Neue Lesereihe in der Kulturfabrik Overbeck glänzt als Entertainer

Krefeld · Für eine Lesereihe kommen TV-Kommissare in die Kulturfabrik, um Bücher auf der Bühne zu inszenieren. Den Anfang hat Roland Jankowsky alias Kommissar Overbeck am Mittwoch gemacht.

 Roland Jankowsky alias Kommissar Overbeck aus der Fernsehserie Wilsberg war zu Gast in der Kulturfabrik.

Roland Jankowsky alias Kommissar Overbeck aus der Fernsehserie Wilsberg war zu Gast in der Kulturfabrik.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

„Wie hat Ihnen die Wilsberg-Folge am Samstag gefallen?“, fragt Roland Jankowsky das Publikum, kurz nachdem er sich an den dunklen Schreibtisch auf der Bühne gesetzt und seine schwarze Lederjacke über die Stuhllehne gehängt hat. Querverweise wie diese gibt es am Mittwochabend in der Kulturfabrik an der Dießemer Straße mehrmals, vor allem zu Beginn. Der Titel der im Februar erschienenen Anthologie „Waffe weg! Over…!“, aus der der Schauspieler Kurzgeschichten vorliest, kann im Sinne von „Game Over“ verstanden werden – aber auch als Anspielung auf seine TV-Paraderolle des Kommissars Overbeck in der bekannten Fernsehserie. Gleiches gilt für die Bemerkung, dass einige der Texte nur noch „im Antiquariat“ zu erhalten sind. Denn Jankowsky fungiert als Herausgeber des Buches, das viele Shortstorys anderer Autoren bündelt, die er während seiner ersten beiden Lesungsreihen vorgetragen hat. Und von denen mittlerweile viele nicht mehr im Buchhandel lieferbar sind.

Jankowskys Rolle als ZDF-Kommissar Overbeck ist schräg. Und schräg sind auch die Shortstorys zwischen Crime und Comedy, die der 51-jährige Schauspieler präsentiert. Ob sizilianische Mafia-Rivalität in Oberbayern, blutiger Todesfall im Einwohnermeldeamt Köln-Nippes oder ein Gartenteich als Auslöser für Mordfantasien – die Orte sind kurios, die Charaktere abgedreht.

Dass ihm die Geschichten gefallen und er sich in die überdrehten Figuren einfühlen kann, wird auf der Bühne deutlich. Egal in welche Rolle Jankowsky im Verlauf des Abends schlüpft, er füllt sie mit Inbrunst. So nutzt er verschiedene Dialekte, wie Sächsisch oder Kölsch, um Dialoge lebhaft zu gestalten. Sätze älterer Damen krächzt er mit schriller Stimme hervor, Drohungen eines italienischen Mafiabosses haucht er heiser und verrucht ins Mikrofon. Die vielfältigen Tonlagen wirken als gute Kontraste zu seiner tiefen, wohl artikulierten Erzählstimme und den Gesprächspausen, die er immer wieder einbaut. Oft verzieht er das Gesicht zu Grimassen, um die Wut und den Hass der Protagonisten zu mimen, oder gestikuliert mit den Armen, um die Handlung pantomimisch zu untermalen. Mal schlägt er sich vor Zorn auf die Brust. Mal zeigt er mit dem Zeigefinger drohend ins Publikum. Mal verschluckt er sich an einem imaginären Stück Weißwurst, das einem Opfer in einer Shortstory zum Verhängnis wird.

Und das Publikum in den dicht besetzten Stuhlreihen lacht. Über eine Mordfantasie in Gedichtform, die mit einer verblüffenden Pointe endet. Über Zwischenkommentare, in denen Jankowsky über Partyabende in der Krefelder Königsburg schwelgt oder sein Vorlesen unterbricht, um einem Zuhörer „Gesundheit“ zu wünschen. Und besonders über die beiden letzten Geschichten, die er nach der Pause vorträgt. Lebhaft imitiert der Schauspieler einen Auftragskiller, dem ein Widersacher beim Loswerden einer Leiche in die Quere kommt, und eine Angestellte der Kölner Meldehalle Nippes, die bei einem Polizeiverhör langatmig vor sich hin plappert, ohne auf den Punkt zu kommen.

Doch auch die Langatmigkeit der letzten Geschichte weiß Jankowskys dank seiner Ausdrucksweise und Redegewandtheit zu beleben. Sein Programm funktioniert, vor allem die nahbare Art zum Krefelder Publikum kommt gut an. „Auch für Selfies bin ich zu haben“, merkt er verschmitzt an. Störend allein sind die Werbeblöcke, die er zwischendurch immer wieder einschiebt, um seine Hörbücher oder Chanson-Programme anzupreisen. Denn nötig hat er es nicht. Die schräge Art des Kommissars Overbeck, von der er sich auf der Bühne nicht vollständig lösen kann, ist vollkommen ausreichend.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort