Angebot der Diakonie Krefeld Neue Beratungsstelle für Wohnungslose

Krefeld · Rund 450 Menschen ohne Wohnung nutzten 2022 das Beratungsangebot der Diakonie, das lange Jahre an der Lutherstraße angesiedelt war. Ab sofort findet man die Experten an der Luisenstraße 62. Der Umzug hat Gründe.

 Die Beratungsstelle „Wohnungsnotfallhilfen“ ist umgezogen: Das Angebot der Diakonie findet man jetzt an der Luisenstraße 62. Zur Eröffnung kamen  Georg Triebels, Jan Vander, Iris Hilsenitz, Karsten Ludwig (v.l.)  und Christine Leidecker (vorne).

Die Beratungsstelle „Wohnungsnotfallhilfen“ ist umgezogen: Das Angebot der Diakonie findet man jetzt an der Luisenstraße 62. Zur Eröffnung kamen  Georg Triebels, Jan Vander, Iris Hilsenitz, Karsten Ludwig (v.l.)  und Christine Leidecker (vorne).

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Gründe, warum Menschen ihre Wohnung verlieren, sind vielfältig. Auslöser kann eine Scheidung gewesen sein, die Haftentlassung oder auch Geldnot, die dazu führt, dass die Miete nicht mehr gezahlt werden  kann. Über 450 Krefelder in einer solchen Notlage haben Mitarbeiter der Diakonie im vergangenen Jahr beraten. „Wohnungsnotfallhilfe“ heißt das Angebot, das es seit November 2022 an einem neuen Ort gibt. Am Freitag wurden die frisch eingerichteten Räumlichkeiten an der Luisenstraße 62 der Öffentlichkeit vorgestellt.

Zwei Jahre lang hat das Team der Beratungsstelle an einem neuen Konzept gearbeitet, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Diesen soll in angenehmer Umgebung ein umfangreicher Service angeboten werden. Das Problem am Standort Lutherstraße: Die Nähe zur Notschlafstelle und obdachlosen Menschen. „Alle Obdachlosen haben keine Wohnung, aber nicht jeder Wohnungslose ist auch obdachlos“, erklärt Abteilungsleiter Jan Vander und verweist auf die Zahlen. Von den 457 Ratsuchenden im vergangenen Jahr gaben 240 an, bei Familienangehörigen, Freunden oder  Bekannten zu schlafen. In vielen Fällen wechselten sie ihre Schlafstätte nach einer gewissen Zeit. „Auf diese Weise schaffen es manche, noch mehrere Jahre die Obdachlosigkeit abzuwenden“, weiß Vander.

11,2 Prozent der Klienten konnten bei Beginn der Beratung sogar noch in der eigenen Wohnung übernachten, deren Verlust aber meist nicht mehr abzuwenden war. Nur 6,3 Prozent der Menschen in Not sagten, sie suchten sich nachts einen Schlafplatz im Freien. Und 18,8 Prozent erklärten, sie nutzten die Notschlafstelle an der Lutherstraße. „Das zeigt uns, dass die überwiegende Anzahl an Ratsuchenden noch eine große Distanz zum Thema Obdachlosigkeit hat und die Hemmungen entsprechend groß sind, zur Lutherstraße zu kommen“, erklärt Jan Vander. Dem Team war es deshalb wichtig, das Beratungssystem breit aufzustellen an einem Ort, den Ratsuchende unbefangen betreten können.

So sind die neuen Räumlichkeiten hell und freundlich eingerichtet. Es gibt einen Computer, der kostenfrei genutzt werden kann, und einen WLAN-Hotspot. Die Berater zeigen Auswege aus der Wohnungslosigkeit, helfen beim Ausfüllen von Anträgen und nennen Ansprechpartner. „Viele kommen ohne jede Postadresse zu uns. Ohne Anschrift jedoch geht gar nichts“, sagt Vander. Deshalb bietet die Diakonie die Adresse der Beratungsstelle als Postadresse auf Zeit an. 213 Mal wurde davon vergangenes Jahr Gebrauch gemacht. 100 Klienten haben bereits die neue Adresse Luisenstraße 62. „Die Post kommt dann zu uns und kann hier täglich abgeholt werden“, sagt der Abteilungsleiter, der seit zwei Jahren in dieser Funktion tätig ist.

Der weitaus größte Teil der Ratsuchenden ist männlich (75,9 Prozent in 2022). Lediglich 109 Frauen kamen in diesem Zeitraum zur Wohnungsnotfallhilfe. Im Schnitt sind die Hilfesuchenden 39,2 Jahre alt. Erschreckend, so Vander, sei der wachsende Anteil an jungen Menschen. 86 der 457 Personen waren unter 25 Jahre alt, 17 sogar unter 20 Jahre. „Wenn man als Geburtsjahr 2004 aufschreibt, dann muss man schon schlucken. Das ist jung, sehr jung“, sagt Jan Vander nachdenklich.

Das Angebot seiner Beratungsstelle wird immer wichtiger, denn die Zahl der Wohnungslosen steigt – nicht nur in Krefeld, aber auch dort. „Und wenn man dann daran denkt, dass viele dieser Menschen auch keine Krankenversicherung haben, dann weiß man, wie groß die Not ist“, sagt Vander und betont, dass die Dunkelziffer in diesem Bereich hoch sei. Wenn es gut laufe, so schätzt er, erreichten die Hilfsangebote maximal die Hälfte der Menschen, die sie brauchen. Umso wichtiger sei die gute Vernetzung der verschiedenen Angebote, um den Klienten einen schnellen Zugang zu Sozialleistungen zu ermöglichen. „Wenn erst einmal die Postadresse angegeben und alles in die Wege geleitet wurde, dann bleibt Zeit, durchzuatmen und sich von dem psychischen Stress, den der Verlust der Wohnung auslöst, zu erholen. Schritt für Schritt begleiten wir die Klienten dann auf dem Weg in eine neue Wohnung“, sagt Vander.

Viele der Netzwerk-Partner sind an diesem Freitag gekommen, um sich die neuen Räumlichkeiten der Beratungsstelle anzuschauen, darunter auch Mitarbeiter der Justiz. Denn auch für Häftlinge beginnt mit der Entlassung oftmals eine ungewisse Zukunft. Nicht jeder von ihnen hat Familie oder Freunde, die sich kümmern. Oft ist die Beratungsstelle der Diakonie eine der ersten Anlaufstellen für die frisch aus der Haft Entlassenen. Die gute Zusammenarbeit im Netzwerk lobt auch Diakonie-Geschäftsführer Ludger Firneburg und sagt: „Das Netzwerk in Krefeld ist erstaunlich groß und sehr gut aufgestellt.“

Die Beratung an der Luisenstraße ist auch weiterhin kostenlos und unabhängig von Nationalität, Weltanschauung, Alter oder sexueller Orientierung.

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