Nachwuchssorgen bei den Glücksbringern in Krefeld „Schornsteinfeger ist ein Traumberuf“
Krefeld · Marcus Lingen ist mit Leib und Seele Schornsteinfeger – und wirbt daher für seinen Beruf. Denn das Interesse beim Nachwuchs schwindet. Dabei sei der Job vielfältig: Man sei Energieberater, Maurer und Heizungsexperte.
Wenn Marcus Lingen, der Vorsitzende der Kreisschornsteinfeger Krefeld, über seinen Beruf redet, dann ist viel Begeisterung und Herzblut, ja Liebe spürbar. „Es ist für mich der tollste Beruf der Welt. Ich habe viel mit Menschen zu tun, es ist extrem vielfältig und macht wirklich jeden Tag Spaß“, schwärmt er. Und doch gebe es, wie in vielen anderen Berufen, massive Nachwuchsprobleme. „Als ich meine Lehre gemacht habe, da hatten wir in der Ausbildungsklasse, respektive im Jahrgang, 100 Lehrlinge. Heute sind es in guten Jahrgängen noch 50“, erzählt er.
Über die Gründe kann er nur spekulieren. „Ich denke, das Hauptproblem ist, dass die Menschen nicht wissen, was wir eigentlich genau tun. Fragt man auf der Straße, was ein Schornsteinfeger macht, dann kommt als Antwort meist: ,Sie bringen Glück‘. Fragt man weiter, heißt es oft: ,Der kommt zwischendurch mal und bringt eine Rechnung‘. Aber die Tätigkeiten benennen können nur wenige“, sagt Lingen.
Dabei sei es heute mit dem klassischen Fegen nicht getan. „Natürlich tun wir das auch. Aber diese Arbeit spielt heute eine viel geringere Rolle, als in der Vergangenheit. Wir sind Energieberater, wir prüfen und messen Heizungssysteme. Wir bauen teilweise – mit Zusatzqualifikation – Kamine und Schornsteine wie die oft zu sehenden Edelstahlkonstruktionen an Außenwänden von Häusern für Kaminöfen. Wir führen kleine Maurerarbeiten aus oder sorgen für Warnmelder für Kohlenmonoxyd. Wir haben eine riesige Bandbreite von Aufgaben und sind beispielsweise ganz wichtige Player im Bereich des Umweltschutzes und der Energiewende“, erläutert er.
Dabei sei – Stichwort Energiewende – der Beruf auch zukunftsfähig. „Viele Menschen haben den Gedanken, wir würden bald keine Schornsteine mehr zu reinigen haben. Aber wir reinigen zum Beispiel auch Lüftungsanlagen oder sind mit der Zusatzqualifikation als Energieberater gut vorbereitet auf neue Formen der Heizung und Energieversorgung“, betont Lingen.
Voraussetzung für den Beruf sei, auch wenn heute seltener auf Dächer gestiegen werde, als in früheren Jahren, dennoch Schwindelfreiheit. „Generell haben heute die meisten Häuser entsprechende Wartungsklappen und dergleichen. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass wir noch auf das Dach steigen müssen. Auch, um Schornsteine auszubessern und dergleichen. Darum ist es unerlässlich, dass man sich sicher in der Höhe bewegen kann“, sagt er. Auch eine gewisse körperliche Fitness sei nötig. „Ich bin sicher auch nicht mehr so drahtig wie früher, aber es liegt in der Natur der Sache, dass man zum Reinigen eines Kamins eben bis unter oder sogar auf das Dach steigen muss. Treppensteigen ist also tägliches Business. Dafür spart man dann das Fitnessstudio“, scherzt er.
Was Lingen an dem Beruf vor allem reizt? „Ich glaube, am spannendsten finde ich die Abwechslung in der Arbeit mit den Kunden. Wir sind ja quasi per Definition bei allen Menschen zu Hause, die im Bezirk wohnen. Da kommt man manchmal vom Professor Doktor zum Bürgergeld-Empfänger. Bei manchen Menschen ist man der Diener, der einfach seinen Job machen soll, beim nächsten wird man persönlich und freudig begrüßt und erstmal zum Kaffee eingeladen. Diese Breite der Kunden, das ist etwas, an dem ich total Spaß habe“, sagt er.
Auch die Verdienstmöglichkeiten seien sehr gut. „Hier zeigt sich natürlich auch der Arbeitsmarkt. Die Löhne steigen seit Jahren stetig. Für uns Bezirksschornsteinfeger, also die Arbeitgeber, ist das natürlich manchmal schwierig. Andererseits zahlen wir aber gern gutes Geld für gute Arbeit. Ein Einstiegsgehalt liegt tariflich bei 2100 Euro netto für einen Single. Manche Betriebe zahlen sogar noch ein paar Euro mehr. Es geht dann in sieben Stufen hoch bis rund 2800 Euro netto für Junggesellen. Wer verheiratet ist und Kinder hat, der hat gut über 3000 Euro raus“, erläutert er.
Darüber hinaus bestehe mit den entsprechenden Qualifikationen die Chance, sich auf einen Posten als Bezirksschornsteinfeger zu bewerben. „Allerdings muss man hier stets die entsprechenden Fortbildungen machen und die nötigen Punkte sammeln, sonst kann man den Posten auch wieder verlieren“, erklärt der erfahrene Schornsteinfeger und ergänzt: „Früher war das einmal mehr oder minder auf Lebenszeit, aber heute sind die Positionen durchaus umkämpft und es gilt, einen bestimmten Punktewert zu erreichen“, sagt er. Die Verdienstmöglichkeiten seien in diesem Fall aber naturgemäß noch um einiges höher denn als Angestellter – die Mühe lohne sich also durchaus.
Lingen wirbt beim Nachwuchs ausdrücklich dafür, den Beruf in Erwägung zu ziehen. „Es ist wirklich ein toller Job mit guten Perspektiven. Auch gibt es keine formalen Einstellungsvoraussetzungen. Aber klar sind Physik oder Chemie nicht ganz unwichtig. Wir qualifizieren aber in diesen Bereichen auch“, betont er. Gern stehe er, ebenso wie seine Kollegen, für Informationsgespräche zur Verfügung. „Interessenten können sich bei uns melden, oder uns auch einfach mal beim nächsten Kehrtermin ansprechen. Ich kann nur sagen: Keine Angst vor dem schwarzen Mann“, sagt er grinsend. Der Spaß am Beruf scheint auch hier durchaus durch.