkt bekommen hatte. Den teilte er mit seiner Schwester.

Foto: Krefelder Nicaragua Verein

Mit Unterstützung aus Krefeld ergänzt der Bücherbus die Idee der Bibliothek. Er besucht diejenigen, die in abgelegenen Gebieten Nicaraguas leben. Sein Weg führt ihn zu den Kindergärten und Schulen auf dem Land. „Einige Vereinsmitglieder konnten sich bei einem Besuch im Jahr 2018 in Nicaragua von der wertvollen Arbeit in den von uns unterstützten Projekten überzeugen“, berichtet Rütten. Er erinnert sich an die strahlenden Gesichter der Kinder, als der Bücherbus das Gelände erreichte und sie sich endlich wieder neue Lektüre aussuchen konnten. Mittlerweile fährt der Bücherbus einmal pro Monat in die ländlichen Regionen Nicaraguas.

2018 gab es jedoch auch bürgerkriegsähnliche Zustände in Nicaragua. Im April des selben Jahres beschloss Präsident Ortega, die Kassen der Sozialversicherung mit einer fünfprozentigen Kürzung der Rente zu entlasten. Das führte in nahezu allen Städten des Landes zu Protesten. Die Einsatzkräfte schossen mit scharfer Munition, um den Unruhen entgegen zu wirken, was bis Ende April 26 Toten forderte, berichtet der Verein. Weitere Demonstrationen und Unruhen aus den verschiedensten Gründen schaukelten die Lage weiter auf. Bis Anfang Juli stieg die Zahl der Toten auf 250. In einem Eilverfahren peitschte die Regierung ein Gesetz durch, durch welches auch friedlicher Protest als Terrorismus bestraft werden kann.

„Wir sind eines der wenigen Projekte, die noch in Nicaragua helfen dürfen. Der Präsident hat jegliche Hilfsprojekte von außerhalb untersagt, da wir aber die Bibliothek unterstützen, dürfen wir noch weiter arbeiten“, sagt Rütten. Um den Einschränkungen weiter zu trotzen, baut der Verein noch auf eine andere Taktik: „Wenn wir nicht mehr dorthin dürfen, kommen sie halt zu uns“, erklärt der Vereinsvorsitzende. Gemeint sind drei Nicaraguaner, kurz „Nicas“, welche zum Studieren und Fortbilden nach Deutschland gekommen sind. „Aus dem einen Jahr, das sie kommen wollten, sind jetzt schon dreieinhalb Jahre geworden“, erzählt Bernd Rütten. Auch um die Versorgung der drei „Nicas“ kümmert sich der Verein.

„In Nicaragua fehlt es nach wie vor an Büchern, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Der Verein finanziert sich ausschließlich durch Spenden und ist unter anderem durch die Förderung von Kunst und Kultur ins Vereinsregister eingetragen und vom Finanzamt Krefeld als gemeinnützig anerkannt“, erklärt Rütten. Eine Jubiläumsfeier des Vereins soll im Sommer stattfinden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort