Vorbereitung auf die Krefelder Session Aus Sri Lanka in den Hülser Karneval

Krefeld · Der Liebe wegen kam Imesh Parana Liyanage nach Krefeld. Seit 2020 spielt er Posaune in der Big Band der KG Nette Stölle Jonges. In seiner Heimat gehörte er zum Polizeiorchester und musizierte er bei Staatsbesuchen.

 Freut sich auf die Karnevalssession: Imesh Parana Liyange bei einer Probe der Big Band im Goldenen Hirsch.

Freut sich auf die Karnevalssession: Imesh Parana Liyange bei einer Probe der Big Band im Goldenen Hirsch.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Strahlend steht Imesh Parana Liyanage in den Reihen der Big Band der KKG Nette Stölle Jonges. Er setzt seine Posaune an und spielt voll Inbrunst. Heute ist es eine normale Szene für den 30 Jahre alten Zuwanderer aus Sri Lanka. Doch er musste lange auf dieses Glück bei den Proben im Goldenen Hirsch in Hüls warten. „Ich habe in Sri Lanka sechs Jahre in einer Polizeiband gespielt. Seit ich in Deutschland bin wollte ich wieder spielen und habe im November 2020 bei der Big Band angefragt. Leider wurde da aufgrund der Pandemie nicht geprobt“, erzählt der sympathische junge Mann, der auf eine aufregende und tragische Lebensgeschichte zurückblickt.

Im Jahr 2001 starb sein Vater, da war Imesh gerade zehn Jahre alt. In Folge des Tsunamis 2004 wurde er dann Teil eines Hilfsprojekts, bei dem ihn eine deutsche Familie unterstützte. „Sie haben mir sehr geholfen und mir eine Ausbildung ermöglicht“, erzählt er. So kam er zur Polizei, ein Beruf, den er mit Leib und Seele ausfüllte. Hier erlernte er auch die Posaune und spielte mit der Polizeiband bei großen Events. „Ich war sogar bei Staatsbesuchen dabei, wir hatten immer große Auftritte zum Nationalfeiertag und so weiter. Das hat viel Spaß gemacht“, erzählt er.

Im Jahr 2007 aber brachte die Unterstützung noch ein weiteres Glück in sein Leben: „Da hat mich die Familie erstmals in Sri Lanka besucht. So habe ich Stephanie kennengelernt“, erinnert er sich. Stephanie ist die Tochter seiner Unterstützerin - und zwischen den beiden entstand eine ganz eigene Beziehung. „Wir haben Imesh dann noch einige Male besucht und uns im Jahr 2017 verlobt“, erzählt die heutige Ehefrau des jungen Mannes.

2018 kam er dann erstmals für einen Monat nach Deutschland, im selben Jahr heirateten beide auf Sri Lanka. 2019 zog der Polizist nach Deutschland. Er sprach damals noch kaum Deutsch. „Ich habe einen D1-Kurs gemacht, das war es“, sagt er heute, gut zwei Jahre später, in hervorragendem und konversationssicherem Deutsch.

Seinen Beruf kann er in der neuen Heimat dennoch nicht ausüben. Um Polizist zu sein, bräuchte er die deutsche Staatsangehörigkeit und auf die muss er noch einige Jahre warten. So arbeitet er derzeit als Lagerhelfer bei einem großen Einzelhandelskonzern.

„Ich mache das gern, auch wenn ich lieber wieder Polizist wäre. Ich kann mir aber auch vorstellen, als Fahrer, beispielsweise von Bahnen oder Bussen, zu arbeiten. Auch soziale Arbeit reizt mich“, sagt er. Da ist er auf einer Wellenlänge mit seiner Frau, die als Erzieherin arbeitet.

Die Musik ist für ihn derzeit eine ganz wichtige Komponente. „Hier kann ich mich noch besser ausdrücken. Die Musiksprache ist international“, erzählt er. Dabei sei er in Hüls hervorragend aufgenommen worden. „Alle Menschen um mich herum sind wirklich nett, und ich fühle mich schon voll als Hülser“, sagt er. Den Karneval hat er dabei zumindest einmal, unmittelbar vor der Pandemie, erlebt: ein kleiner Kulturschock. „In meiner Familie sind wir alle totale Karnevalsjecken. Also musste er voll mitziehen und wusste teilweise vermutlich gar nicht richtig, was passiert“, erzählt Ehefrau Stephanie lachend. Ihr Mann grinst. „Ich mag es aber. Die Verkleidungen, die Musik, die lachenden Menschen, das hat mich schon begeistert. Auf Sri Lanka gibt es das nicht“, erzählt er.

Die neue Session wird er nun noch intensiver erleben. Auch wenn der Karneval für ihn nur die zweite Priorität ist. „Nummer eins ist die Musik. Auf die Auftritte freue ich mich“, sagt er. Diese Freude ist auch für die Menschen um ihn herum spürbar. „Als Imesh das erste Mal zur Probe gekommen ist, da war er zu Beginn ein wenig schüchtern. Aber er hat uns nicht nur musikalisch, sondern auch mit seiner offenen Art sofort begeistert“, sagt KKG-Vorsitzender Christian May. „Er war sofort in unserer Whatsapp-Gruppe aktiv und hat sich an allem beteiligt. Er ist schon jetzt, nach zwei, drei Monaten, ein elementarer Bestandteil unserer Band“, fährt er fort.

Dabei sei der junge Mann aus Sri Lanka das einzige Bandmitglied mit Migrationshintergrund. „Bisher ist irgendwie niemand sonst gekommen. Aber wir sind immer offen für neue Leute“, sagt May. Für Imesh Parana Liyanage jedenfalls ist die Big Band ein Geschenk – und ein wichtiger Teil Integration. Dass er seine musikalischen Fertigkeiten weiter verbessern kann, ist ein – für ihn wichtiger – Bonus. Und so spielt er künftig eben statt indischer Hindustan- oder Westernmusik Karnevals-Gassenhauer. Die Noten sind die gleichen, der Spaß, das ist zu spüren, ebenfalls.

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