Kritik an den Grünen wegen Lützerath „Splitterpartei“ – Krefelds Grüne sehen Althoff-Eintritt in „Klimaliste Deutschland“ gelassen

Update | Krefeld · Die Krefeld Grünen reagieren gelassen darauf, dass Krefelds bekannteste Klimaschützerin, Ratsfrau Björna Althoff, in die Partei „Klimaliste Deutschland eingetreten ist. Die Zusammenarbeit mit Althoff im Rat soll weitergehen, die Klimaliste sei eine Splitterpartei,

Das Gesicht der Klimaschutzbewegung in Krefeld: Björna Althoff, Ratsfrau und Sprecherin von Fridays for Future Krefeld, ist der Partei „Klimaliste Deutschland“ beigetreten.

Das Gesicht der Klimaschutzbewegung in Krefeld: Björna Althoff, Ratsfrau und Sprecherin von Fridays for Future Krefeld, ist der Partei „Klimaliste Deutschland“ beigetreten.

Foto: Björna Althoff

Die Krefelder Grünen haben gelassen auf den Beitritt von Ratsfrau Björna Althoff, zugleich Sprecherin von Fridays for Future Krefeld, in die Partei „Klimaliste Deutschland“ regiert. Noch sehe man die Klimalisten-Partei als Splitterpartei an, und ob sie es schaffe, zur Kommunalwahl anzutreten, sei unklar, heißt in der Fraktionsspitze der Grünen. Die hinter der Klimaliste stehende Bewegung präsentiert sich einstweilen zerstritten in einen Verein und eine Partei, die den gleichen Namen tragen, aber nicht zusammen agieren und auf Distanz zueinander stehen.

Althoff verband ihren Beitritt mit scharfer Kritik an den Grünen auf Landesebene und deren Haltung zu Lützerath und dem Kompromiss mit RWE zum Abbaggern weiterer Braunkohle. Althoff zeigt sich optimistisch, dass bis zur nächsten Kommunalwahl eine eigene Krefelder Klimaliste aufgestellt ist. „Ich kann mir vorstellen, dann in Gartenstadt/ Elfrath zu kandidieren, um dort zu einem entscheidenden Stimmenverlust bei der Partei zu sorgen, die demnächst noch für den Surfpark abstimmt.“ Gemeint ist die SPD. In Elfrath und Gartenstadt gibt es eine ganze Reihe von Kritikern des Surfpark-Projekts.

Zum Hintergrund: Althoff kandidierte 2020 parteilos auf der Liste der Krefelder Grünen für die Kommunalwahl und zog im November 2020 in den Rat ein; anfangs als Teil der Grünen-Fraktion. Althoff verließ dann allerdings die Fraktion, weil sie das Bündnis mit der den Surfpark befürwortenden SPD missbilligte.

„Die Klimaliste Deutschland ist eine sehr junge Partei, die erst 2021 gegründet wurde. Ich fand sie bereits seit Gründung interessant und habe mitverfolgt, wie und wofür sie sich einsetzt. Insbesondere auf kommunaler Ebene gibt es viele Vertreter*innen, die mich inspiriert haben. Ich freue mich auf den gemeinsamen Austausch mit tollen Menschen, die gemeinsam hinter diesem gemeinwohl- und zukunftsorientierten Parteiprogramm stehen“, sagt Althoff.

Wie sich die Klimaliste Deutschland entwickelt, ist unabsehbar.  Die Bewegung präsentiert sich als zerstritten. Entstanden ist sie aus lokalen Klimalisten. Diese lokalen Listen haben sich im Oktober 2020 zu einem eingetragenen Verein „Klimaliste Deutschland“ zusammengetan. Er versteht sich als „Graswurzelbewegung der Klimalisten, die sich an vielen Orten in Deutschland gegründet haben“.  Die Ortsbewegungen verstehen sich dezidiert als unabhängige Wählervereinigungen, „die im Rahmen von Kommunalwahlen antreten, um engagierten Klimaschutz in die Kommunalparlamente einzubringen“.

