Immobilie mit Geschichte Pflege-WG zieht in die alte Besteckfabrik in Krefeld

Krefeld · Das Gebäude steht für ein Stück Krefelder Firmengeschichte: Der Name Michelin für hochwertige in Deutschland hergestellte Bestecke. Seit langem steht die Immobilie leer. Noch in diesem Jahr soll dort eine Pflege-Wohngemeinschaft einziehen.

 Bis zum Sommer dieses Jahres sollen die Umbauarbeiten in der früheren Michelin Besteckfabrik abgeschlossen sein.

Bis zum Sommer dieses Jahres sollen die Umbauarbeiten in der früheren Michelin Besteckfabrik abgeschlossen sein.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Krefeld wird immer mehr zu einem geschäftlichen Schwerpunkt der Paschertz Grundstücks GmbH aus Willich. Besonders im Blick hat die Gesellschaft denkmalgeschützte und historische Gemäuer. Aktuell liegt der Fokus auf dem ehemaligen Sitz der Michelin Besteckfabrik am Friedrichsplatz in der Innenstadt. Bis zum Sommer sollen 440 Quadratmeter im Erdgeschoss der Immobilie so umgebaut und hergerichtet sein, dass die Aidura Gesellschaft aus Schwalmtal dort eine neue Einrichtung zur Intensivpflege betreiben kann.

Aidura ist nach eigenen Angaben ein erfahrener Spezialist in der ambulanten Betreuung von Wohngemeinschaften. In Krefeld soll eine barrierefreie und speziell auf die Bedürfnisse von intensiv- oder beatmungspflichtigen Personen eingerichtete Wohngemeinschaft entstehen. Geschäftsführer ist der promovierte Mediziner Michael Decker. Derzeit sucht das Unternehmen nach Personal für die Pflege- und die Hauswirtschaft.

Das Konzept Wohngemeinschaft sieht vor, dass jeder Bewohner über private Räume verfügt und ihm darüber hinaus gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Küche und Wohnzimmer zur Nutzung offen stehen. Es werde zusammen gekocht, gegessen, ferngesehen, geredet, gesungen, gespielt und auch gefeiert, heißt es in einer Broschüre des Anbieters. Die Mitglieder der Wohngemeinschaft lebten in sicherer Umgebung bei ständiger Anwesenheit von Betreuungs- und Pflegekräften.

 Für die Villa Waldhof hat die Paschertz Grundstücks GmbH 2016 ein Crowdinvesting initiiert.

Für die Villa Waldhof hat die Paschertz Grundstücks GmbH 2016 ein Crowdinvesting initiiert.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Vor dem Engagement am Friedrichsplatz hat die Paschertz Grundstücks GmbH mit dem Kauf der alten Im Brahm Brotfabrik in der Seidenstadt eine Visitenkarte hinterlassen. Verkäufer war die mehrheitlich städtische Wohnstätte AG vor knapp einem Jahr. Die Brotfabrik mit dem bekannten Werbemotiv eines pausbäckigen Jungen ist ein Gründerzentrum der Künstler- und Kreativszene und Quartier des von Peter Gutowski betriebenen Theaters hintenlinks.

 Mit dem Kauf der Alte Im Brahm Brotfabrik von der Wohnstätte AG  haben die Willicher  ein Denkmal erworben.

Mit dem Kauf der Alte Im Brahm Brotfabrik von der Wohnstätte AG  haben die Willicher  ein Denkmal erworben.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Vor rund sechs Monaten hat Paschertz zwei weitere Denkmäler – die Alte Reichsbank an der Niederstraße und den Leutefeldhof am Uerdinger Marktplatz – erworben.

2016 betrat Geschäftsführer Christian Paschertz für Krefeld gleichsam Neuland. Für den Kauf und die Umbauarbeiten an der Villa Waldhof an der Uerdinger Straße initiierte er Krefelds wohl erstes Crowdinvesting. Via Internet warb er mit einem Zinsversprechen Anleger für das Projekt. Das Haus gehöre zur Krefelder Architektur-Geschichte: Es sei – wie auch die umliegenden Häuser – von dem Krefelder Unternehmer Paul-Josef Schilbers gebaut worden. Die Bauzeit war zwischen 1908 und 1910. Seit 1990 stehe es unter der Nummer 594 in der Denkmalliste der Stadt Krefeld. Schilbers habe in Krefeld als Investor und Bauherr eine große Rolle gespielt und sei maßgeblich an der Entstehung und Ausprägung des Bismarckviertels beteiligt gewesen, berichtete Christian Paschertz seinerzeit im Gespräch mit unserer Redaktion.

Diesmal ist es die frühere Michelin Besteckfabrik, die ihn interessiert. Das 1953 gegründete Unternehmen hatte einen guten Ruf und produzierte an auswärtigen Standorten am Niederrhein hochwertige Messer, Gabeln und Löffel zu stolzen Preisen. Später kam in Asien gefertigte Ware hinzu. Sogar die Bundeswehr wurde damals mit Asien-Besteck der Marke Michelin beliefert. In Hochzeiten produzierte Michelin in seinem Werk in Haan monatlich zwischen 80.000 und 100.000 Stück Besteck. Der wirtschaftliche Niedergang aber war nicht aufzuhalten. Michelin meldete Insolvenz an. Paschertz erinnerte sich am Mittwoch im Gespräch mit unserer Redaktion an die Blütezeit von Michelin und aufwendig gestaltete Ausstellungshallen mit Marmor und Gold, um den Kunden aus Arabien und Russland zu imponieren.

Nun sollen in dem früheren Vertriebs- und Verwaltungssitz der Krefelder Besteckfabrik Pflegebedürftige einziehen und ein neues Zuhause finden.

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