Podiumsdiskussionen von Landgericht Krefeld und Rheinischer Post Neue Reihe „Ihr gutes Recht“ . - Was ist gerecht?

Serie | Krefeld · Unter der Überschrift „Ihr gutes Recht“ veranstalten das Landgericht und die Rheinische Post Podiumsdiskussionen zu Rechtsthemen. Beim Auftakt geht es um gerechte Strafen.

 Die Experten in der ersten Veranstaltung der neuen Reihe „Ihr gutes Recht“ (v.l.): Rechtsanwältin Ute Steinbrenner, Guelay Kaya  von der Jugendgerichtshilfe, Eliane Vogt  vom Weißen Ring sowie Richter Johannes Hochgürtel. Titel des Abends: „Was ist eine gerechte Strafe?“

Die Experten in der ersten Veranstaltung der neuen Reihe „Ihr gutes Recht“ (v.l.): Rechtsanwältin Ute Steinbrenner, Guelay Kaya  von der Jugendgerichtshilfe, Eliane Vogt  vom Weißen Ring sowie Richter Johannes Hochgürtel. Titel des Abends: „Was ist eine gerechte Strafe?“

Foto: Fabian Kamp

Erinnern Sie sich? Als die Tennisspielerin  Monica Seles 1993 von einem Mann mit dem Messer angegriffen wurde und sie knapp mit dem Leben davonkam, bekam der Täter zwei Jahre auf Bewährung und verließ als freier Mann den Gerichtssaal. Die deutsche Öffentlichkeit war damals empört über dieses Urteil. Juristen wiederum waren überrascht, denn das Urteil bewegte sich wohl im Rahmen dessen, was bei vergleichbaren Delikten seinerzeit als Strafe angesetzt war. War diese Strafe gerecht? Im Urteil der Öffentlichkeit: Nein.

Um diese Frage soll es bei der ersten Veranstaltung in einer neuen Reihe gehen, die das Krefelder Landgericht und die Rheinische Post starten. In loser Folge soll es um Rechtsfragen gehen - um Themen, die die Menschen und die Fachleute, die Recht sprechen, bewegen, die Angeklagte verteidigen oder nach Verbrechern fahnden. Jedesmal sollen Experten kurze Einführungen in das Thema geben und dann ins Gespräch einsteigen - auch mit den Besuchern und ihren Anfragen an die Justiz.

Die erste Veranstaltung steht unter der Überschrift „Was ist eine gerechte Strafe?“; sie findet statt am Dienstag, 29. November, ab 18 Uhr, in Saal 70 des Landgerichts Krefeld. Der Eintritt ist frei, es wird um eine Anmeldung gebeten an krefeld@rheinische-post.de, Stichwort Ihr gutes Recht.

Die Fachleute diesmal sind Richter Johannes Hochgürtel ,  dann Guelay Kaya vom Fachbereich Jugendhilfe, die im Zusammenhang mit dem Jugendstrafrecht spricht, sowie Eliane Vogt vom Weißen Ring, die die Sicht der Opfer mit einbringt. Über die Stellung und die Rechte eines Angeklagten informiert Rechtsanwältin Ute Steinbrenner, die unter anderem darauf eingeht, dass die Öffentlichkeit  bestimmte Strafen als nicht gerecht empfindet.

Gesprächsansätze gibt es genug. Dem deutschen Recht wird oft vorgeworfen, dass es Delikte gegen Leib und Leben in Relation weniger hart bestraft als Verbrechen gegen Besitz und Vermögen. Unter Druck ist auch das Jugendstrafrecht.  Was als Ausnahme gedacht gewesen sei, dass nämlich 18- bis 21-Jährige auch noch als Jugendliche bestraft werden könnten, sei mittlerweile die Regel, sagen Kritiker. Und grundsätzlich wird dem gesamten Prozesswesen vorgeworfen, mehr am Täter als am Opfer interessiert zu sein.

Zu solchen Fragen werden die Experten Stellung nehmen und dabei auch die Anregungen der Zuschauer aufgreifen. Zur Frage, wie hart eine Strafe ausfallen kann, erläutert Richter Hochgürtel: „Das Gesetz macht nur sehr eingeschränkt konkrete Vorgaben, wie Straftaten zu ahnden sind, indem es – häufig sehr weitreichende - Rahmen vorgibt, in denen sich für bestimmte Taten die Strafen halten müssen. Innerhalb dieser Rahmen muss Grundlage der Strafzumessung die Schwere der Tat und der Grad der persönlichen Schuld des Täters sein.“ In der Frage, wie schwer ein Unrecht zu bewerten sei, spiele es eine Rolle, welche Zwecke die Strafe verfolge. „Es werden hierzu in Rechtsprechung und Literatur verschiedene Aspekte angesprochen, die von Fall zu Fall in ihrer jeweiligen Bedeutung gegeneinander abgewogen werden müssen.“ Diese Abwägung wiederum „ist nicht zuletzt beeinflusst von der persönlichen Sichtweise der Richter“.

Speziell zum Thema Jugendstrafrecht erläutert Guelay Kaya vom  Fachbereich Jugendhilfe der Stadt, „das Jugendgerichtsgesetz stellt den Erziehungscharakter in den Vordergrund“; die Jugendhilfe stelle dabei im Strafverfahren „primär Menschen und nicht die Straftat“ in den Vordergrund. „Unser Ziel ist dabei, straffällig gewordene Jugendliche mit deren Eltern im gesamten Strafverfahren ganzheitlich, unter Berücksichtigung des jungen Menschen, zu begleiten und trotz der Verfehlung einen wertschätzenden Umgang zu wahren.“

Eliane Vogt vom Weißen Ring wiederum lenkt den Fokus auf die Opfer, die oft lebenslang unter einer Tat zu leiden haben. Mehr als 211.000 Menschen fallen laut Vogt jährlich einem Gewaltdelikt zum Opfer. „Während der Täter ab Festnahme auf eine staatlich verordnete Aufmerksamkeit zählen kann, wird das Opfer zumeist einfach vergessen“, beklagt sie. Der Weiße Ring setzt da an. Er  gebe mit seinen 2.800 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 400 Außenstellen den Betroffenen (finanzielle) Zuwendung, Beratung und Unterstützung, „die der Staat nicht leisten kann oder will“, so Vogt.

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