Evangelische Kirche Präses auf Kreissynode: „Modell Volkskirche funktioniert nicht mehr“

Krefeld · Sollen Pfarrer demnächst nur noch vom Kreis und nicht mehr von Gemeinden eingestellt werden? Um solche und andere Fragen ging es bei der Kreis-Synode der evangelischen Kirche. Gastreferent war das Oberhaupt der Rheinischen Kirche, Präses Thorsten Latzel.

 Präses Thorsten Latzel; das Foto entstand bei der Sommertour des Geistlichen in St. Hubert. Die Kreissynode am Wochenende fand digital per Videokonferenz statt.

Präses Thorsten Latzel; das Foto entstand bei der Sommertour des Geistlichen in St. Hubert. Die Kreissynode am Wochenende fand digital per Videokonferenz statt.

Foto: Norbert Prümen

Die evangelische Kirche ringt um einen Weg in die Zukunft. Die Kirche schrumpft, die Relevanz in der religiös immer vielfältiger werdenden Gesellschaft steht unter Druck. Die Synode des Kirchenkreises Krefeld-Viersen hatte zu diesem Thema einen prominenten Referenten: Thorsten Latzel, der noch relativ neue Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, stellt  das Positionspapier „E.K.I.R. 2030 – wir gestalten evangelisch rheinisch zukunftsfähig“ zur Zukunft der Kirche vor. Eine Kernbotschaft war: Die Zeit der Volkskirche mit flächendeckendem Angeboten in jeder Gemeinde läuft ab. Ein sichtbares Zeichen: In der Diskussion ist, Pfarrer nicht mehr in Gemeinden anzustellen, sondern auf Kirchenkreisebene und dann in größerem Gebiet einzusetzen. Hintergrund: Die EKiR verliert als Landeskirche alle zehn Jahre 300.000 bis 400.000 Mitglieder. Pro Jahr verschwinden damit 15 bis 20 Gemeinden mit je 2000 Mitgliedern von der Landkarte. „Das Modell Volkskirche mit selbstverständlicher Mitgliedschaft, flächendeckender Präsenz, behördlichen Strukturen  funktioniert so nicht mehr“ resümiert das Papier.

  Präses Latzel betonte vor den Synodalen, die digital per Videokonferenz tagten, die Kirche gehe  mit dem Papier „einen forschen Schritt in die Zukunft“, über die Hälfte des Papiers umfasse konkrete Vorschläge. Zu fragen sei nicht, was brauchen die Menschen? Sondern: Was wünschen sie sich von Kirche? Ein wichtiger Punkt bleibe das Thema Kausalien, also die Begleitung an den Schwellen des Lebens wie Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung.  Auch Seelsorge und Diakonie bleiben zentrale Aufgaben. Das Verhältnis der Menschen zu Kirche sei wie zum ADAC: Kirche werde als geistliche Rückfallversicherung empfunden. Latzel zeigte sich optimistisch, dass diese Aufgaben auch mit weniger Pfarrern zu leisten seien. „Wir können auch mit weniger Menschen und Mitteln gut Kirche sein. Wir wollen einen Freiraum schaffen, um die Botschaft des Evangeliums weiterzusagen.“ Eine Aufgabenkritik sei notwendig, die Aktionen gingen nicht noch „on top“ zu bisherigen Aufgaben, sondern es müsse geschaut werden „wie schaffen wir Zeit für diese Aufgaben“. 

„Wofür brennen wir?“, fragte Superintendentin  Barbara Schwahn in ihrem Bericht zur Synode an. Die Kirche müsse auch als kleinere Kirche öffentlich wahrnehmbar sein. Sie plädierte für die Übernahme von weiteren Verwaltungsaufgaben durch den Kirchenkreis, um die Presbyterien zu entlasten und ihnen die Spielräume für  Neues und Zukunftsträchtiges zu eröffnen. Immer noch sei Wertschätzung für Pfarrer groß, betonte Schwahn. Kirche bleibe auch auf dem Weg zur Minderheitskirche relevant.“ Ein Schritt in diese Richtung sei  auch die Bildung der Regionen im Kirchenkreis, in denen sich mehrere Gemeinden zusammenschließen, um das Miteinander zu gestalten, Ressourcen zu bündeln und Kräfte zu schonen. Schwahn sieht die künftigen Regionen als kreative Gestaltungsräume.

Beschlossen wurde auch der Haushalt des Kirchenkreises 2022: Mit geringem Defizit bei einem Volumen von 8,2 Millionen Euro müssen 34.000 Euro den Rücklagen des Kirchenkreises entnommen werden.

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