Landgericht Krefeld Prozess um tödlichen Überfall in Fischeln

Krefeld · Der Angeklagte riss einer 84-jährigen Gehbehinderten die Tasche vom Rollator. Die Seniorin stürzte und starb an ihren Kopfverletzungen.

 Das Landgericht in Krefeld (Archivbild)

Das Landgericht in Krefeld (Archivbild)

Foto: dpa/Ina Fassbender

Die Staatsanwaltschaft spricht von einem brutalen Raub: Im Herbst vergangenen Jahres wurde einer 84 Jahre alten Frau in Krefeld die Handtasche vom Rollator gerissen. Dabei wurde das Opfer schwer verletzt. Wenige Wochen später starb die Seniorin auf einer Intensivstation an ihren Kopfverletzungen. Jetzt sitzt einer der beiden mutmaßlichen Täter auf der Anklagebank des Landgerichts. Zum Prozessauftakt bestritt der Mann jegliche Gewaltanwendung. Er habe der alten Dame lediglich die Handtasche aus ihrem Rollator gestohlen, ließ der 27-Jährige von seinem Verteidiger erklären. Daher sei ihm nur ein Diebstahl vorzuwerfen, aber kein Raub mit Todesfolge. Die Beute habe er für den Kauf von Drogen gebraucht.

Laut Anklage stellt sich die Tat anders dar: Der 27-Jährige sei am 4. Oktober 2018 auf einem Rad an der Seniorin vorbeigefahren und habe ihre am Rollator befestigte Handtasche geraubt, in der 500 Euro Bargeld war, das die alte Dame zuvor in der Sparkasse an der Kölner Straße abgeholt hatte. Die gehbehinderte 84-Jährige verlor den Halt, stürzte schwer und erlitt neben den Kopfverletzungen auch einen Trümmerbruch in der rechten Schulter.

Der Täter ließ das bewusstlose Opfer damals liegen und flüchtete mit der Beute. Die Handtasche warf er später in einem Park weg. Seine Mutter habe das Bargeld damals abgehoben, um damit ihre Geburtstagsfeier zu bezahlen, sagte der 58-jährige Sohn des verstorbenen Opfers jetzt am Rande des Prozesses. Ihren 85. Geburtstag erlebte die Krefelderin im Krankenhaus, wo sie zwei Wochen nach der Tat gestorben war.

In der Handtasche der Frau war von den Experten der Polizei ein Fingerabdruck des Angeklagten gefunden worden, der zu seiner Festnahme führte. Gegen einen mutmaßlichen jugendlichen Begleiter des 27-Jährigen wird noch ermittelt. Angaben zu dem mutmaßlichen Komplizen wollte der Angeklagte nicht machen. Er war 2013 aus Serbien nach Deutschland eingereist und hatte einen Asylantrag gestellt. Dabei wurden seinerzeit auch seine Fingerabdrücke erfasst. Wenig später allerdings hatte er den Antrag zurückgezogen und als Wohnungsloser im Bundesgebiet gelebt.

„Das war eine äußerst schäbige Tat“, erklärte Staatsanwältin Anna Stelmaszcyk unmittelbar nach dem Überfall. Die Männer erwartet eine harte Strafe. Raub mit Todesfolge werde wie Mord mit lebenslanger Haft, mindestens aber mit zehn Jahren Gefängnis bestraft.

Ein Glück für die Kripo: Die beiden potenziellen Räuber wurden am Tattag dabei beobachtet, als sie die gestohlene Handtasche im Fischelner Stadtpark in einem Gebüsch verschwinden ließen. Zwei junge Frauen (20 und 23 Jahre alt) konnten genaue Täterbeschreibungen geben. Das Landeskriminalamt fertigte zwei Phantombilder an. Die Tasche wurde von Kindern gefunden. Papiere und andere Gegenstände lagen auf der Erde.

Eine Obduktion ergab zweifelsfrei, dass die durch den Raub erlittene Verletzung der Seniorin todesursächlich war. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Straftat ein gemeinschaftlicher Plan zugrunde gelegen habe. Die gehbehinderte Frau kam am Tattag von der Dialyse, bevor sie das Geldinstitut aufsuchte. Anschließend kaufte sie in einem Supermarkt ein und machte sich auf den rund 1000 Meter langen Weg mit dem Rollator über den dortigen Parkplatz zur Anrather Straße, weiter über die Marienstraße, Clementstraße, Rosenstraße, Willicher Straße und schließlich bis zum Hanninxweg. Elf Wochen ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft intensiv – Mitte Dezember 2018 wurden die Täter gefasst.

Der Prozess wird am 24. Juni fortgesetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort