Krefeld Krefelder jagt weltweit Sonnenfinsternisse

Krefeld · Norbert Jachtmann hat eine ungewöhnliche Leidenschaft: Wann immer irgendwo auf der Welt eine Sonnenfinsternis ansteht, packt ihn die Reiselust. Im März reist der Krefelder Kirchenmusiker, bekannt auch als Glockensachverständiger der Bistümer Aachen, Essen und Köln, zur Sonnenfinsternis auf die Färöer-Inseln.

2011: So schön war die Sonnenfinsternis über Deutschland
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2011: So schön war die Sonnenfinsternis über Deutschland

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Die Leidenschaft hat ihn in einem Moment gepackt, als wir alle im Sonnenfinsternis-Fieber waren: Am 11. August 1999 gab es eine totale Sonnenfinsternis über Mitteleuropa, und wie so viele andere Europäer auch, starrte damals der Krefelder Norbert Jachtmann, durch eine Sofi-Brille geschützt, fasziniert auf das Himmelsspektakel.

Er war zutiefst bewegt von der Kraft dieses Ereignisses, diese spontane Lichtreduktion, wie es mitten am Tag plötzlich so leise wurde. Von da an war es um Norbert Jachtmann geschehen - er wurde zum "Sonnenfinsternis-Jäger": "Der Moment, wenn der Mond sich über die Sonne schiebt, ist einzigartig. Da bin ich fast immer den Tränen nahe. Es überkommt mich eine Gänsehaut, wie es andere Leute - und ich natürlich auch - beim Gewinn eines WM-Finals haben. Die allgemeine Euphorie vor Ort ist einfach wahnsinnig", sagt Jachtmann.

Es ist ein extrem seltenes Spektakel: Im Schnitt nur alle 375 Jahre kann an jedem Ort auf der Welt mit einer totalen Sonnenfinsternis gerechnet werden, in Deutschland erst 2081. Partielle Sonnenfinsternisse sind allerdings häufiger. Sechsmal ist Norbert Jachtmann seit 1999 bereits gereist, um Sonnenfinsternisse zu beobachten. Unter anderem standen China, Australien, Türkei und Spanien auf seiner Reisekarte.

Spektakuläre Sonnenfinsternis über Asien und den USA
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Spektakuläre Sonnenfinsternis über Asien und den USA

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Foto: afp, DAVID MCNEW

"Man muss manchmal um die halbe Welt fahren, um das Spektakel zu sehen", sagt Jachtmann. Am 20. März 2015 steht seine nächste Reise an. Dann wird Jachtmann per Schiff auf die Färöer-Inseln im Nordatlantik fahren, um die angekündigte totale Sonnenfinsternis zu beobachten, auf die die Szene der "Sofi-Jäger" schon so gespannt wartet. Nach den Berechnungen von Experten wird die Sonnenfinsternis an diesem 20. März außer auf den Färöer-Inseln noch auf Spitzbergen zu sehen sein.

Es ist ein spektakuläres Himmelsphänomen, für das eine besondere Konstellation nötig ist: Bei einer Sonnenfinsternis müssen Erde, Mond und Sonne auf einer Linie stehen. Die Sonne wird dabei von der Erde aus gesehen durch den Mond entweder ganz oder teilweise verdeckt. Man unterscheidet dabei mehrere Arten von Sinnenfinsternis: Bei einer totalen Sonnenfinsternis ist der Mond deckungsgleich mit der Sonne - man sieht dann nur die "Strahlen" der Sonne außen, die sogenannte Korona. Die Beleuchtungsstärke der Sonne für die Erde reduziert sich auf ein Zehntausendstel bis zu einem Hunderttausendstel.

Das Licht auf der Erde verändert sich. Und die Temperatur sinkt, so dass Tiere und Pflanzen Reaktionen zeigen. Vögel hören auf zu singen, tagaktive Tiere gehen in ihr Nachtversteck. Wichtig ist es aber, so betont auch Jachtmann, bei der Betrachtung der partiellen Phasen der Sonnenfinsternis große Vorsicht walten zu lassen. Für die Beobachtung mit bloßem Auge muss man eine Schutzbrille tragen.