Bemerkenswert ist: Der Verein ist zur Bundespartei gleichen Namens auf Distanz gegangen. Diese Bundespartei hat sich im Juni 2021 gegründet, und zwar, wie der Verein auf seiner Internetseite betont, „ohne sich mit uns über die Nutzung der Namensrechte zu verständigen. Der Parteivorstand hat es abgelehnt, mit uns eine entsprechende Vereinbarung zu schließen (analog zu unseren Vereinbarungen mit lokalen und Landes-Klimalisten) und die Partei nutzt den Namen daher ohne unsere Zustimmung.“ Klimaliste Deutschland e.V. und die lokalen Klimalisten möchten nicht mit der Bundespartei verwechselt werden, heißt es ausdrücklich. Die lokalen Klimalisten möchten also unabhängig von Parteistrukturen bleiben

Althoff erläutert, ausschlaggebend für den Parteieintritt sei gewesen, dass sich durch den politischen Deal mit RWE und die Öffentlichkeitsarbeit der Grünen dazu viele Klimaschützer, die die Erderhitzung auf 1,5 Grad limitiert wissen wollten, parlamentarisch nicht mehr vertreten fühlten. „Natürlich haben die Grünen am meisten dazu beigetragen, dass der Tagebau nicht noch viel mehr erweitert wird. Dennoch wird die PR-Kampagne der Grünen in der Klimabewegung als verlogen empfunden“, sagt sie.

Alle Argumente der Grünen für den Kompromiss brandmarkte Althoff als falsch. Die Grünen hätten betont, das Abbaggern von Lützerath sei ‚ausgeurteilt’, es gehe um ‚Versorgungssicherheit‘, sie hätten ‚keinen Einfluss mehr’ gehabt und einen vorteilhaften Kohleausstieg ‚schon bis 2030’ herausgedealt. „Davon ist jede Aussage falsch“, so Althoff. Man hätte den neuen Hauptbetriebsplan maximal teilgenehmigen können.  Die Kohle sei für die Versorgungssicherheit nicht notwendig und werde noch nicht einmal kurzfristig gefördert. „Ein Kohleausstieg, bei dem in kurzer Zeit mehr Kohle verbrannt wird als bei einem längeren, immer unwirtschaftlichen nützt dem Klimaschutz nichts und bricht zudem die gesetzlich festgelegten Emissionsbudgets des Energiesektors“, sagt Althoff. Auch wenn eine andere Koalition vielleicht ein noch fataleres Ergebnis hervorgebracht hätte, fühlten sich viele aus der Klimabewegung von den Grünen und ihrer PR-Kampagne verraten. „Ich sehe in der Klimaliste Deutschland gerade die Bundespartei, die den Klimabelang am nächsten an der Wissenschaft orientiert vertritt“, so Althoff weiter.

Die Krefelder Grünen setzen weiter auf eine Zusammenarbeit mit Althoff. „Ich sehe keine Notwendigkeit, dass diese Zusammenarbeit leiden muss“, erklärte die grüne Fraktionssprecherin im Rat, Julia Müller, „letztlich sind wir thematische weiter in der gleichen Richtung unterwegs.“ Für Müller ist es noch zu früh zu sagen, ob die Klimaliste Deutschland die Grünen schwächen wird – ähnlich wie die Abspaltung der Partei Die Linke die SPD massiv geschwächt hat. „Noch halte ich die Klimaliste für eine Splitterpartei; und ob sie 2025 bei der Kommunalwahl antritt, hängt von vielen Faktoren ab. In den zweieinhalb Jahre wird viel passieren.“ Zu Althoffs Vorwurf, die Argumente der Landes-Grünen für den Kohlekompromiss mit RWE seien „verlogen“, sagte Müller: „Ich würde es nicht so nennen, aber es ist ein Teil Realpolitik, und ich kann verstehen, dass Björna Althoff sich daran stört.“

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