Krefelder Künstler Krefelder Hochsitz für den Kunstpalast

Krefeld · Die Ausstellung „Die Große“ im Düsseldorfer Museum Kunstpalast zeigt erstmals auch Skulpturen und Installationen im Außenbereich. Ein Blickfang ist der Hochsitz von Monika Nelles. Eine Variante war im vergangenen Jahr bei der Rhine Side Gallery am Uerdinger Rheinufer zu sehen.

Ein grandioser Blick auf den Brunnen und die Grünanlage des Ehrenhofs.

Ein grandioser Blick auf den Brunnen und die Grünanlage des Ehrenhofs.

Foto: Nelles

Der erste Eindruck war tiefe Ruhe: Der weite Himmel über einer symmetrischen Gartenanlage mit einem Brunnen im Zentrum: „Von diesem Ort geht eine Gelassenheit aus, die sich überträgt: Er ist ein geschlossener Raum, der keine Bedrängung oder Enge ausstrahlt“, sagt Monika Nelles. Sie hat sich Zeit genommen, um die Situation im Düsseldorfer Ehrenhof auf sich wirken zu lassen. Dann stand ihr Konzept: Die Krefelderin gehört zu den von einer Jury ausgewählten Kunstschaffenden, die bei der Ausstellung „Die Große“ der Museumsstiftung Kunstpalast mitwirken. Erstmals ist in diesem Jahr auch der Außenbereich, der Ehrenhof, eine Bühne für die Kunst.

Neben  dem Eingangsportal des Museums hat Monika Nelles einen Hochsitz errichtet. „Die Soundbox meiner Stille“ heißt das Werk. Es ist eine Abwandlung eines der drei Hochsitze, die Nelles im vergangenen Jahr für die Rhine Side Gallery am Uerdinger Rheinufer entworfen hat. Im Sinne des Krefelder Perspektivwechsels konnten Neugierige damals über eine Holzstiege ins Innere klettern und durch die Ausgucke unterschiedliche Rheinpanoramen wahrnehmen. „Ich habe nicht viele Änderungen vornehmen müssen“, sagt Nelles. „Ich wollte dem Ort die Bühne bieten, dass man ihn vom Boden losgelöst erfasst. Diese Erhöhung, um auf die Welt zu schauen, ist heute nur Jägern und Priestern vorbehalten.“

 Die Installation „Die Soundbox meiner Stille“ vor dem Eingang des Museums Kunstpalast. Dort haben bis vor kurzem noch Skulpturen von Tony Cragg gestanden. Über dem Eingang ist die liegende „Aurora“ von Arno Breker zu sehen. „Künstler reagieren mit ihren Mitteln auf die Zeit, auf ihre Fragen, Schönheiten und Katastrophen“, sagt Monika Nelles.

Die Installation „Die Soundbox meiner Stille“ vor dem Eingang des Museums Kunstpalast. Dort haben bis vor kurzem noch Skulpturen von Tony Cragg gestanden. Über dem Eingang ist die liegende „Aurora“ von Arno Breker zu sehen. „Künstler reagieren mit ihren Mitteln auf die Zeit, auf ihre Fragen, Schönheiten und Katastrophen“, sagt Monika Nelles.

Foto: Nelles

1,50 Meter über dem Boden – weitaus niedriger als übliche Jägerhochsitze – ist dieser Ausguck angesiedelt. „Es ist ein Angebot auch an Vorsichtige“, sagt die Künstlerin. Die Holzkonstruktion ist von außen wenig spektakulär, allenfalls die gute handwerkliche Verarbeitung fällt auf. Und der rote Plastikpunkt auf dem Dach, der an die „Info- und Meetingpoints“ erinnert. „Einzeln betreten“ empfiehlt ein Hinweisschild. „Allein sein ist schon wichtig, um den Raum zu erleben“, findet Nelles. Das Hineinsteigen ist der erste Schritt auf ein Terrain, von dem niemand weiß, was ihn erwartet.

Symmetrie Fehlanzeige. Das Sonnenlicht, das durch die Dachluke strömt, malt Muster aufs Holz.

Symmetrie Fehlanzeige. Das Sonnenlicht, das durch die Dachluke strömt, malt Muster aufs Holz.

Foto: Nelles

Drinnen wirkt der Holzraum geräumiger als der Blick von außen vermuten lässt. Gerade Linien und Symmetrien werden gebrochen, so malt das Licht, das von außen einfällt, nicht so leicht kalkulierbare Muster. Blaue Farbstreifen auf dem Holz sind von der Künstlerin festgehaltene Schatten. Spuren aus einer anderen Zeit. Neu ist ein kreisrunder Ausschnitt in der Decke. „Mein Pantheon“, nennt Nelles ihn. üppig ergießt sich so bei klarem Himmel das Sonnenlicht in den Raum. „Wer es wirken lässt, bekommt ein Empfinden für Raum und Zeit“, sagt Nelles. Innehalten an einem Ort, an dem man Raum und Zeit enthoben ist, das ist Nelles’ Anliegen. „Kunst im öffentlichen Raum ist ein besonderes Angebot, das alle Menschen anspricht. Zumal, wenn es Kunst für eine temporäre Zeit ist: Sie lässt einen gewohnten, vertrauten Ort anders wirken. Der Betrachter kann, wenn er will, für kurze Zeit seinen Zeitplan ändern und sich auf etwas einlassen, seine Gewohnheiten durchbreche. Vielleicht etwas in Frage stellen, was als selbstverständlich galt. Vielleicht entdeckt man einen unbekannten Fleck.“ Kunst im öffentlichen Raum entdecken immer mehr Städte als Chance, den Blick zu verändern auf gewohnte Strukturen. „Und als Möglichkeit, ein nicht vorsortiertes Publikum anzusprechen – ohne Eintritt“, sagt Nelles. Nicht auf die geschulten Blicke von Museumsgängern, sondern auf die Spontaneität von Passanten zielt sie. Und auf die Wiederentdeckung von Werten, die verloren zu gehen drohen. „Ein kleiner Raum, in dem man allein mit sich ist, sich selbst erleben kann und aushalten muss – wo gibt es das noch außer im Kloster und im Gefängnis. Telefonzellen sind verschwunden und die klassische Nasszelle gibt es nicht mehr.“ Sie hat einen Ort geschaffen, an dem man alleine sitzen und so viel Welt zulassen kann, wie man möchte. Zumindest bis zum 4. August.

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