Kolumne KR wie Krefeld Zum Jubiläum der neuen jüdischen Gemeinde

Krefeld · Die neue Krefelder Synagoge wurde vor zehn Jahren eingeweiht. Bis heute muss sie geschützt werden – von der Polizei und von uns allen.  

 Jens Voss

Jens Voss

Foto: Grafik

Der 14. September 2008 war ein historischer Tag für Krefeld: An diesem Tag ist Krefelds neue Synagoge eingeweiht worden. Nach der Vernichtung von Krefelds jüdischer Gemeinde im Holocaust  gab es  wieder ein Zentrum jüdischer Spiritualität in der Stadt. Am Sonntag feiert die jüdische Gemeinde das zehnjährige Bestehen des Gotteshauses, und es ist ein Tag des Glücks, der Trauer, der Wut und der Entschlossenheit.

Glück: Vor zehn Jahren sagte die damalige Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, es sei ein Wunder, dass es wieder jüdisches Leben in Krefeld gebe, wie überhaupt in Deutschland. Nach den Verbrechen der Nazi-Zeit nämlich.

Trauer: Wer den Neubau sieht und würdigt, denkt immer auch an all die zerstörten Leben und an die niedergebrannten Krefelder Synagogen, vor allem natürlich an die zauberhafte Synagoge an der Petersstraße und an die nicht minder wundervolle kleine Synagoge in Linn.

Wut: Immer noch stehen regelmäßig Polizeiwagen vor der Synagoge an der Wiedstraße, immer noch ist die Synagoge auch ein Hochsicherheitstrakt mit Sicherheitsschleuse. Es ist immer ein bisschen beklemmend,  den in Wahrheit sehr schönen Komplex zu betreten. Tür auf; Eintritt in den Schleusenraum. Tür hinten zu. Tür vorne auf, damit niemand ungebeten ins Gebäude stürmen kann. Es gibt eben immer noch Judenhass, von Neonazis, von Islamisten, und immer noch müssen Juden in Deutschland beschützt werden. Nichts hat sich an der Dringlichkeit geändert, mit der vor zehn Jahren der damalige NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) in Krefeld vor Antisemitismus warnte: „Den Reichtum an Möglichkeiten durch jüdisches Leben in Nordrhein-Westfalen lassen wir uns nicht kaputtmachen von Anhängern totalitärer, menschenverachtender Ideologien. Sie dürfen nicht zerbombt werden im Namen einer Religion“, hatte er gesagt.

Rüttgers traf damit einen wichtigen Ton, der zu unserem letzten Punkt führt: Entschlossenheit. Antisemiten sind nicht Feinde der Juden, sondern Feinde der Zivilisation und der Menschheit. Ihnen muss unsere Verachtung, unser Zorn, unsere Kraft zum Widerstehen gelten. Und unsere Erinnerung an den Holocaust. Man trifft keine jüdische Familie, die nicht Opfer des Holocaust zu beklagen hat. Am Ende des Judenhasses lauern Mord und Totschlag – früher wie heute.

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