Krefeld Krefeld wird Modellstadt für Mini-Kraftwerke

Krefeld · Die Vision ist aufregend: Glückt das Experiment, könnte die Lösung für die Energiewende gefunden werden. Krefeld wird Modellstadt in einem NRW-Wettbewerb - die SWK haben das Konzept entwickelt.

 Vordenker in Sachen „Virtuelles Kraftwerk“: Sebastian Rubin (l.) hat das Projekt schon als Student an der Uni begleitet, und Andreas Benz, Leiter der Abteilung Energiemanagement bei den SWK .

Vordenker in Sachen „Virtuelles Kraftwerk“: Sebastian Rubin (l.) hat das Projekt schon als Student an der Uni begleitet, und Andreas Benz, Leiter der Abteilung Energiemanagement bei den SWK .

Foto: Jens Voss

Die Kraftwerke der Zukunft werden wenig größer sein als eine Waschmaschine und im Keller von Privathäusern stehen. Sie werden mit Gas betrieben und über eine Energieausbeute von fabelhaften 90 Prozent verfügen. Und sie werden wirtschaftlich sein, denn alle diese Mini-Kraftwerke werden zentral gesteuert und überschüssigen Strom genau dann verkaufen, wenn die stündlich wechselnden Preise an der Strombörse gut für den Verkäufer sind.

Das ist die Vision, die die Stadtwerke (SWK) Krefeld im Rahmen eines landesweiten Versuchs als eine von sechs Kommunen in NRW testen werden. "Wir haben uns gemeinsam mit unsern Partnern der Stadt Krefeld, der Hochschule Niederrhein und dem Ingenieur Innovative Energieberatung mit unserem Konzept in einem zweijährigen Auswahlverfahren gegen 51 Bewerber durchgesetzt", sagt Andreas Benz, Leiter der Abteilung Energiemanagement bei den SWK. Jede der sechs nun beteiligten Kommunen habe ein anderes Modell für dezentrale Energieversorgung entwickelt - den Wettbewerb dazu hat das NRW-Umweltministerium ausgeschrieben.

Das Krefelder Konzept ist auch ein Beispiel, wie sich Innovation in einem Energieunternehmen durch enge Verbindung zur Universität vollzieht: Das Krefelder Modell wurde maßgeblich mitkonzipiert vom jungen Ingenieur Sebastian Rubin (28). Den Kontakt zu den Stadtwerken knüpfte er zunächst als Praktikant und Werksstudent - daraus wurde eine fruchtbare Arbeits- und Forschungsverbindung. In seiner Bachelor- und auch in seiner Masterarbeit hat er in enger Verbindung mit den SWK kontinuierlich und eng mit der Realität eines Energieversorgers auf dem Themenfeld Dezentrale Energieversorgung gearbeitet und eben das Krefelder Konzept vom "Virtuellen Stadtkraftwerk" mitentwickelt.

Das Virtuelle Stadtkraftwerk ist quasi das Gehirn aller Mini-Kraftwerke, der Ort, von dem sie alle gesteuert werden. "In der alten Technik", sagt Rubin zur Erläuterung, "war bei diesen Mini-Kraftwerken Strom ein Abfallprodukt. Bei uns werden alle Einheiten zentral gesteuert. Den anfallenden Strom geben wir genau dann ab, wenn er gebraucht wird, wenn also zu wenig Strom aus erneuerbarer Energie ins Netz fließt."

Diese Steuerung schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie macht jene Mini-Kraftwerke wirtschaftlich rentabel. Und diese dezentrale Versorgung im großen Stil könnte die Energielücke schließen, die entsteht, wenn kein Wind bläst und keine Sonne scheint, wenn also keine erneuerbare Energie zur Verfügung steht. "Unsere Dezentralen Mini-Kraftwerke sollen künftig in die Gebäudeenergieversorgung und den deutschen Energiemarkt integriert sein", erläutert Rubin seinen Ansatz - er ist mittlerweile bei der SWK als voll ausgebildeter Wirtschaftsingenieur Maschinenbau (RWTH Aachen) angestellt.

Technisch sind diese Mini-Kraftwerke voll entwickelt: Es sind kleine Blockheizkraftwerke mit einer Leistung zwischen fünf und 50 kW. "Wir werden das Konzept zunächst an wenigen Gebäude testen, die wir nach bestimmten Kriterien aussuchen", erläutert Abteilungsleiter Benz. Geeignet sind Mehrfamilienhäuser, getestet werden aber auch öffentliche Liegenschaften wie Turnhallen.

Alle Gebäude liegen eher an der Peripherie der Stadt, abseits vom ebenfalls sehr günstigen und umweltfreundlichen Fernwärmenetz, das Wärme vor allem aus der Müllverbrennung bezieht. "Wir sind überzeugt davon, dass die Zukunft nicht in Großkraftwerken liegt, die unter den heutigen Bedingungen nicht wirtschaftlich betrieben werden können", sagt Benz. Die Zukunft gehöre kleinen Einheiten, die jede Energiequelle optimal ausnutzen - und in den Kommunen könnten das künftig neben der Fernwärme diese Mini-Kraftwerke sein.

Insgesamt werden in der Testphase, die Anfang 2016 startet, rund 300 Haushalte mit Strom aus diesen Mini-Blockheizkraftwerken versorgt. Die Pilotphase dauert bis 2017/ 2018 - danach werden die Ergebnisse aus allen sechs Modell-Kommunen ausgewertet. Das Ziel ist allen gemein: die Energieversorgung Deutschlands neu und effizient zu organisieren.

(RP)
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