Sitzung in Krefeld Rat mahnt KEV: Die Hand ist weiter ausgestreckt als finanziell möglich

Krefeld · Hunderte Eishockeyfans sorgten am Donnerstag für einmalige Stimmung im Seidenweberhaus – bei aller Sympathie mahnte der Rat in der Sache erstaunlich einmütig: Der KEV sollte den Bogen nicht überspannen.

Krefeld Pinguine: Fan-Protest bei Ratsitzung
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Hunderte Eishockeyfans sorgten am Donnerstag für einmalige Stimmung im Seidenweberhaus — bei aller Sympathie mahnte der Rat in der Sache erstaunlich einmütig: Der KEV sollte den Bogen nicht überspannen.

So eine Ratssitzung gab es noch nie in Krefeld: Der Zuschauerraum war bis auf den letzten Platz auch auf der Empore mit Fans der Krefeld Pinguine besetzt — sie sorgten mit Applaus, Gesängen, Gelächter, Zwischenrufen und Pfiffen für Stimmung. Bei aller Leidenschaft: Die Fans hielten sich an die Regeln — zum Eklat kam es dann durch Mitglieder des Rates: als UWG-Ratsfrau Ruth Brauers eigenmächtig das Wort ergreifen wollte und ihr Mitstreiter Andreas Drabben die Demokratie in Krefeld anzweifelte. Oberbürgermeister Gregor Kathstede reagierte scharf: Dieses Verhalten sei eines Ratsmitgliedes nicht würdig, sagte er und drohte, beide des Saales zu verweisen.

Inhaltlich ist Erstaunliches passiert: Trotz der überwältigenden Präsenz der Fans hat der Rat unterm Strich einmütig und deutlich die Verantwortlichen bei den Krefeld Pinguinen gemahnt, in den Verhandlungen um einen neuen Mietvertrag für den Königpalast den Bogen nicht zu überspannen.

Am deutlichsten wurde der grüne Ratsherr Daniel John: Er erinnerte an die finanzielle Lage der Stadt, also an 850 Millionen Euro Schulden und ein jährliches Defizit über 42 Millionen Euro. Fast flehentlich appellierte er an Verein und Fans anzuerkennen, dass die Stadt schon jetzt sehr viel für die Pinguine tue. Und er betonte: Die Hand der Stadt sei in den Verhandlungen mit dem KEV "weit ausgestreckt, finanziell eigentlich zu weit ausgestreckt". Die Fans im Saal quittierten das mit wütenden Buhrufen.

Das Grundgefühl, das in den vergangenen Tagen aus den Reihen der Politik immer wieder zu hören war, dass nämlich der KEV zuletzt immer neue Forderungen draufgesattelt hätte, brachte am griffigsten der "Linke"-Ratsherr Stefan Hagemes auf den Punkt: Das jüngste Angebot der Seidenweberhaus GmbH an die Pinguine liege deutlich über dem, was der KEV Mitte Januar gefordert habe — dennoch lehne er es jetzt ab.

Es gab auch jede Menge Solidaritätsadressen für den Eishockeysport: Kein Sprecher im Saal — außer bei der FDP — versäumte es, eine Liebeserklärung an den Eishockeysport abzugeben. Philibert Reuters (CDU) und Benedikt Winzen (SPD) brachten zudem ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass die Verhandlungen zu einem guten Ende kommen: "Wir haben das sichere Gefühl in der CDU: Krefeld ist Eishockeystadt, und Krefeld wird Eishockeystadt bleiben", sagte Reuters.

Dennoch machte er auch deutlich, dass der Ball nun im Feld — oder wie Reuters themengerecht sagte: der Puck im Drittel der Pinguine — liege. Klar wurde: Die Politik sieht nun die Pinguine in der Pflicht, die Verhandlungen nicht scheitern zu lassen.

Das härteste Wort des Abends an die Adresse der Pinguine kam von FDP-Fraktionschef Joachim Heitmann. Er kritisierte, dass das neue, von SPD und CDU getragene Angebot die Stadt am Ende bis zu 400 000 Euro mehr kosten würde. In Zeiten des Nothaushaltes und im Wahljahr könne man keine "Sportpalast-Atmosphäre" brauchen, sagte er in Anspielung auf die Stimmung im Saal — eine Bemerkung, die die Fans mit Pfiffen quittierten und die wohl auch grenzwertig, weil missverständlich war: Der Begriff Sportpalast ist historisch belastet; die berüchtigste "Sportpalast"-Rede hat immer noch Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels 1943 im Berliner Sportpalast gehalten, als er zum "totalen Krieg" aufrief.

Entschieden wurde am Ende im Rat nichts, da es nichts zu entscheiden gab: Es gibt noch keinen Vertragsabschluss zwischen Seidenweberhaus GmbH und KEV, den der Rat absegnen könnte — so blieb es bei Erklärungen der Fraktionen und den leidenschaftlichen Bekundungen der Fans.

Kurz vor der Ratssitzung hat sich Pinguine-Geschäftsführer Robert Haake zu dem Eckpunktepapier von SPD und CDU geäußert: "Der Hauptknackpunkt ist die darin vorgegebene Nutzung und Vermarktung der Logen und der Business-Sitze." Die jetzt vorgeschlagene Regelung würde für die Pinguine Verluste über rund 200 000 Euro bedeuten, klagte Haake. Deshalb hätten die Pinguine das Papier abgelehnt.

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