Kr Wie Krefeld Krefeld und die Flüchtlinge

Krefeld · Wo steht die Stadt? Wie ist die Stimmung? Kippt sie? Oder bleibt sie stabil humanitär ausgerichtet? Versuch eines Stimmungsbildes.

Der Schock von Köln beschäftigt das Land; speziell Krefeld muss sich darauf einrichten, weitere Flüchtlinge aufzunehmen; die Forstwalder werden gar eine Zeltstadt mit bis zu 1000 Flüchtlingen bekommen. Wie ist die Stimmung? In etwas unscharfer Formulierung wird gern die Frage gestellt, ob die Stimmung "kippt" - das klingt gleich grundlegend, umstürzlerisch, dramatisch. Für Krefeld darf man sagen: Sie kippt nicht.

Der humane Impuls, Flüchtlinge mitfühlend aufzunehmen, ist im Kern stabil und intakt, und zwar über Parteigrenzen hinweg und bis tief in Vereine, Verbände und Initiativen hinein. Bemerkenswert war die Konsequenz, mit der der SPD-Politiker Hans Butzen für Hüls und der CDU-Politiker Marc Blondin für Traar unmissverständlich die Haltung zu Flüchtlingen als Nagelprobe für humanitäre und christliche Werte festschrieben. Oberbürgermeister Frank Meyer hat beim Neujahrsempfang realistisch Ängste und Sorgen aufgegriffen, aber auch keinen Zweifel daran gelassen, dass die Aufnahme von Flüchtlingen eine humanitäre Pflicht ist.

Sicher ist der Blick durch Köln geschärft - die Forstwalder etwa haben zu Recht darauf gedrängt, dass bei einer Zeltstadt von 1000 Menschen über Sicherheitsstandards geredet werden muss, und es war unbefriedigend, dass Regierungspräsidentin Anne Lütkes die Leute auf April vertröstet hat. Sicherheit ist kein Nebenbei-Thema. Der Staat hat hier eine Bringschuld und muss nach Köln Vertrauen zurückgewinnen. Es wäre besser gewesen, wenn die Behörde Zahlen, Daten, Fakten hätte nennen können. Dennoch konnte auch dort trotz hitziger Debatte von "Stimmung gekippt" nicht die Rede sein.

Der Eindruck von der Krefelder Stadtgesellschaft ist: Die Leute sind nicht naiv, sehen Probleme und Risiken, wenn so viele fremde Menschen kommen, doch wird der Blick nicht getrübt für Not und Elend so vieler, die Schlimmes hinter sich haben und einen Neuanfang suchen. Überblickt man alle öffentlichen Äußerungen und all die Initiativen in Vereinen, Verbänden, Kirchen und Wirtschaft, so verfestigt sich das Bild: Es gibt in der Stadt viel positive Energie, die von Mitgefühl und Verantwortung gespeist wird. Dieser Befund ist keine Schönfärberei, sondern realer und beständiger als alle Rüpelein, die man bei Facebook auch lesen kann. Jens Voss

(RP)
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