Heiligenhäuschen in Traar Die Legende vom Rather Kapellchen

Krefeld · Vor dem Denkmal-geschützten Heiligenhäuschen am Schmitthof soll im 18. Jahrhundert ein französischer Oberst einem Kreuz einen Arm abgeschlagen haben, danach mit dem Pferd gestürzt und zu Tode gekommen sein.

 Angelika Witt von der Unteren Denkmalbehörde Krefeld vor dem Heiligenhäuschen in Traar.

Angelika Witt von der Unteren Denkmalbehörde Krefeld vor dem Heiligenhäuschen in Traar.

Foto: Stadt Krefeld/Andreas Bischof

(RP) Legenden und Sagen wohnt meist ein Aspekt inne, der auf einer wahren Tatsache beruht: Zu Beginn der Franzosenzeit am Niederrhein um 1794 litten vor allem die Menschen auf dem Land unter Abgabenzahlungen an die Besatzer und der Einquartierung von Soldaten. Der Konflikt wurde noch verstärkt, dass die zumeist katholischen Niederrheiner auf antiklerikale Militärs trafen. Das mag auch der Grund sein, weshalb sich ausgerechnet eine Geschichte tief im Bewusstsein der Traarer verankerte und an die bis heute im „Rather Kapellchen“ erinnert wird. Darüber hinaus hat das Heiligenhäuschen im wahrsten Sinne eine eigene „bewegte“ Geschichte.

Französische Truppen besetzten zum Ende des 18. Jahrhundert auch das kurkölnische Gebiet, in dem sich das Haus Traar und Haus Rath befinden. Auf dem Weg nach Verberg soll ein Oberst an der Spitze eines Regiments voran geritten sein. „Hoch zu Ross, den Truppen schon voraus, sah der leichtfertige Reitersmann das kleine Heiligenhäuschen, das den Übermut in ihm entfachte, seinen Säbel zu ziehen und ohne sich besonders aus dem Sattel hochzurecken, dem Kreuz den einen Arm mit einem kühnen starken Hiebe abzuschlagen“, heißt es in der Überlieferung. Diese Untat schreckte jedoch sein Pferd dermaßen auf, dass es durchging, über einen großen Stein stolperte, den Oberst abwarf, der sich dabei mit seinem Säbel selbst eine tiefe Wunde beifügte. Als seine Soldaten bei ihm ankamen, lag er schon tot in seinem Blut: „So hatte sich das Schicksal schnell gerächt.“

In dem Heiligenhäuschen erinnern heute zwei Fenster aus dem 20. Jahrhundert an dieses sagenhafte Ereignis. Übrigens, die Sage wird noch auf eine andere Weise tradiert, da habe sich der Vorfall bereits während des Dreißigjährigen Kriegs ereignet. Der abgeschlagene Kreuzarm soll dann von einem heimischen Schmied wieder angebracht worden sein.

Die kleine Kapelle an der Rather Straße ist nur eines von heute fast 20 solcher Heiligenhäuschen in Traar, die zum Teil erst in den vergangenen Jahrzehnten errichtet worden sind. Sie spiegeln die tiefverwurzelte und langjährige Frömmigkeit der mehrheitlich katholisch geprägten Bevölkerung wider. Das älteste dieser Häuschen soll jenes an der Rather Straße sein, in dem eine neugotische Marienfigur steht. Ob das bereits zur Franzosenzeit so war, in der Überlieferung wird lediglich ein Gemälde erwähnt. Diese Statue konnte jedenfalls vor der Zerstörung gerettet werden, als im September 1942 das Heiligenhäuschen bei einem Bombenangriff stark beschädigt wurde.

„Bereits ab 1951 setzten Bemühungen ein, das Kapellchen wieder instand zu setzen“, berichtet Angelika Witt von der Unteren Denkmalbehörde Krefeld. Dafür gestaltete der Künstler Pitt van Treeck die Bleiverglasung der Spitzbogenfenster mit Glasmalereinlagen.

Knapp sechs Jahre nach dem Abschluss der Restaurierung musste das Heiligenhäuschen jedoch dem Verkehr weichen. Der 1965 wohl durchaus überlegte Abriss wurde aber schnell verworfen. Stattdessen zog die Kapelle selbst um: Aufgeschnallt auf eine spezielle Konstruktion aus Stahlträgern wurde das Gebäude über zwei parallele eigens hergestellte Aufkantungen aus Beton über 18,30 Meter an seinen heutigen Standort am Schmitthof gezogen.

 Zwei Fenster im Häuschen erinnern an die Legende, wonach ein französischer Oberst einen Arm des Kreuzes abschlug, mit seinem Pferd stürzte und starb.

Zwei Fenster im Häuschen erinnern an die Legende, wonach ein französischer Oberst einen Arm des Kreuzes abschlug, mit seinem Pferd stürzte und starb.

Foto: Stadt Krefeld/Andreas Bischof
 Angelika Witt von der Unteren Denkmalbehörde Krefeld vor dem Heiligenhäuschen in Traar. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, A. Bischof

Angelika Witt von der Unteren Denkmalbehörde Krefeld vor dem Heiligenhäuschen in Traar. Foto: Stadt Krefeld, Presse und Kommunikation, A. Bischof

Foto: Stadt Krefeld/Andreas Bischof

Aufgrund seiner wechselvollen und bewegten Geschichte wurde das „Rather Kapellchen“ 2003 unter Denkmalschutz gestellt. Das Land förderte in den vergangenen Jahren die Instandhaltung des Gebäudes mit finanziellen Mitteln. So konnten unter anderem die Dachkehlen, die Lattung sowie die Verschieferung im Eingangsbereich erneuert werden, gleiches gilt für den Innenputz. Das Mauerwerk der Fassaden wurde zudem neu verfugt.

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