Die Mediziner sind in der Krefelder City unterwegs Mobiles Impfen soll Skeptiker überzeugen

Krefeld · „Wir können aktuell nur sagen: Jede Impfung zählt. Es gibt kein Vordrängen, keine Priorisierung mehr. Jeder, der sich jetzt für eine Impfung entscheidet, ist ein Gewinn für die ganze Gesellschaft“, sagt Dr. Susanne Verholen.

Der entscheidende Piks: Bei der Impfaktion im alten Stadtbad an der Neusser Straße spritzt Dr. Susanne Verholen dem Krefelder Ayman Al Haji Khalil das Vakzin.

Der entscheidende Piks: Bei der Impfaktion im alten Stadtbad an der Neusser Straße spritzt Dr. Susanne Verholen dem Krefelder Ayman Al Haji Khalil das Vakzin.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

 Die Stadt Krefeld geht mit ihren Impfangeboten jetzt in die Stadtteile. Dabei versuchen die Verantwortlichen, auch Impfkritiker zu überzeugen. Impfstoffe, das betont der Leiter des Impfzentrums, Dr. Wilhelm Stutzinger, sind längst nicht mehr das Problem. Im Gegenteil, viel Impfstoff könne möglicherweise gar nicht mehr verimpft werden und muss vermutlich vernichtet werden. Zurückhaltung ist also, das betonen alle Verantwortlichen, nicht mehr das Gebot der Stunde – im Gegenteil.

„Wir können aktuell nur sagen: Jede Impfung zählt. Es gibt kein Vordrängen, keine Priorisierung mehr. Jeder, der sich jetzt für eine Impfung entscheidet, ist ein Gewinn für die ganze Gesellschaft“, sagt Dr. Susanne Verholen. Die Medizinerin mit Praxis am Ostwall ist am Mittwoch mit einem Team von Medizinern und Helfern des Integrationszentrums im Bürgerbüro am Stadtbad an der Neusser Straße vor Ort. Von 14 bis 18 Uhr versuchen drei Ärzte, zwei medizinische Fachangestellte und einige Mitarbeiter des Integrationszentrums, möglichst viele Passanten von einer Impfung zu überzeugen.

„Wir haben hier Mitarbeiter, die in den verschiedensten Sprachen Informationen geben können und Fragen beantworten. Heute haben wir neben Deutsch und Englisch auch Türkisch, Polnisch, Arabisch, Berbisch, Farsi, Dari und Rumänisch zu bieten“, sagt Sengül Safarpour vom Integrationszentrum. Sie hält auch die Zeit für große Vorbilder gekommen. Noch im Februar hatte der damalige Vorsitzende des FC Bayern München, Karlheinz Rummenigge, für seinen Vorschlag, Fußballer als Vorbilder zu impfen, sobald ausreichend Impfstoff vorhanden ist, viel Kritik eingesteckt. Safarpour aber sieht die Zeit genau dafür jetzt gekommen. „Tatsächlich habe ich viele Gespräche mit jungen Männern, die mir sagen, sie seien Sportler und würden fürchten, durch die Impfung Leistungseinbußen zu verzeichnen. Das ist natürlich nicht so und hier könnten öffentliche Impfaktionen mit Topathleten sehr helfen“, befindet sie.

Generell aber gebe es kaum einen Unterschied in der Impfbereitschaft zwischen Migranten, Menschen mit Migrationshintergrund und solchen, die diesen nicht haben. „Ich mache die Erfahrung, dass Sorge und Bereitschaft durch alle Bevölkerungsgruppen ähnlich sind“, sagt Verholen. Umso wichtiger sei es, nun in die Stadtteile zu gehen und den direkten Dialog zu suchen, um die Sorgen zu nehmen. „Gerade viele junge Menschen sehen nur, dass wir aktuell – auch aufgrund noch geringer Inzidenzen – wenig klinische Fälle haben. Dadurch sehen sie Covid ein Stück weit als beendet an. Aber aus medizinischer Sicht muss man leider sagen: Dem ist nicht so. Weiterhin gilt: Jeder Geimpfte zählt“, sagt die Ärztin klar. Die Impfung sei dabei nicht nur ein Schutz vor einer schweren Erkrankung. „Auch Dinge wie Long Covid werden weit unwahrscheinlicher, nach allem, was wir heute wissen. Und es ist einfach eine Art, Verantwortung zu übernehmen – für sich und die ganze Gesellschaft. Das bedingt auch eine gewisse Reife und möglicherweise auch Vorbilder“, sagt Verholen.

Für sie ist das Impfen auch ein schöner Teil ihres Berufs. „Es gehört natürlich dazu und ich bin praktisch von Anfang an hier dabei. Ich muss sagen: Die Stimmung in den Impfteams ist sehr gut. Es ist ein schönes, vertrauensvolles und positives Arbeiten. Jeder Mitarbeiter ist gut drauf und das macht viel Spaß“, befindet sie.

Die Impfungen richten sich dabei übrigens an jeden. Auch Obdachlose können sich das Vakzin abholen. Auch um diese anzusprechen ist Bürgermeister Karsten Ludwig, der auch für die Diakonie arbeitet und hier viel mit Obdachlosen zu tun hat, dabei. „Wir sprechen sie auf der Straße an und bieten ihnen die Impfung an. Bezahlt wird diese vom Bund, daher ist auch eine Krankenversicherung nicht notwendig“, betont er. So sollen weiter so viele Menschen wie möglich überzeugt werden, denn die Impfungen sind ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Krankheit.

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