Erstmals in Krefeld Lebenshilfe-Sportlerinnen trainieren für Special Olympics

Krefeld · Vier Aktive der Lebenshilfe Krefeld werden im Juli an den baden-württembergischen Landes-„Special Olympics“ in Mannheim teilnehmen. Die jungen Frauen trainieren fleißig, um gute Platzierungen zu erreichen.

 Erstmals trainieren Sportlerinnen der Lebenshilfe für die Special Olympics in Mannheim.

Erstmals trainieren Sportlerinnen der Lebenshilfe für die Special Olympics in Mannheim.

Foto: Lebenshilfe

Immer wieder rundherum: In dem kleinen Park am Ende der Bischofstraße üben Anna, Claudia, Sina und Silke derzeit auf ihren Rädern fleißig für einen besonderen Wettbewerb. Denn die Klientinnen der Lebenshilfe Krefeld werden im Juli an den baden-württembergischen Landes-„Special Olympics“ in Mannheim teilnehmen. Sie sind die ersten Sportlerinnen der Lebenshilfe Krefeld, die sich auf den Weg zu dem Großereignis machen. Dort messen sich Menschen mit geistiger Beeinträchtigung oder körperlicher Behinderung in verschiedenen Sportarten, manche Sportarten sind auch inklusiv.

Die Radlerinnen werden in homogene Leistungsgruppen eingeteilt: „Wichtige Voraussetzung für sportlich faire Wettbewerbe und somit Grundbestandteil des Sportkonzeptes von Special Olympics ist die Klassifizierung. Dadurch herrscht innerhalb der eingeteilten Teams ein vergleichbares Leistungsniveau“, sagen die Mannheimer Organisatoren. Und um das Leistungsniveau geht es auch beim Training in der Seidenstadt. Silke ist an diesem Sonntag schon eher vom Elternwochenende zurückgebracht worden. Gleich nach dem Mittagessen. Denn sie möchte schnell wieder los: Das Training für die Special Olympics ist ihr wichtig. „Ich freu mich schon sehr auf Mannheim“, sagt sie und lächelt. Dann checkt sie ihr Fahrrad im Garten des Wohnhauses.

Inzwischen ist auch Mitbewohnerin Sina nach draußen gekommen: „Hast du eine Luftpumpe?“, fragt Silke. Nein, Sina hat keine. Für einen Nachschlag Luft sorgt dann aber „Headcoach“ Henrik von Bihl. Der Lebenshilfe-Mitarbeiter prüft schnell noch das Rad der temperamentvollen Claudia, die gerade eingetrudelt ist, und pumpt es mit seiner gelben „Joe Blow“ auf. Jede Frau hat ein anderes Rad – die Amateure benutzen halt das, was vorhanden ist.

Zusammen machen sie sich auf den Weg zu ihrem Trainingsparcours und meistern in der Unterführung von der Werkstättenstraße zur anderen Seite der Bahngleise die erste Schwierigkeit. Hier ist es so eng und unübersichtlich, dass die Mädels vorsichtshalber ihre Drahtesel über den schmalen Fußweg schieben. Sie schaffen das so gerade eben, ohne auf die zeitweise stark genutzte Fahrbahn zu treten. Aber das kennen die Radlerinnen schon. Denn sie haben bereits im Frühjahr mit dem Training begonnen. Dieser Sonntag ist schon die vierte Einheit.

Anna, Silke und Sina leben in dem bunten inklusiven Haus an der Werkstättenstraße, das vor drei Jahren als Kooperationsprojekt mit der Wohnstätte Krefeld eröffnet wurde. Henrik von Bihl und Katrin Schmidt arbeiten beide hier. Die vierte im Bunde, Claudia, lebt selbstständig in einer Wohnung in der Innenstadt. Sie fährt regelmäßig mit dem Rad: An diesem Sonntag ist sie von der City nach Linn zum Flohmarkt geradelt, dann nach Oppum, weiter nach Uerdingen und nun zum Trainingsparcours. Dafür haben Henrik von Bihl und Katrin Schmidt einen festen Ablauf entwickelt: Zum Aufwärmen fahren die vier ein paar Runden, machen dann ihre Dehnübungen auf der Wiese und absolvieren ihre Kilometer. Für Anna, Silke und Sina liegt das Ziel bei fünf Kilometern. Also fahren sie erstmal zehn Runden, machen eine kleine Pause, drehen dann weitere sieben Runden. Wer dann noch Lust und Kraft hat, kann sich im Zeitfahren messen.

17 Runden sind das Maß: Eine Runde 300 Meter – 17 Runden 5100 Meter. Und mit fünf Kilometern können Anna, Silke und Sina bei dem Wettbewerb in die Qualifizierung gehen. Je nach Tempo werden sie in die verschiedenen Gruppen eingeteilt, deren Mitglieder gegeneinander antreten. Claudia, die so viel Übung hat, wird in Mannheim direkt in die Gruppe mit zehn Kilometern eingeordnet. Das Motto des Trainingsprogramms: „Wir wollen alles unter einen Hut bekommen“, sagt von Bihl. Also Technik – wie trete ich am besten an? Dann Konstanz – „Die Frauen sollen ihr eigenes Tempo finden“, und Kondition – „Sie sollen ihre Kräfte so einteilen, dass sie am Ende noch mal etwas Tempo zulegen können.“ Eine Alternative für die Trainingseinheiten im Freien ist die Muckibude: Bei Regen wird drinnen geradelt. Bislang musste das Quartett aber noch nicht ausweichen.

Am Fahrstil sind die Temperamente der Frauen abzulesen. Die flotte Claudia überholt die anderen gerne – und muss schon mal einen Schlenker über die Wiese in Kauf nehmen. „Claudia ist ehrgeizig“, so der Trainer. Sina, die sich auch bei den Dehnübungen als die Gelenkigste überhaupt erweist, hat einen ganz weichen, geschmeidigen und gleichmäßigen Stil auf ihrem roten Rad: „Das war gar nicht anstrengend“, sagt sie. Sie schafft es sogar, nach ein paar Runden den Ärger am Vormittag für eine kurze Zeit zu vergessen und im Fahrtwind hinter sich zu lassen. Silke zeigt mit ihrem geraden Rücken Haltung und Selbstsicherheit. Sie unternimmt auch oft mit ihren Eltern Fahrradausflüge und ist sich sicher: „Ich schaffe das!“

Noch ein paar Trainigseinheiten sind zu absolvieren, bis die Räder auf Hochglanz gebracht werden. Dann kommen sie auf einen Anhänger, den Silkes Vater zur Verfügung stellt. Den Bus leiht das Haus St. Peter der Lebenshilfe dem ambitionierten Team, den Löwenanteil der Kosten übernimmt die Stiftung. Und am 12. Juli geht es auf den Weg nach Mannheim.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort