Gymnasium erinnert an NS-Verbrechen Fabritianum-Kurs baut Mahnmal für verfolgte Homosexuelle

Im Roze-Zaterdag-Jahr erinnern Schüler mit einer Statue an das Leid der Homosexuellen im Dritten Reich. Zur Vernissage kommt auch die Bürgermeisterin.

 Die Kunstschüler des Gymnasiums beim letzten Feinschliff mit Lehrerin Jessica Schwens (2.v.l.)

Die Kunstschüler des Gymnasiums beim letzten Feinschliff mit Lehrerin Jessica Schwens (2.v.l.)

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Um zu erklären, warum er am Bronzemann mitwerkelt, nimmt Jonas den Bundespräsidenten beim Wort. „Für die Homosexuellen war der 8. Mai 1945 nicht wirklich ein Tag der Befreiung“, sagt der 18-jährige Schüler des Gymnasiums Fabritianum. „Ihre Diskriminierung ging nach dem Krieg weiter.“ Frank-Walter Steinmeier hat vor einem Jahr das gleiche gesagt, bei einem Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen. „Es ist schade, dass zum Holocaustgedenktag noch kein Homosexueller im Bundestag sprechen durfte“, sagt Jonas. Weil in Deutschland zu wenig an das Leid von Homosexuellen während der NS-Zeit erinnert werde, wollen das nun 13 Uerdinger Schüler übernehmen. Dazu stellt der Kunstkurs der 12. Klasse am kommenden Mittwoch, 3. April, eine Gipsstatue aus, die sie im Kunstunterricht gebaut haben.

„Ich bin wirklich gerührt von meinem Kurs, die Schüler haben das Projekt sogar in ihrer Freizeit freiwillig weiter vorangetrieben“, sagt Jessica Schwens, Lehrerin für Kunst und Sozialwissenschaften am Fabritianum. Wochenlang haben die Jugendlichen an der Statue gewerkelt. Einer der Schüler hat seinen Oberkörper mit Gips abgeformt. Das Innere wurde mit Bauschaum gefüllt, anschließend befestigte der Kurs die Statue auf einer Karte, die alle Orte zeigt, an denen in der NS-Zeit Homosexuelle interniert waren. Der Körper wurde mit Bronzefarben bemalt, er stellt einen Homosexuellen dar, der aus der Karte herausbricht. „Damit wollen wir zeigen, dass es für Homosexuelle nach 1945 extrem schwer war, in der Öffentlichkeit als wirkliches Opfer zu gelten“, sagt Schwens. „Einige Menschen waren auch nach dem Krieg der Meinung, es war vollkommen richtig, dass Männer, die Männer lieben, im KZ gelandet sind.“ In den nächsten Tagen ist jetzt der Feinschliff der Statue dran, damit das Mahnmal pünktlich zur Vernissage am Mittwochabend fertig wird. Los geht es um 19 Uhr.

Dann kommt hoher Besuch in das Uerdinger Gymnasium. Die Schule hat unter anderem Frank Müller (SPD) eingeladen, Landtagsabgeordneter und zuständig für Queerpolitik, ebenso Bürgermeisterin Karin Meincke. Auch Jürgen Maas, Leiter des Fachbereiches Schule der Stadt Krefeld und Stefan Holtschneider von der Bezirksregierung haben sich angekündigt. „Wir sind froh, dass das Projekt auf so großes Interesse stößt“, sagt Schwens. Die Skulptur soll erst einmal im Fabritianum ausgestellt werden, später dann an andere Schulen in Krefeld und Nordrhein-Westfalen wandern. Mit einigen Einrichtungen führt das Fabritianum bereits Gespräche.

Vor etwa drei Monaten trat Schwens Kollege Thomas Tillmann an sie heran und regte das Projekt an. „Das passte sehr gut zum Roze-Zaterdag-Jahr“, sagt er. Der 50-Jährige, selbst homosexuell, hat bereits mehrere Veranstaltungen zum Aktionsjahr organisiert, unter anderem mit der Villa Merländer. Der Roze Zaterdag ist in den Niederlanden ein Aktionsjahr, in dem für Toleranz gegenüber Homosexuellen geworben wird. In diesem Jahr richten die Städte Krefeld und Venlo ihn gemeinsam aus. Die Statue soll nicht nur an die Vergangenheit erinnern, sondern auch für die Gegenwart Mahnmal sein. „Es gibt in Deutschland wieder vermehrt Strömungen, die gegenüber Homosexuellen nicht tolerant sind“, so Tillmann.

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