Auf der Krefelder Herbstkirmes Mit DRK-Rettern über den Rummel

Krefeld · Wenn auf der Sprödentalkirmes Menschen einen Unfall haben oder in Not geraten, sind die Helfer des Deutschen Roten Kreuzes zur Stelle. Ehrenamtlich kümmern sie sich um die Erst-Versorgung.

 Das DRK-Team geht regelmäßig über die Sprödentalkirmes. Beim Rundgang von Maren Höltermann, Max Heisel, Führungsassistent Louis Kremers, Patrick Martin und Michael Stein (v.l.) gab es am Sonntagnachmittag keinen Notfall.  

Das DRK-Team geht regelmäßig über die Sprödentalkirmes. Beim Rundgang von Maren Höltermann, Max Heisel, Führungsassistent Louis Kremers, Patrick Martin und Michael Stein (v.l.) gab es am Sonntagnachmittag keinen Notfall.  

Foto: Nadja Joppen

Ihr Blick ist konzentriert und schweift immer wieder nach rechts und links in schwierig einsehbare Ecken am Weg oder hinauf zu den Fahrgeschäften, die mit hohen Geschwindigkeiten rotieren: Wenn Maren Höltermann (28 Jahre) und Patrick Martin (31 Jahre) über die Kirmes auf dem Sprödentalplatz gehen, dann nicht mit Popcorn und Zuckerwatte, sondern in auffälliger orange-farbener DRK-Einsatzkleidung und mit einem mehrere Kilo schweren Notfall-Rucksack auf dem Rücken.

Beide sind an diesem Sonntag Teil des Sanitätsdienstes, den der DRK Kreisverband Krefeld im Auftrag der Stadt Krefeld seit Jahren auf der Sprödentalplatz-Kirmes leistet.  Maren Höltermann und Patrick Martin bilden eine von mehreren Erstversorgungstrupps (EVT), die DRK-Einsatzleiter Justin Beyen in Abständen von 20 Minuten über das Kirmesgelände schickt. Dieser Rundgang verläuft ruhig, nur an einer Stelle werden die beiden auf eine Frau mit einem weinenden Mädchen aufmerksam – das Kind hat seine Mutter verloren. Die DRK-Ehrenamtler sprechen kurz mit der Frau, dann löst sich die Situation: Die Mutter wird in der Entfernung entdeckt, und die Frau bringt das Kind zu ihr. Höltermann und Martin setzen ihre Runde fort, an einer Stelle werden sie wegen ihrer Dienstkleidung erkannt und freundlich gegrüßt. Nach etwa 20 Minuten kehren sie zur Unfallhilfsstelle des DRK an der Ecke Uerdinger-/ Grenzstraße zurück und berichten Beyen kurz über die Besuchersituation auf dem Platz.

An diesem Sonntagnachmittag ist das Krefelder DRK mit zehn Helfern und zwei Leitungskräften – Justin Beyen und Führungsassistent Louis Kremers – im Einsatz. Dazu parkt ein mit zwei Kräften (Frank Thelen und André Freudenreich) besetzter Rettungswagen neben dem zweigeteilten Einsatz-Container des DRK, um im Notfall Menschen schnell ins Krankenhaus bringen zu können. „Diese Stärke reicht für die Besuchersituation im Moment“, meint Beyen – sollten im Laufe des Abends mehr Kirmes-Besucher kommen, könne er über die Kreisgeschäftsstelle weitere Helfer „nachalarmieren“.

Ein Sanitätsdienst ist klar strukturiert: Der Behandlungsraum im Einsatz-Container ist mit allem ausgerüstet, was für eine kompetente Erstversorgung notwendig ist: Defibrillator, Puls-Oxymeter, Sauerstoffflasche oder auch Intubationsbesteck. Eine fahrbare Trage kann im Notfall schnell durch die Kirmesgänge gefahren werden, um den Verunglückten zu holen. Auch die Notfallrucksäcke enthalten alles, was für eine erste Versorgung vor Ort benötigt wird: Absauggerät, Stiff Neck, Beatmungsbeutel, Blutdruckmanschette, Stethoskop, Pflaster, Verbände oder ein Tragetuch, mit dem die Helfer einen Verunglückten aus einem Fahrgeschäft holen können.

Das DRK-Team besteht aus Ersthelfern, Sanitätshelfern, Rettungshelfern und -sanitätern sowie einem Notfallsanitäter. Alle engagieren sich ehrenamtlich für die Sicherheit auf der Kirmes. „Wichtig ist, dass wir als Team gut arbeiten und uns gut verstehen. Jeder kennt die Qualifikationen der anderen und weiß, welche Vorgehensweise bei welcher Symptomatik notwendig ist“, erklärt der 22-jährige Beyen, der über den Schulsanitätsdienst zum DRK gekommen ist und 2018 die Ausbildung zum Rettungssanitäter abgeschlossen hat.

Am ersten Kirmes-Tag hatten die DRK-ler bereits viel Arbeit: Sechs Menschen mussten ins Krankenhaus gebracht werden – ein Besucher mit Schlaganfall, ein Patient mit Schädel-Hirn-Trauma, einer mit einem epileptischen Anfall. Eine Person habe sich in einer Akut-Krise befunden und mit Selbstmord gedroht. Extrem: Auch eine DRK-lerin wurde ins Krankenhaus gebracht. Ein alkoholisierter Mann hatte ihr massiv das Handgelenk verdreht, als sie ihn bat, sich vom Rettungswagen zu entfernen. Sie habe am Samstag noch Anzeige gegen Unbekannt erstattet, sei aber danach wieder zum Dienst gekommen, berichtet die 22-jährige Julia Peters: „Ich war wütend: Was ist mit der Menschheit los? Aber dann macht man weiter“.

Einsatzleiter Beyen bestätigt Berichte, dass die Aggression gegen Rettungskräfte zunehme: „Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer, auch wenn es mittlerweile ein Mitbring-Verbot für Alkohol und Glas auf der Kirmes gibt.“ Die Rettungskräfte arbeiteten aber gut mit Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst (KOD) der Stadt zusammen. „Man geht zwar mit einem mulmigen Gefühl zu einem Patienten: Was passiert jetzt? Aber die meisten Menschen sind dankbar für die Hilfe, und wir können ihnen ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.“

Ein Vater kommt mit seiner kleinen Tochter zu der Hilfsstelle: Sie hat sich gestoßen, und er möchte sicher sein, dass es ihr gut geht. Zwei Helfer gehen mit den beiden in den Behandlungsraum und untersuchen das Kind – dann gibt es Entwarnung: Alles gut. „Die Leute kommen zu uns, weil sie wissen, dass das DRK hier ist. Das gibt Sicherheit“, meint Beyen.

Nach dem einsatzreichen Auftakt sind der Samstag (zwei Transporte ins Krankenhaus) und der Sonntag (drei Behandlungen an der Hilfsstelle) eher ruhig. Die Helfer bitten Zeugen einer Vor-Ort-Behandlung um mehr Abstand und Diskretion statt einfach nur zu „gaffen“. Außerdem: „Die Leute sollen wissen, dass wir ohne Bezahlung und in unserer Freizeit helfen. Sie sollen uns respektieren. Genauso wichtig ist es aber für alle Organisationen, dass sich mehr Menschen engagieren. Alle suchen mehr Helfer – ohne die geht es nicht!“

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