Krefeld

Die ersten Schritte fühlen sich fremd an. Das ist museales Neuland. Wer die Glastür am Eingang passiert, muss sich entscheiden, ob es links oder rechts weitergeht. Zwei neue Treppen aus hellem Terrazzomarmor empfangen den Besucher künftig im Kaiser-Wilhelm-Museum. Die gläserne Trennscheibe fehlt noch, aber man ahnt bereits, dass das Entree hell und freundlich werden wird. Hinter dem Glas öffnet sich ein großzügiger Empfangsbereich: Hier werden Kasse, Tresen und Museumsshop entstehen. Auch im neuen Gastronomiebereich, offen gehalten zum Museum, ist Helligkeit das Prinzip. "Die Gastronomie ist zurzeit noch ausgeschrieben", sagt Museumsleiter Martin Hentschel.

Über die Treppenhäuser, für die der offene Aufgang, der beim großen Museumsumbau in den 1960ern errichtet worden war, gewichen ist, geht es in die Ausstellungsetagen. Die Treppen enden jeweils in einem großzügigen Vorraum, der Platz für kleinere Veranstaltungen bietet. Die Rundgänge durch die Ausstellungsräume sind wie gewohnt - und doch ein bisschen anders. Jetzt gibt es keine "toten Flecken" mehr, keine Räume, die für Lagerzwecke zweckentfremdet werden mussten. "Die Fläche der zwei Lagerräume haben wir dazugewonnen. Das gleicht den Platzverlust aus, den der Einbau des Treppenhauses und der Technik gebracht hat", sagt Hentschel. Denn die Technik entspricht den Normen moderner Museen - und ist für den Besucher unsichtbar. Die Heizung liegt unter dem Fußboden - dafür sind aufwändig Marmorplatten entfernt und wieder neu verlegt worden -, die Klimageräte und Kabel verschwinden in Wandfächern, die kaum sichtbar sind.

Jeder Raum hat hier sein eigenes Gesicht, sprich: seine eigene Decke. Das war eine der angenehmen Überraschungen, die die Sanierung des1897 erbauten Gebäudes an den Tag brachte. In früheren Zeiten waren die Decken abgehängt worden. Jetzt haben die Räume nicht nur an Höhe gewonnen: Kassettendecken, Stuckstrukturen und Balken geben jedem Raum einen unverwechselbaren Charakter. "Das haben wir im Leuchtsystem aufgefangen, das jeweils auf die Decke abgestimmt ist", erklärt der Museumschef.

Eine weitere Sanierungssünde der Vorväter ist jetzt ausgemerzt worden: Die Brüstung im großen Ausstellungssaal ist wieder angehoben worden. Die Fenster sind in Über-Kopf-Höhe. "Das ist der Zustand von 1910", sagt Hentschel. Später waren die Fenster vergrößert worden. Helligkeitseinbußen bringe der Rückbau nicht. Im Gegenteil: Die Kunst ist nun weniger dem schädlichen UV-Licht ausgesetzt, die Abdunkelung muss nicht immer heruntergelassen werden.

Zu den großen Finessen gehören hochmoderne Lichtfilter-Fenster für das Glasdach, die jeweils nach dem steilsten Sonnenstand ausgerichtet sind und bei höchster Lichtdurchlässigkeit die UV-Strahlen maximal absorbieren. "Da sind wir dem Vorbild des Braunschweiger Museums gefolgt", so Hentschel. Von Funktionalität und Attraktivität ist der Museumschef überzeugt: "Wir haben zwar keine zusätzliche Ausstellungsfläche gewonnen, aber die Präsentation ist jetzt ökonomischer und zehnmal ästhetischer."

(RP)
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