Rezepte und warum man sie in R-Monaten ißt Der September läutet die Miesmuschelsaison ein

Serie | Krefeld · Für die Freunde einer ganz besonderen Delikatesse aus dem Meer haben die schönsten sechs Monate des Jahres begonnen: Es gibt wieder Miesmuscheln, zum Beispiel beim Fischhändler Zeelandia in der Innenstadt oder in Supermärkten mit Fischtheke. Doch warum soll man sie eigentlich nur in den R-Monaten essen?

 Der Klassiker unter den Muschel-Gerichten: Muscheln „Rheinische Art“ in Weißwein-Brühe.

Der Klassiker unter den Muschel-Gerichten: Muscheln „Rheinische Art“ in Weißwein-Brühe.

Foto: Pixabay

Wir haben bald September, und weil das ein Monat mit einem „R“ am Ende ist, gehört er zu jenen sechs Monaten im Jahr, die als „Muschel-Saison“ gelten. Zumindest in Deutschland. Denn natürlich ist es in Zeiten der Kühltransporter längst möglich, Miesmuscheln auch bei warmem Temperaturen auszuliefern. Und in vielen Ländern ist das auch problemlos möglich, auch außerhalb der Spanne zwischen September und Februar frische Muscheln auf den Teller zu bekommen. Bei uns aber hat die Saison jetzt erst begonnen: Auch in Krefeld und Kempen gibt’s jetzt wieder frische Muscheln, zum Beispiel in den Zeelandia-Fischgeschäften an der Königstraße (Krefeld) und an der alten Schulstraße in der Kempener Altstadt, aber natürlich auch in vielen Supermärkten mit eigener Fischtheke wie etwa Edeka und Co..

In Deutschland hat sich die Tradition bis heute gehalten, dass Restaurants und eine Vielzahl von Fachgeschäften eben nur in den R-Monaten von September bis Februar die Muscheln servieren. Natürlich gibt es Gründe dafür. Der eine Grund ist biologischer Natur: Von Mai bis August haben Meeresfrüchte, zu denen die Muscheln gehören, Laichzeit. Der Laichvorgang kostet die Muscheln gewaltige Mengen an Energie. Deshalb ist das Fleisch der Muschel in diesen Monaten von minderer Qualität als später oder früher im Jahr.

Der Hauptgrund, Muscheln nur in den R-Monaten zu essen ist jedoch ein ganz anderer. Muscheln ernähren sich unter anderem von Algen, und manche Algenarten hinterlassen geringe Mengen Gift im Muschelfleisch. Das ist solange unbedenklich, solange die Konzentration nicht zu stark ist. Wenn im Sommer allerdings die Temperaturen auch im Meer steigen, dann kann es dort zu einer so genannten Algenblüte kommen. Dabei vermehren sich die Algen in großen Massen, die Ursache liegt  häufig in einer Überdüngung des Gewässers durch Phosphat. Die Muscheln jedenfalls filtern dann mehr Algen aus dem Wasser als sonst, und dadurch kann es dazu kommen, dass die zurückgelassene Giftmenge eine ungemein höhere Giftmenge erreicht als sonst. Isst man nun solche Muscheln, kann sich dies gesundheitsschädlich auswirken: von harmlosen Magenbeschwerden bis hin zu sogar tödlichen Vergiftungen. Weil es in den R-Monaten für gewöhnlich kühler ist, ist eine solche Algenblüte nahezu ausgeschlossen. 

Nun soll das natürlich nicht heißen, dass jeder, der Muscheln im Sommer isst, gleich dem Tode geweiht ist. Die Muscheln, die es im Sommer in den Supermärkten zu kaufen gibt, werden strengstens kontrolliert, bevor sie in den Handel kommen. So werden sie nach dem Fang für eine gewisse Zeit in sauberem Wasser gelagert, so dass eventuell aufgenommene Algengifte ausgeschieden werden. Aufpassen sollte man allerdings bei jenen Muscheln, die unmittelbar nach dem Fang beim Fischer frisch erworben werden. Wie frisch sie sind, kann übrigens mit einem einfachen Klopftest geprüft werden: Wenn die Muschen aus der Packung kommen, sind sie meist ganz leicht geöffnet. Wenn man mit einem Löffel leicht gegen die Schale klopft, dann sollten sie sich schließen. Das ist das Zeichen dafür, dass sie lebendig und für den Verzehr geeignet sind.

Ob Muscheln nun gesund sind, darüber lässt sich freilich streiten. Zu 80 Prozent bestehen sie aus Wasser, ihre Kaloriendichte ist mit einem Gehalt von 69 Kilokalorien gering. Für die schlanke Linie sind sie durchaus zu empfehlen: Mit 10,5 Gramm Proteinen pro Hundert Gramm sind sie reich an Eiweiß, während Kohlenhydrate nur 2,4 Gramm ausmachen. Sie haben außerdem einen hohen Anteil an Mineralstoffen und den Vitaminen B1, B2, B6, C und E. Außerdem enthalten die Miesmuscheln große Mengen an Natrium, Kalium und Phosphor, auch Magnesium, Calcium und Eisen sind enthalten.

Ein großer Teil der Miesmuscheln, die es hierzulande zu erwerben gibt, stammt aus den Niederlanden. Seit dem 13. Jahrhundert werden Muscheln bereits in unseren Breiten gezüchtet und gezielt vom Menschen kultiviert. Verbreitet sind sie hauptsächlich in der Nordsee vor den Küsten von Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und Belgien sowie im Atlantik vor Spanien, Frankreich und Portugal. In den Wattenmeeren der Nordseeküste bildet die Miesmuschel ausgedehnte Naturbänke. 550.000 Tonnen Miesmuscheln kommen in jedem Jahr in Europa in den Handel. Etwa ein Fünftel davon stammen aus den Niederlanden, die deutschen Fischer ernten pro Jahr rund 20.000 Tonnen. Als Hochburg gilt das Örtchen Yeserke in der niederländischen Provinz Zeeland, von der die „Zeeuwse Mosselen“ kommen.

Im Ökosystem des Wattenmeers haben die Miesmuscheln die Funktion eines Klärwerks inne. Sie filtrieren in der Regel zwei bis drei Liter Seewasser pro Stunde und filtern daraus Nahrungspartikel und Sauerstoff.  Die Miesmuscheln leben in der Nordsee in der Regel in so genannten Bänken. Dort heften sie sich mit Hilfe starken Fäden, Byssus genannt, auf dem Untergrund fest – in der Regel sind das Steine oder auch Schalen anderer Muscheln. Diese Fäden sind nur schwierig zu lösen; bei starkem Wellengang sorgen sie dafür, dass die Muscheln fest an ihrem Standort sitzen bleibt. Das wiederum geschieht durch einen Heftfuß, der die Muschel an ihrem Untergrund mit einer Art aus Eiweiß produziertem Leim regelrecht festleimt. Vom moosartigen Aussehen jener Fäden haben die Miesmuscheln übrigens auch ihren Namen erhalten: Die Vorsilbe „Mies“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet Moos.

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