Faszinierendes Spektakel am Himmel
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Faszinierendes Spektakel am Himmel

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Bei einer "Ringförmigen Sonnenfinsternis" ist die Sonne größer als der vor ihr stehende Mond, der äußere Rand der Sonne bleibt sichtbar. Das wohl komplizierteste Phänomen ist die "hybride Sonnenfinster- nis" - sie beginnt oder endet aufgrund einer bestimmten Himmelskonstellation als ringförmige Finsternis und geht in die totale über. Bei einer "partiellen Sonnenfinsternis" wiederum wird die Sonne nur teilweise vom Mond bedeckt.

Der bei einer totalen Sonnenfinsternis, wie bald auf den Färöern, auf die Erde fallende Kernschatten des Mondes ist nur einige hundert Kilometer breit, weshalb das Phänomen der Sonnenfinsternis nur jeweils auf einem kleinen Teil der Erde gesehen werden kann. Der Halbschatten des Mondes ist wiederum mehrere tausend Kilometer weit zu sehen - von einem Viertel der Erdoberfläche aus wird also am Vormittag des 20. März eine partielle Sonnenfinsternis gesehen werden können.

Mittlerweile gibt es in Deutschland eine eigene Branche, die von der Beliebtheit der Sonnenfinsternisse profitiert. In Bonn, so berichtet Jachtmann, gebe es ein Reisebüro, das sich auf Touren in Länder konzentriert, in denen Himmelsphänomene betrachtet werden können - Flüge zum Polarlicht etwa oder Astrotouren nach Namibia. Der Himmel auf der Südhalbkugel sei aber nicht so spektakulär wie der auf der unserer Nordhalbkugel, sagt Jachtmann: "Das wissen viele gar nicht, mit welch schönem Himmel wir hier gesegnet sind."

Jachtmann wird diesmal alleine auf die Färöer Inseln reisen. "Meine Frau war in der Türkei dabei und war auch fasziniert." Er könne seinen Urlaub allerdings etwas flexibler nehmen - eine "Sofi" ließe sich nicht verschieben. Also wird er sich alleine in die Fähre setzen und vom europäischen Festland aus aufbrechen, verbunden mit einer großen Hoffnung: "Wie das Wetter an diesem 20. März auf den Färöer Inseln wird, kann man natürlich heute noch nicht wissen." Wenn Jachtmann also großes Pech hat, wird er einen wolkenverhangenen Himmel haben und das Phänomen nicht genießen können.

Sonnenfinsternis im Südpazifik
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Sonnenfinsternis im Südpazifik

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Trösten kann er sich aber damit, dass er auch dann seine Reise nicht ganz umsonst macht: Es gibt noch einen zweiten Grund, warum sich Jachtmann auf die Reise zu den Färöern macht. In Krefeld ist er auch als Kirchenmusiker von St. Anna und Glockensachverständiger bekannt. Jachtmann kümmert sich um die Kirchenglocken der Region und hat sich nun vorgenommen, auf den Färöer Inseln Kirchenglocken zu erfassen.

"Die Kirchenglocken der Färöer sind in Fachkreisen weitgehend unbekannt. Das sind Glocken, von denen man hier nie was hört", sagt er. Seine Leidenschaft für die Musik hat außerdem die Idee in ihm reifen lassen, ein "Orgelkonzert zur Sonnenfinsternis" in Tórshavn, der kleinsten Hauptstadt der Welt, am Vorabend der "SoFi" zu spielen. Er hat Kontakt zum dortigen Organisten aufgenommen, der ihm auch Zugang zu einigen Kirchtürmen und Glocken ermöglichen wird.

Ein weiterer Kontakt wurde zu einer Auswandererin aus Köln geknüpft, die auf den Färöer-Inseln lebt. Jachtmanns Traum: Den Färingern und den Sofi-Freunden aus aller Welt seine Orgelimprovisationen zur Finsternis an ganz besonderem Ort vorspielen zu können. "Manche mögen das verrückt nennen, aber ich freue mich sehr auf diese Reise", sagt Jachtmann - und im August 2017 fliegt dann auch die Familie mit zur nächsten Sofi: in die USA.

(RP)
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