Stadtwerke-Projekt „London-Taxi“ nachts erfolgreich im Einsatz

Krefeld · Spät abends mit dem ÖPNV nach Hause – vor sechs Wochen starteten die SWK ihr On-Demand-Projekt: Ein Hybrid-Auto holt die Kunden zwischen 20 und 4 Uhr nach deren Bestellung per App ab. Einen Fahrplan gibt es nicht.

 „60.000 Euro kostet der Wagen, 550 Kilometer kann er nonstop fahren, davon 120 Kilometer mit Elektroantrieb“, so SWK-Projektleiter Karl Schröder.

„60.000 Euro kostet der Wagen, 550 Kilometer kann er nonstop fahren, davon 120 Kilometer mit Elektroantrieb“, so SWK-Projektleiter Karl Schröder.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Stadtwerke wollen den öffentlichen Nahverkehr noch flexibler gestalten und haben Ende August den Shuttle-Service „mein SWCAR“ auf die Straßen gebracht, der barrierefrei und elektrisch in Krefeld unterwegs ist. Die fünf Fahrzeuge – gebaut nach dem Vorbild der Londoner Taxen – sind zwischen 20 Uhr abends und vier Uhr morgens in der Seidenstadt im Einsatz. Allerdings: Ohne Apps geht oder besser fährt nichts. „Der Shuttle-Service hält Krefeld umweltfreundlich mobil, nutzt die Chancen der Digitalisierung und stärkt den Nahverkehr“, sagt Ingenieur und SWK-Projektleiter Karl Schröder.

Am 27. August startete die intelligente On-Demand-Mobilität zum ersten Mal durch das nächtliche Krefeld. Und die Idee entwickelt sich zum Erfolgsmodell. „Uns freut es, dass die Krefelder in den Abendstunden dieses Zusatzangebot zum öffentlichen Nahverkehr annehmen“, erklärt Schröder. Während wochentags die Nachfrage nach den fünf Hybrid-Fahrzeugen auf Bestellung (on demand) noch ausbaufähig ist, schnellen die Kundenzahlen an Wochenenden schnell auf mehrere Hundert Fahrgäste hoch. Dabei fährt das neue Verkehrsmittel ganz ohne Fahrplan oder Linien und orientiert sich direkt am Kundenwunsch. „Mit einem speziellen Algorithmus werden Fahrgäste mit ähnlichen Routen zu Fahrgemeinschaften gebündelt und gemeinsam zu ihren individuellen Zielen gebracht“, beschreibt der Experte das Konzept. Die Fahrzeuge bieten Platz für bis zu sechs Personen und sind dabei dank einer Rampe für Rollstuhlfahrer barrierefrei. „Ein Projektziel ist, bedarfsgerechte Mobilitätskonzepte anzubieten und damit den öffentlichen Verkehr zu stärken“, ergänzt Unternehmenssprecherin Anke Friedrichs.

Die durchschnittliche Wartezeit vom Beenden der Buchung bis zur Abholung beträgt bis dato ungefähr fünf Minuten. Es gibt bereits Kunden, die Fahrten für bis zu einer Woche im Voraus buchen. Eingesammelt werden die Fahrgäste an „Haltepunkten“. „Das sind fast alle der rund 20.000 Laternen im Stadtgebiet“, so Schröder. Klingeln an der Haustür sei den Fahrern nicht erlaubt, ein Anruf zum Handy des Kunden ist jedoch möglich, denn auch diese Nummer kann in der App hinterlegt werden. Hinter dem digitalen Konzept steht eine von der Deutschen-Bahn-Tochter „ioki“ entwickelte App, mit deren Hilfe vom Anmelden bis zum Bezahlen alles geregelt wird. Am Steuer der Fahrzeuge, die eher als eine Art Kleinbus genutzt werden, befindet sich Personal eines heimischen Taxiunternehmens. Die SWK betonen, dass sie mit dem On-Demand-Angebot nicht in Konkurrenz zu traditionellen Taxi-Firmen treten wollen. Schröder: „Taxen nehmen stets den direkten Weg zum gewünschten Ziel, kein Fremder kann zusteigen, und es besteht die Möglichkeit, auch Ziele außerhalb der Stadt zu erreichen. Insofern unterscheidet sich die Tour in ,mein SWCAR’ deutlich von einer Taxifahrt.“

Größtenteils elektrisch startet „mein SWCAR“ mit den fünf Wagen des britischen Herstellers LEVC. Es handelt sich hierbei um Plug-In-Hybridfahrzeuge, die auf einer Volvo-Plattform basieren. Bis zu 120 Kilometer sind sie elektrisch unterwegs, 550 Kilometer ist die Maximalstrecke, wenn der Verbrennungsmotor der rund 60.000 Euro teuren Fahrzeuge zugeschaltet wird. Buchen kann man „mein SWCAR“ bisher nur innerhalb Krefelds. Mit der App wird der Standort automatisch erkannt, und der Kunde gibt den Zielort an. Der Fahrgast bekommt dann den nächsten Abholpunkt und den Preis genannt sowie die Fahrtdauer angezeigt und kann live verfolgen, wo sich sein Fahrzeug gerade befindet. „Fahrgäste, die zeitgleich ähnliche Routenwünsche haben, werden zu Fahrgemeinschaften gebündelt“, so Schröder.

 Der Fahrer hilft: Dank einer ausziehbaren Rampe ist der Wagen für Rollstuhlfahrer barrierefrei.

Der Fahrer hilft: Dank einer ausziehbaren Rampe ist der Wagen für Rollstuhlfahrer barrierefrei.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)
 Viel Beinfreiheit für SWK-Sprecherin Anke Friedrichs: Drei der sechs Sitze können hochgeklappt werden.

Viel Beinfreiheit für SWK-Sprecherin Anke Friedrichs: Drei der sechs Sitze können hochgeklappt werden.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Bezahlt wird auch auf elektronischem Weg. Es gibt mehrere Preis-
stufen, die zwischen dem Taxitarif und dem jetzigen ÖPNV-Preis liegen. Wer ein SWK- oder VRR-Aboticket hat, bekommt 25 Prozent Rabatt. Die persönlichen Daten – inklusive Angaben zur Kreditkarte – müssen in die heruntergeladene App eingegeben werden. „Der Fahrer hat mit der Bezahlung nichts zu tun. Der Kunde zeigt ihm als Buchungsbestätigung nur eine Codenummer, die er ebenfalls über das Handy erhalten hat“, beschreibt Schröder den Ablauf. Die SWK ist überzeugt, dass das neue Nahverkehrsangebot angenommen wird, erwartetet in der Anlaufphase aber noch „Nachjustierungen“. Und: Man sollte nicht unter Zeitdruck stehen. Obwohl es sich manchmal so anfühlt, ist der Shuttle-Service „mein SWCAR“ kein Taxi.

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