Krefeld Das Beste vom Wilheminismus

Krefeld · Das Offizierscasino der Husarenkaserne ist restauriert worden. Das Gebäude bietet zauberhafte Innenräume.

 Investor Wolfgang Hoever in einem Raum mit Eichenparkett, das weitgehend noch zum Originalbestand des Hauses gehört. In Teilen des Raumes  war in früheren Zeiten das Parkett aufgesägt worden, um Leitungen verlegen zu können.

Investor Wolfgang Hoever in einem Raum mit Eichenparkett, das weitgehend noch zum Originalbestand des Hauses gehört. In Teilen des Raumes  war in früheren Zeiten das Parkett aufgesägt worden, um Leitungen verlegen zu können.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Stadt als Eigentümer hat in diesem Gebäude gehaust wie ein Berserker: In einem der schönsten Räume lag altes Eichenparkett aus dem Originalbestand. Die Stadtverwaltung hatte dort Büros untergebracht und musste Leitungen verlegen; so wurde kurzerhand das Parkett aufgesägt. Es wurden auch Wände zugemacht und Türen übermauert - dies wiederum hat die historische, aufwendig gearbeitet Holztüre geschützt.

Es hat immer etwas fast Erhabenes, ein restauriertes Gebäude zu betreten, indem die Wunden einer ignoranten Vergangenheit geheilt sind und der Geist des alten Gebäude wieder zur Geltung kommt. So ein Gefühl erfüllt einen auch beim Gang durch das 1906 fertiggestellte Offizierscasino der Husarenkaserne, das vom Krefelder Unternehmer Hoever so vorbildlich restauriert und saniert wurde, dass er dafür einen Preis bekommen hat. „Die Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz war gut“, berichtet er, „die Verhandlungen waren manchmal emotional, aber wir haben immer gute Lösungen gefunden.“ Das Gebäude selbst bezeichnet Hoever als „hochemotional“, was auch mit dem Ensemble, in dem es verortet ist, zu tun hat: Es flankiert den Eiermann-Bau, der als herausragendes Beispiel moderner Architektur gilt. Dieser kubische Funktionalismus ist gerahmt von der Kaserne, die heute das Salvea-Gesundheitszentrum birgt, und eben vom Casino. Beide Gebäude sind im Stil des wilhelminischen Klassizismus errichtet. Alt trifft Neu, repräsentativer Militarismus abstrakten Purismus.

 Weitsicht: Die Zimmerfluchten in dem ehemaligen Offizierscasino sind berückend. Die Original-Fenster sind im wesentlichen nicht mehr erhalten, aber originalgetreu nachgebaut.

Weitsicht: Die Zimmerfluchten in dem ehemaligen Offizierscasino sind berückend. Die Original-Fenster sind im wesentlichen nicht mehr erhalten, aber originalgetreu nachgebaut.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Auch im Innern stoßen heute moderne Nutzung und alte Form aufeinander - der Kontrast ist, wenn er stilvoll inszeniert ist, immer reizvoll. Der Raum mit dem Eichenparkett ist restauriert, das fehlende Parkett durch neues ergänzt. Die Stadt hatte den Raum mit einer Wand verschlossen. Ursprünglich war er mit einer Schiebetür zu öffnen. „Wir haben anhand der Fußleisten festgestellt, dass der Raum eigentlich zu öffnen war.“ Der Denkmlaschutz habe nicht verlangt, den alten Zustand wieder herzustellen, doch Hoever beharrte darauf - wenn man heute die Großzügigkeit atmenden Räume überblickt, versteht man sofort, warum.

 Diese Tür war zugemauert, wurde freigelegt und restauriert; das Treppenhaus bietet heute eine wunderbare Perspektive im Innern des Gebäudes.

Diese Tür war zugemauert, wurde freigelegt und restauriert; das Treppenhaus bietet heute eine wunderbare Perspektive im Innern des Gebäudes.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Zu den fast skurrilen Detail gehört die Wiederaufarbeitung einer Tür, die unter der Ägide der Stadt abgedeckt und so bewahrt wurde. Das schöne Stück ermöglicht von außen den Zugang über die Westparkstraße; im Innern eröffnet sich ein Treppenhaus, das zum prachtvollen Eingang hinführt und selbst dann, wenn die Funktionalität nicht unbedingt gebraucht wird, einen fabelhaften Ausblick eröffnet.

 Jugendstil-Zierrat: Detail einer restaurierten Stuckdecke im Casino. Sie wurde wirklich aufwendig saniert, die Bemalung erstrahlt in Blattgold, bleibt aber dezent und ist darin sehr stilvoll.

Jugendstil-Zierrat: Detail einer restaurierten Stuckdecke im Casino. Sie wurde wirklich aufwendig saniert, die Bemalung erstrahlt in Blattgold, bleibt aber dezent und ist darin sehr stilvoll.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Rechts von dem historischen Gebäude steht ein Neubau: ein modernes Treppenhaus mit Aufzuganlage, das aus brandschutztechnischen Gründen nötig wurde. Hoever will einen weiteren Neubau anschließen und macht so aus der brandschutztechnischen Not eine wohnungsbauliche Tugend: Rechts vom Treppenhaus sollen moderne Räumlichkeiten entstehen. So wird der klassizistische Altbau bald von einer modernen Fassade flankiert - auch dieser Kontrast soll architektonische Akzente setzen.

 Historischer Zierrat trifft moderne Büromöbel: Die schön gearbeitete Holzverkleidung gehört zum Originalbestand des Gebäudes.

Historischer Zierrat trifft moderne Büromöbel: Die schön gearbeitete Holzverkleidung gehört zum Originalbestand des Gebäudes.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)
 Anhand der Fußleiste haben die Restauratoren erkannt, dass der Raum im Original mit einer Schiebetür zu öffnen war. Investor Hoever hat den Zustand wieder hergestellt. Die Stadt hatte eine Wand einziehen lassen.

Anhand der Fußleiste haben die Restauratoren erkannt, dass der Raum im Original mit einer Schiebetür zu öffnen war. Investor Hoever hat den Zustand wieder hergestellt. Die Stadt hatte eine Wand einziehen lassen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Im Innern der historischen „Speiseanstalt für Offiziere“ der Krefelder Husaren wird auch Sozial- und Militärgeschichte sichtbar. Die Offiziere hatten vom Casino aus den Blick auf den Exerzierplatz, heute die Rasenfläche vor dem Stadthaus, und die dahinterliegende Kaserne. Der Abstand zwischen Mannschaften und Führung war also auch baulich abgebildet. Der Erste Weltkrieg, in den die wilhelminische Ära mündete und in dem sie unterging, machte diese Unterschiede nicht mehr: Der Tod verschlang sie alle, Offizier wie einfache Soldaten. Geblieben sind Gebäude, die heute Soliditiät, Stilwillen und Großzügigkeit atmen. Der beste Teil dieses Erbes.

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